Schwarzfeuer: Roman (German Edition)
anscheinend nicht so gründlich.«
»Ich habe keine Kraft, die ich für Euer Wohlbehagen vergeuden könnte«, bemerkte Malentir eisig, während er sich einen Weg durch den Schutt zum Eingang des Tunnels bahnte. Er bewegte sich steif, als behindere ihn eine Verletzung unter seinen Roben, und benutzte das Schwert der Morgendämmerung wie einen Gehstock, um seinen Schritten Halt zu geben. »Ihr werdet weiterleben, und Ihr werdet nichts zurückbehalten. Alles andere wäre Verschwendung. Auf diese Weise zahlt Euer Leiden einen Bruchteil dessen zurück, was ich auf Eure Wiederherstellung verwandt habe. Wenn Ihr auch nur ein Fünkchen Verstand hättet, wäret Ihr dankbar dafür. Keiner von uns ist in der Verfassung zu kämpfen, und wir können es nicht wagen, Aurandane noch einmal einzusetzen. Nicht, solange es besudelt ist. Ich bin der Einzige, dem überhaupt noch eine gewisse Kraft geblieben ist, und ich rechne damit, dass wir Maols Ungeheuer nicht zum letzten Mal gesehen haben.«
»Nun, es ist gut, dass wir Euch haben und uns auf Euch verlassen können«, murrte Bitharn und schulterte ihren Bogen. Ihre Laterne war bei ihrem Aufprall an der Wand zerschellt, aber die von Kelland hatte den Kampf überlebt. Sie zündete sie an und ging voran.
Hinter dem zerschmetterten Labyrinth war ein kleiner Tunnel schief in die Erde gegraben worden. In den Wänden zu beiden Seiten gab es vergitterte Zellen, ebenso im Boden. In allen lagen Leichen, manchmal zwei oder drei in einer Zelle. Alle trugen das grobe Tuch von Bauern oder Bergarbeitern. Männer und Frauen gleichermaßen hatten rasierte Köpfe, mit jeweils vier über vier Blasen auf dem Scheitel. Bitharn glaubte, dass einige vielleicht bei der Gruppe gewesen waren, die den Jungen auf den Teufelskamm getötet und verzehrt hatten, aber die Leichen ähnelten einander so sehr, dass sie es nicht genau hätte sagen können.
Keine der Leichen hatte erkennbare Verletzungen, aber sie waren dennoch tot. »Wie?«, fragte sie sich laut.
»Ihnen wurden die Seelen ausgesogen«, erwiderte Malentir. Er hatte kaum einen Blick für die Toten und stolzierte an ihren Zellen vorbei auf das Ende des Tunnels zu. »Damit der Wahnsinnige Gott so viel von seiner Präsenz in die Welt bringen konnte, brauchte er Macht. Er hat sie für sich genommen, indem er ihre Seelen verzehrte … was immer davon übrig war. Wenn sein Verlangen groß genug war, dass er diese Jämmerlinge verzehrt hat, könnte das, was vor uns liegt, vielleicht einfacher werden, als ich gedacht hatte.«
Während Bitharn dem Dorn folgte, wurde der Geruch von Schwefel immer stärker. Es gab noch andere Gerüche: abgestandener Urin, ungewaschene Leiber, verfaulendes Essen. Irgendetwas hatte hier unten gelebt. Etwas anderes als die Bergarbeiter, hoffte sie.
Der flackernde Laternenschein warf tanzende Phantome auf die Tunnelwände. Die gleichen Phantome hatten bei ihrem Abstieg auf den glatten Wänden der Grube gespukt, dachte Bitharn. Sie hatten diese Phantome gebannt, aber die Erscheinungen hier waren nicht verschwunden. Eine Vorahnung von etwas Bösem ließ die Haut in ihrem Nacken kribbeln. Sie musterte die Leichen in ihren Zellen und berührte den Griff ihres Messers, während sie vorbeieilte. Es war eine so kleine Waffe, beinahe nutzlos, und es war alles, was sie noch hatte.
Hinter den Zellen befand sich ein weiterer offener Bogengang, glatt und glänzend schwarz, wie alles hier unten. Rings um den Eingang waren Runen eingemeißelt. Die Runen einer Sprache, die Bitharn nicht kannte; sie schienen zu verschwimmen und sich zu bewegen, wenn sie den Blick darauf richtete, also sah sie einfach weg. Maols Magie mochte ihre Wirte verloren haben, aber sie lauerte noch immer in dieser blutgetränkten Erde.
Der Raum jenseits des Bogengangs wurde von einem Podest aus schwarz gesprenkeltem Granit beherrscht. Darauf prangte ein großer Tisch, der aussah wie ein verkohlter Dornbusch oder ein unterseeisches Geschöpf, das zu Obsidian erstarrt war. Dornen und Ketten waren völlig chaotisch um den Tisch gewickelt, zu ungleichmäßig verteilt für Fesseln. Ein Tuch aus Staub bedeckte den Tisch und verdeckte die Gesichter der Wasserspeier aus Onyx, die an seinem Fuß hockten.
Kelland schlug ein Sonnenzeichen über der Brust. »Der Altar der Rosewayns.«
»Früher einmal. In jüngster Zeit hat er einem anderen Zweck gedient.« Malentir näherte sich dem Altar, und seine schwarzen Augen leuchteten vor makaberer Neugier. Der Dorn hakte einen Finger um
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