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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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bewerkstelligen könnte.
    So viel glaubte sie zu wissen.
    »Hast du es dir auch gut überlegt?«, fragte Versiel und befingerte dabei den Schlüsselring an seinem Gürtel. »Kelland war ein guter Mann, einer unserer besten, aber …«
    »Ist. Er ist nicht tot.«
    Er zögerte, dann zuckte er zu schnell die Achseln. »Ist. Trotzdem. Was hoffst du, von dem Dornenlord zu erfahren? Wir haben ihn gefangen genommen, bevor Kelland ergriffen wurde; wie könnte er etwas über die Pläne der Dornen wissen? Und selbst wenn er durch irgendeine seltsame Gnade der Göttin etwas weiß … Was würde es nutzen zu hören, dass Kelland in Ang’arta gefoltert wird?«
    »Überhaupt nichts«, gab Bitharn zu. »Aber ich muss es wissen. Ich muss fragen.«
    »Wir dürfen eigentlich niemanden dort hinauflassen. Erst recht nicht bewaffnet«, fügte er mit einem vielsagenden Blick auf den Eibenbogen hinzu, den sie auf dem Rücken trug, und das lange Messer an ihrem Gürtel. Ein halbes Dutzend kleinerer, gut ausbalancierter Wurfmesser hatte sie heimlich am Körper verborgen. Sie wussten beide, dass Bitharn selten unbewaffnet ausgegangen war, bevor man Kelland verhaftet hatte, und niemals mehr danach.
    »Nun, es ist gut, dass ich nicht niemand bin, nicht wahr?«, sagte sie und zog mit gespielter Strenge die Augenbrauen hoch. »Ich will ihm nur einige Fragen stellen, Versiel. Bitte. Kelland war ebenso dein Freund wie meiner, und wenn dieser Gefangene uns etwas erzählen kann, das helfen könnte …«
    »Ich will nur nicht, dass dir etwas zustößt. Dornen ergötzen sich daran, Wunden weiter aufzureißen, das weißt du. Alles, was er dir erzählt, wird bestenfalls eine Halbwahrheit sein, und wahrscheinlich wird er dir schreckliche Dinge erzählen, nur um dir Schmerz zuzufügen.«
    »Das Nichtwissen ist schlimmer.«
    Seufzend nahm er einen schmalen, goldenen Schlüssel vom Ring und hielt ihn ihr hin, ohne sie anzusehen. »Beeil dich! Ich werde jeden Augenblick wieder zu Verstand kommen.«
    »Danke«, flüsterte sie und barg das kalte Metall fest in ihrer Hand. »Wo ist er?«
    »Im Siebten Ring. Nordostzelle.«
    »Ist sonst noch jemand dort oben? Jemand, der etwas hören könnte?«
    »Nur die anderen Gefangenen.« Versiel zögerte abermals, als sie den Schlüssel entgegennahm, und legte seine andere Hand über ihre. »Du musst das nicht tun.«
    »Oh, doch!« Bitharn löste sich von ihm. Sie kehrte zu der Kerze auf dem Fenstersims zurück und beugte den Kopf über die Flamme, als sammele sie ihre Entschlossenheit. Dann ließ sie die Hand auf den Dolch an ihrer Hüfte fallen und zupfte an dem silbernen Drahtwerk und den Perlen, die den Griff schm ückten. Als Mädchen war sie eine Zappelliese gewesen, und sie hoffte, dass Versiel glaubte, sie habe diese Angewohnheit beibehalten. O, du Strahlende, lass ihn glauben, ich sei nur wegen der Begegnung mit dem Dorn so nervös. Wenn er ihre wahre Absicht erriet, war sie verloren.
    Zwei der Perlen lösten sich unter ihren Fingern. Sofort nahm Bitharn sie fest in die Hand und tat nun so, als spiele sie mit ihrer Halskette. Sie ließ eine der Perlen in den Brunnen aus geschmolzenem Wachs rund um die Kerzenflamme fallen, wobei sie diese kleine Bewegung mit ihrem Körper abschirmte.
    Als die Perle in das heiße Wachs sank, wurde sie durchscheinend und verflüssigte sich. Die »Perle« war eine Kugel aus Irhare- Saft, gewälzt in Schneiderkreide und abgekühlt, sodass sie vorübergehend hart geworden war, bevor Bitharn sie mit einem Tropfen Kiefernharz an ihr Messer geklebt hatte. Ein Apotheker in einem staubigen Laden in einem schäbigen Teil Cailans hatte sie hergestellt. Bitharn hatte den Verdacht, dass der junge Mann mit der Hasenscharte zumeist mit Meuchelmördern Geschäfte machte, aber sie hatte nicht nachgefragt, ebenso wenig wie er gefragt hatte, warum sie ein Quäntchen als Perlen getarnten Irhare- Saft wollte.
    In wenigen Momenten würde der Saft durch die Hitze der Flamme verkochen und ein mächtiges Schlafmittel freisetzen. Der Duft der Kerze würde seinen Geruch überdecken. Wenn alles gut ging, würde Versiel erst Verdacht schöpfen, wenn es zu spät war.
    Bitharn drehte eine Runde im Raum, wobei sie mit ihrem Dolch spielte, bis sie an allen Kerzen vorbeigekommen war und in jede einzelne eine vergiftete Perle geworfen hatte. Dann hielt sie an der Tür inne, holte tief Luft, um ihre Nerven zu beruhigen, und winkte dem Freund, den sie gerade zu betäuben begonnen hatte, zum Abschied zu.
    »Wünsch mir

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