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Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Schwarzfeuer: Roman (German Edition)

Titel: Schwarzfeuer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Merciel
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könnte. Sie ist keine junge Frau mehr. Dann fand er den Toten … hier.« Colison hielt die Laterne ganz ruhig, während er den Holzhaufen umrundete.
    A sharre brauchte einen Moment, um zu begreifen, was sie sah. Eine dünne Schneeschicht bedeckte den Leichnam. Der Schnee bedeckte barmherzigerweise das Gesicht des Mannes und milderte ein wenig das ab, was seinem Leib angetan worden war. Aber nicht viel. Es gab nicht viel, was das abmildern konnte.
    Falcien murmelte etwas, das wie ein Gebet klang. Der junge Erleuchtete trat einige Schritte zurück, die Augen groß und weiß im dunklen Gesicht. Sie fragte sich, ob er sich vielleicht übergeben würde. Das wäre keine Schande gewesen. Asharre selbst war schockiert vom Anblick des Leichnams; es war, als seien die schlimmsten Erinnerungen der Speerbrücke vor ihren Augen Wirklichkeit geworden.
    Aber Falcien würgte nicht. Er ging um Colison herum und nahm den Leichnam genauer in Augenschein. Der Erleuchtete hatte einen stärkeren Magen, als sie angenommen hatte. Asharre hockte sich neben ihn in den Schnee, selbst neugierig. Außerdem wollte sie feststellen, was ihm auffallen würde. Wenn diese Celestianer die Absicht hatten, die merkwürdigen Dinge in Cardental zu untersuchen – und jetzt sogar einen Mord –, würden sie scharfe Augen brauchen.
    »Nun?«, hakte sie nach.
    »Ein Ritualmord«, antwortete Falcien, »aber ich kenne den Zweck noch nicht.«
    »Was bringt Euch auf diese Idee?«
    »Sie haben seine Knochen entfernt.« Der Celestianer zeigte auf den Arm des Toten, der ihnen am nächsten lag. Er war in einer geraden Linie vom Handgelenk bis zum Ellbogen aufgeschnitten worden, und dann weiter vom Ellbogen bis zur Schulter, wie ein Schlitz im Ärmel einer Dame. Seine Knochen waren verschwunden. Hände und Füße des Leichnams waren unversehrt, und sein Gesicht war unberührt bis auf den Armbrustbolzen, der wie eine obszöne Blume aus seinem rechten Auge ragte, aber vom Hals an abwärts bis zu den Stiefeln fehlte jeder Knochen, der länger war als die Innenseite von Asharres Hand.
    »Ihr sagtet ›sie‹. Warum?«
    Falcien deutete auf die unterschiedlichen Stiefelabdrücke im Schnee an der anderen Seite der Lichtung. Selbst ein ungeübtes Auge konnte erkennen, dass die Abdrücke alt waren, zum Teil gefüllt mit frischem Schnee, und dass sie von einer kleinen Gruppe von Männern stammten. Drei bis fünf, vermutete Asharre. Sie waren zusammen von Cardental gekommen, hatten die Hütte umzingelt und waren schnurstracks zu dem Leichnam hinter dem Holzstapel gegangen. Dann waren sie den gleichen Weg zurückgekehrt, den sie gekommen waren, und hatten den Leichnam liegen lassen.
    »Ihr glaubt, das ist der Grund, warum er getötet wurde?«, fragte Asharre.
    Falcien nickte.
    »Da irrt Ihr Euch.« Sie zog einen ihrer Fäustlinge aus und wischte den Schnee von dem Bolzen im Auge des Toten. Eine Lache gefrorenen Blutes leuchtete schwarz in der Augenhöhle. »Das hat ihn getötet. Seht Euch die Befiederung an! Grün und schwarz auf einem grauen Schaft.« Asharre sah zu Colison hinüber, der nickte und dadurch ihre Vermutung bestätigte.
    »Gals hat Laedys eine Armbrust gegeben, die wir nicht benötigten, und einige Bolzen«, antwortete der Karawanenführer. »Das war vor einigen Jahren. Er war der Ansicht, eine allein lebende Frau sollte eine Möglichkeit haben, sich zu verteidigen, und für eine Armbrust braucht man nicht so viel Kraft wie für einen Bogen.«
    »Er wurde hier erschossen, neben der Tür.« Asharre trat um die Spuren, um es den beiden anderen zu zeigen. Rote Spritzer bedeckten die einsame Linie von Abdrücken neben der Tür der Hütte. Weiteres Blut war auf die Spur des Mannes getropft, als er zu dem Holzhaufen getaumelt war. Es war jedoch bereits gefroren, bevor die spätere Gruppe gekommen war und die rote Kruste zertrampelt hatte, die es im Schnee hinterlassen hatte.
    Asharre kehrte zu dem Leichnam zurück, hob eine leblose Hand und zeigte ihnen das Blut auf der Innenfläche, durchzogen von bleichen Linien, wo es die Befiederung des Armbrustbolzens weggewischt hatte. »Er ist zu dem Holzhaufen getaumelt, hat an dem Bolzen gezogen und ist hingefallen.«
    »Niemand könnte mit einem Bolzen im Auge so weit gehen«, protestierte Falcien.
    Asharre zuckte die Achseln und zog ihren Fäustling wieder an. Auch für sie ergab es keinen Sinn, aber die Spuren zeigten, was sie zeigten. »Dieser Mann hat es getan. Er ist hier gestorben. Einige Zeit später sind die anderen

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