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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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oder jenseits des Todes; ein kränklich gelber Knochen ragte aus einem weichen, stinkenden Brei. Kelland wusste, dass er, hätte die Faust seine Brust oder seinen Kopf getroffen, bereits ein Leichnam gewesen wäre. Obwohl er den Schlag zum Teil abgewehrt hatte, starb er sehr schnell.
    Aber er hatte seinen Zweck erfüllt. Malentir kroch lautlos hinter die massige, gesichtslose Kreatur, Aurandane in seinen Händen. Schnell wie eine Schlange rammte ihr der Dorn den Stahl in die Seite. Er hielt das Schwert falsch, dachte Kelland, von Schwindel befallen und wie aus weiter Ferne – wie einen Speer, nicht wie ein Schwert –, aber das spielte anscheinend keine Rolle. Das Schwert der Morgendämmerung bohrte sich mühelos in unwirkliches Fleisch, die Klinge umhüllt von einem Schein wässrigen, besudelten Blaus.
    Und das Ding in dem Schatten starb, zerschmolz, brach auseinander. Laken aus Dunkelheit fielen von seinem Körper ab. Die Hautfetzen und geschwärzten Knochen, die von Gethel verblieben waren, zerfielen zu bleicher grauer Asche, zu durchscheinendem Rauch, zu nichts.
    Es fühlte sich nicht wie ein Sieg an. Es fühlte sich wie gar nichts an.
    Kelland konnte nicht atmen. Alles unterhalb seines Halses war ein einziger pulsierender Schmerz. Malentir ließ das Schwert fallen, und das blaue Lodern der Klinge verebbte, als es in der zuckenden Asche der Kreatur versank. Es war ein langsameres Verblassen als gewöhnlich, sanfter, als widerstrebe es Celestia, einen Ort zu verlassen, der ihr so lange genommen gewesen war. Aber am Ende wurde es schwarz.
    Stille senkte sich herab. Der ferne Glanz von Sternenlicht sickerte durch die Trümmer des Turms und sandte Strahlen aus weicherem Grau in die purpurfarbene Dunkelheit. Kelland hörte bloß noch das eigene gequälte Hecheln und das Klirren von Ketten. Bitharn konnte er nicht atmen hören.
    Blind versuchte der Ritter, sich hochzustemmen, scheiterte, fiel zurück. Er war so schwach. Seine Magie war erloschen; der letzte Schlag der Schattenkreatur hatte ihn vielleicht vergiftet, a ber er konnte nichts tun, um sich selbst zu heilen. Er hatte nicht mehr die Kraft, auch nur eine Fingerflamme zu beschwören.
    Irgendjemand beugte sich über ihn. Seine Finger berührten weiches Tuch, ein warmes Bein. Der Dorn taumelte leicht und schob ihn von sich. »Bleibt still liegen!«
    Eine winterliche Kühle durchflutete den Ritter, während Malentir über ihm betete – aber es war eine reinigende Kühle. Das Fieber in seiner Brust ließ nach; das Pulsieren in seinem Arm wurde beinahe erträglich. Die Taubheit des nahen Todes wich zurück, bis er nur noch von Schmerzen gepeinigt war. »Bitharn«, murmelte er, als seine Brust sich weit genug entspannt hatte, dass er sprechen konnte. »Wo ist sie? Lebt sie?«
    Malentirs Augen glänzten milchig weiß. Er richtete sich auf und ließ den Blick über die Grube gleiten. »Ah, ja. Kein schöner Anblick, Ritter. Seid dankbar, dass Ihr nicht sehen könnt.«
    Furcht packte Kellands Kehle mit eisigen Fingern. Er zog abermals am Ärmel des Dornenlords und schnitt sich die Hand an den Armbändern des Mannes mit ihren Widerhaken auf. »Lebt sie? Helft ihr. Heilt sie.«
    »Seid still, habe ich gesagt.« Malentir zuckte zurück und humpelte durch die Dunkelheit. »Ihr helft niemandem, wenn Ihr wie ein Schwachsinniger herumstolpert. Sie lebt, und ich werde sie nicht sterben lassen.«
    »Danke.« Kelland atmete ein und brach auf dem Schutt zusammen.
    Der Dornenlord bückte sich und begann einen weiteren Zauber. Elfenbeinfarbenes Geisterlicht schwamm um ihn herum und beleuchtete Bitharns geschundenen Leib für den Herzschlag, den das Licht benötigte, um unter ihre Haut zu sickern. Noch bevor die Frau sich regte, verließ Malentir sie und richtete den unirdischen Blick auf Kelland. »Das ist keine Freundlichkeit. Es ist eine Schuld. Ihr schuldet mir ein Leben … und Ihr werdet schon bald Gelegenheit haben, die Schuld zurückzuzahlen. Aurandane war vergiftet.«

22
    Bitharn öffnete die Augen und nahm nur Schmerz wahr.
    Jeder Muskel in ihrem Körper tat weh. Ihre Knochen knirschten und knackten bei der leisesten Bewegung, als hätten sie sich verschoben und wären noch nicht völlig wieder an den richtigen Platz zurückgerutscht. Blut und Schweiß tränkten ihre Kleidung. Ihre Lippen waren mit etwas verkrustet, das nach Kupfer und Salz schmeckte – Blut, natürlich ist es Blut –, und ihre Zähne wackelten, wenn sie mit der Zunge dagegenstieß. Doch sie hatte

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