Schwarzfeuer: Roman (German Edition)
toten Mannes schwelte. Man konnte die Knochen von Gethels Schädel im Gesicht der Kreatur erkennen; sie wirkten wie das Rückgrat eines Riffs in einer windgepeitschten See, aber sonst war von dem Mann nichts mehr übrig. Als Kelland vor dieser höllischen Gegenwart stand, wusste er, dass die Seele des Gelehrten nicht mehr existent war, verzehrt von der Gottheit, der er unwissentlich gedient hatte.
Ihr Appetit hatte nicht mit Gethel geendet. Während die Schattenkreatur Magie in sich sammelte, zerstörte sie mehr als die Skelette und die Sklaven mit den langen Zungen. Sie ließ die zuckenden Fangarme der Wände erschlaffen; sie zog die unnatürliche Düsternis der Grube in ihren eigenen Leib hinein.
Und in diesem Hunger der gegen ihn gerichteten Macht fand Kelland einen unerwarteten Hoffnungsschimmer. Nachdem sich die maolitische Magie zurückgezogen hatte, verzehrt, um den Avatar vor ihm zu nähren, blieb nur gewöhnliche Dunkelheit … und in ihr sah der Ritter den Glanz von Stahl inmitten der uralten Knochen auf dem Boden.
Aurandane. Er spürte das Echo von Celestias Magie, die in dem gefallenen Schwert widerhallte, gedämpft und verzerrt, aber trotzdem so vertraut wie der Refrain eines Liedes, das er begonnen hatte. Er spürte, dass die Gegenwart seiner Göttin in dem Perethil nicht vollkommen war – irgendwie fühlte sie sich krank an oder verwundet –, aber es war trotzdem unverkennbar sie. Im Gegensatz zu der Magie des vergifteten Perethil, das sie nach Duradh Mal und Schattenfall gebracht hatte, war das Schwert der Morgendämmerung immer noch heilig.
Aber es war zu weit entfernt, um ihm irgendwie von Nutzen sein zu können.
Bitharn oder Malentir würden Aurandane vielleicht erreichen können, aber Kelland befand sich auf der falschen Seite der Grube. Er würde an dem Ding in Gethels Haut vorbeimüssen, um zu dem Schwert zu gelangen. Die feurigen Augen des Schattens waren auf Kelland gerichtet, als hätten seine Gedanken seine Aufmerksamkeit erregt, und Kelland fragte sich, ob die Kreatur wusste, dass er Aurandane gesehen hatte. Falls ja, bliebe ihnen nicht die geringste Hoffnung mehr.
Ergib dich, donnerte die Kreatur mit einer lautlosen Stimme, die gegen die Innenseiten von Kellands Schädel schlug – die Stimme aus dem Schattenland des Perethil. Seine eigene Stimme, ihm gestohlen, verstärkt zur Monstrosität. Gib nach, und dein Tod wird schnell sein. Kämpfe, und du wirst leiden.
Kelland schüttelte stumm den Kopf. Seine Kehle war wie ausgedörrt; seine Lungen fühlten sich an wie verbrannt. Die Muscheln in seinem Haar barsten in der Hitze. Celestias Gegenwart war zerbrechlich wie eine Kerzenflamme in seiner Seele, und sie wurde von Augenblick zu Augenblick schwächer. »Nein. Du kannst diesen Ort nicht haben.«
Ergib dich. Du wirst sterben. Sie wird sterben. Die brennenden Augen wandten sich von ihm ab, und die erdrückende Intensität der Gegenwart der Kreatur ließ ein wenig nach. Hinter ihm schrie Bitharn auf. Der Schrei hielt eine Ewigkeit an und zerrte an ihm, aber er drehte sich nicht um. Er zeigte weiterhin einen Ausdruck der Härte, trotz der Leere in seinen Eingeweiden, und ließ keinen Moment in seiner Wachsamkeit nach. Es war das Schwerste, was er je in seinem Leben getan hatte.
Ein Jammer. Die feurigen Augen richteten sich wieder auf ihn, und er hörte grausame Erheiterung in dem Gedanken der Kreatur. Bitharns Schrei endete, brach mit einem feuchten Klatschen von Fleisch auf Stein ab. Etwas krachte grausam; er wusste nicht, ob es ihr Bogen war oder ihre Knochen.
Ich werde dich noch einmal fragen. Nur noch ein einziges Mal. Ein sanfter Tod. Oder Qual. Ich werde aus ihrem Leichnam eine Marionette machen. Eine Hure für Würmer und Maelgloth. Sie werden ihre eigenen Löcher machen und sich in das Fleisch der Frau bohren. Gib nach, und du darfst dich genauso rasch zu ihr gesellen.
Haltet ihn hin, erklang eine zweite Stimme in seinen Gedanken, genauso direkt wie die der Schattenkreatur, aber unendlich viel sanfter. Haltet ihn hin, und ich schlage zu.
Er wusste nicht, ob die neue Stimme eine Ausgeburt seiner verzweifelten Fantasie war oder ein neues Manöver des Wahnsinnigen Gottes, das ihn ablenken sollte, aber Kelland ignorierte sie, wie er die ersten donnernden Drohungen ignoriert hatte. Am Rande seines Gesichtsfeldes erhob Malentir sich zittrig wieder auf die Füße. Die beschirmenden Schatten des Dornenlords waren verschwunden. Blut strömte ihm aus Mund und Nase, schockierend rot
Weitere Kostenlose Bücher