Schwarzkittel
offensichtlich Illegalem überreden lassen?«
»Wegen der Wirksamkeit, ganz alleine wegen der viel gepriesenen Wirksamkeit. Das Mittel schien in der Tat gut anzuschlagen, aber eben nicht immer.«
»Könnte es sein, dass neben der Wirksamkeit zusätzlich eine gewisse Honorierung ausschlaggebend war?«
Elli Dipper fing an zu schreien. »Ja, verdammter Mist! In der Hofeinfahrt steht das vierrädrige Honorar. Nehmen Sie den Karren am besten gleich mit, ich will ihn nie mehr sehen! Und übrigens, die Delle habe ich vorhin selbst reingetreten.«
Ich war sprachlos. Nun wandte sich Gerhard, der die ganze Zeit stiller Zuhörer war, an Frau Dipper: »Eine letzte Frage hätten wir an Sie, Frau Dipper, dann lassen wir Sie vorerst in Ruhe. Warum haben Sie den Mord eigentlich vorgetäuscht?«
»Können Sie sich das immer noch nicht denken? Mein Mann hat keinen Abschiedsbrief hinterlassen. Er wäre beerdigt worden und kurze Zeit später wäre alles vergessen gewesen. Ich wollte meinen Mann rächen, und die Polizei damit auf die Spur dieser verdammten Sauerei bringen. Und das möglichst, ohne mich selbst da mit reinzureiten. Was jetzt wohl hinfällig ist.«
Ich nickte zustimmend. »Okay, das kann ich theoretisch sogar nachvollziehen. Da fällt mir aber noch etwas ein. Hagen, das ist übrigens der Zeuge, von dem ich sprach, hat beobachtet, wie Sie die Leiter mitgenommen haben. War das nicht gefährlich?«
Ein kurzes Auflachen war die Folge. »Die Polizei sucht anscheinend nicht sorgfältig genug die Umgebung der Tatorte ab. Keine 50 Meter neben dem Baum steht ein orangefarbener Salzbehälter für den Winterdienst. Dort werden Sie die Leiter finden. Haben Sie momentan noch irgendwelche Fragen?«
Wir verabschiedeten uns von der sichtlich mitgenommenen Witwe.
Doch betroffen war nicht nur Elli Dipper, sondern auch Gerhard und ich waren sichtlich bewegt.
»So etwas habe ich in meiner ganzen Beamtenlaufbahn noch nicht erlebt«, bemerkte Gerhard fassungslos, als wir wieder im Wagen saßen und Richtung Schifferstadt fuhren.
»Einen Selbstmord als Mord tarnen, darauf muss man erst einmal kommen. Eigentlich hat sie sich deswegen ja strafbar gemacht.«
»Vergiss es, Reiner, das Verfahren wird doch sofort wieder eingestellt. In so einer Ausnahmesituation denkt man halt nicht immer rational. Überleg mal, was du machen würdest, wenn du deinen Mann am Baum hängend vorfinden würdest.«
»Meinen Mann?«, erwiderte ich. »Meinst du, ich sollte eine Hormonbehandlung machen?«
»Nein, du weißt genau, was ich meine. Stell dir mal vor, Stefanie hätte Suizid begangen, und du würdest sie finden.«
»Sag mal Gerhard, spinnst du? Ich würde ihr jedenfalls kein Schild umhängen. Komm, lassen wir das Thema, das führt zu nichts. Ich fahr dich jetzt zurück ins Büro, und dann schnapp ich mir diesen Fürchtegott Mayer.«
Den Rest der Fahrt verbrachten wir in einträchtigem Schweigen, ab und zu unterbrochen von meinem heftig knurrenden Magen. Vor der Dienststelle im Waldspitzweg angekommen, ließ ich Gerhard aussteigen. Er verabschiedete sich mit den Worten: »Ich geh jetzt gleich in mein Büro was futtern. Maria hat mir ein paar geniale Baguettes gemacht. Die kommen mir jetzt gerade richtig.«
Fast wäre ich meinem Lieblingsfeind für diese Boshaftigkeit an die Gurgel gesprungen.
Stattdessen erwiderte ich mit einem milden Lächeln: »Heute Abend komme ich kurz bei dir vorbei und bringe euch ein Namensbuch mit. Dann könnt ihr euch schon mal überlegen, wie euer Kind heißen soll.«
Bis er außer Sichtweite war, beobachtete ich genüsslich Gerhards immer kleiner werdende entsetzte Miene im Rückspiegel.
12.Nahrungsaufnahme
Bis zu meinem Termin bei ›Neomedi‹ hatte ich noch ein bisschen Luft. Ich nutzte die freie Zeit für einen kleinen Umweg über Rheingönheim. Noch immer hatte ich mich nicht an den Anblick des herrlichen Hauses von Christin und Michael gewöhnt, obwohl es doch bestimmt schon 30 Stunden stand. Erfreut registrierte ich Stefanies Auto vor dem Neubau. Anscheinend hat sie mich kommen sehen, denn sie öffnete mir sogar die Tür, bevor ich anklopfen konnte. Ihre langen blonden Haare wehten ihr durchs Gesicht, als ein erster Luftzug durch den Windfang blies. Ihre blauen Augen glänzten. Ich bildete mir ein, das läge an meinem Anblick. Sie gab mir einen Kuss und in dem Moment knurrte mein Magen wie ein alter Dampfer.
»Oh, mein Reiner hat schon lange nichts mehr gegessen«, begrüßte sie mich. »Komm zunächst einmal
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