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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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Bretter der klapprigen Tür waren schief und krumm zusammengenagelt. Eine Kette, dick wie ein Handgelenk, hing aufgerollt daneben; an der Steinmauer daneben baumelte ein zerbrochenes Schließband. In das Holz, verzogen von der Hitze, war ein Sonnenzeichen eingelassen, inmitten einer Spirale zarter Runen. Scheußliche schwarz geränderte Kratzer verschandelten die vergoldeten Schnitzereien, aber es war genug geblieben, dass man das Sonnenzeichen erkennen konnte.
    Bei seinem Anblick durchzuckte Asharres Kopf ein stechender Schmerz. Heiße Tränen füllten ihre Augen. Sie presste sie fest zusammen und schüttelte benommen den Kopf. Das Licht neben ihr schaukelte, als Evenna die Laterne fast fallengelassen hätte.
    »Öffnet sie!«, flüsterte die Celestianerin, die sich schwankend auf das Schwert stützte, halb schluchzend. »Öffnet sie! Oh, Strahlende, was hat man dir da angetan?«
    Asharre biss die Zähne zusammen und packte den Türknauf. Es war, als ergreife sie eine Handvoll glühender Kohlen. Ihre Hände brannten, obwohl das schartige Eisen nicht wärmer war als der Griff ihres Schwertes. Sie spürte die stickige Hitze schmelzenden Fleischs, roch den Gestank verbrannter Haut. Der Schmerz wollte sie schier in den Wahnsinn treiben, aber sie riss die Tür auf. Dann zog sie die Hand zurück und verfluchte Schattenfall, ihre eigene Schwäche und die Magie, welche es auch sein mochte, die Celestias Symbol dermaßen verdarb, dass es solchen Schmerz verursachte.
    Dahinter lag ein Beinhaus. Knochen, einige unversehrt, die meisten jedoch schwarz verbrannt und klein, stapelten sich ringförmig zu Mauern, die über Asharres Kopf hinausragten. Die Lücken dazwischen glühten rot wie eine untergehende Sonne.
    Zwischen den Knochen schlurfte ein sehr, sehr alter Mann einher. Er war hochgewachsen, aber vom Alter so gebeugt, dass sein Kinn beinahe seine Brust berührte, was ihm das Aussehen eines Geiers gab. Lockere Gewänder verbargen seine Hände bis zu den Fingerspitzen; lose Haut fiel in papierweißen Falten um seine Kehle, und das so üppig, dass es aussah wie ein Bart aus Fleisch. Als sie eintraten, schaute er langsam auf, und Asharre sah, dass seine Augen vollkommen schwarz waren. Flüssige Du nkelheit füllte sie von einem Winkel zum anderen und sickerte in Rinnsalen heraus, die er beim Sprechen wegwischte.
    »Besucher …?« Er nickte leicht mit dem Kopf. »Ja. Besucher. Was führt Euch hierher?«
    »Wer seid Ihr?« Asharre schob sich durch die Tür in einen Zwischenraum zwischen den Ringen aus Knochen, wo sie genügend Platz hatte, ihr Schwert zu benutzen. So lächerlich sie sich dabei fühlte, einen zerbrechlichen alten Mann zu bedrohen, so wenig ließ sie in ihrer Wachsamkeit nach. Nicht bei diesen Augen.
    »Das Gleiche könnte ich Euch fragen.« Sein Lächeln war sanft unter diesem unendlich leeren Blick. Als er den Mund öffnete, sah sie ein glitzerndes Loch. Keine Zähne. Eine viel zu dünne Zunge, wie ein nasser schwarzer Wurm. »Ich bekomme nicht mehr viele Besucher. Schon seit … einiger Zeit nicht mehr.« Verwirrung legte seine Stirn in Falten und war gleich wieder verschwunden. Er wischte sich eine tintenschwarze Träne aus dem Auge, führte den Finger an die Lippen und leckte die Träne weg, anscheinend ohne sie zu bemerken. »Einige Zeit. Monate? Jahre vielleicht. Zeit … verschwindet hier unten. Sie fließt anders. Aber ich möchte nicht unhöflich sein. Gethel, das war mein Name. Ist mein Name.«
    »Aus Cardental?«
    »Cardental? Ich … habe einige Zeit dort verbracht, ja. Nicht lange. Meine Studien haben mich fortgerufen.«
    »An diesen Ort?« Asharre deutete mit der Spitze ihres Schwertes auf die geschwärzten Knochen.
    Gethel strich mit einer Hand über die Ränder schmuddeliger Rückenwirbel. »Ja. Es muss Euch … makaber … erscheinen. Schrecklich makaber. Aber einst gab es hier große Meisterschaft der Magie. Eine große Meisterschaft. Ich kam, um zu lernen. Und so habe ich gelernt. So habe ich gelernt.« Eine weitere schwarze Träne rann über seine runzelige Wange und verschwand in den Falten seines Mundes. Auch sie leckte er ab.
    »Und die Bewohner von Cardental?« Evenna folgte Asharre in den glutheißen Raum, während sie mit den Händen nervös über den Griff Aurandanes mit seinen Gravuren strich. »Warum sind sie gekommen? Um die gleichen Künste zu erlernen?«
    »Um zu helfen.« Gethels Lächeln wurde breiter, als er den Kopf in Evennas Richtung neigte. Asharre verlagerte ihr Gewicht,

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