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Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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gestern an. Wegen seines gewaltigen Bauchumfangs wirkte sein Gang etwas wacklig.
    »Hagen sortiert da hinten Mehrwegflaschen aus Plastik, die ich ihn auf der Rennbahn, auf dem Sportplatz da drüben und ihm Wald auflesen lasse. Die bringt er anschließend zu den Supermärkten zurück, und wir teilen uns den Gewinn.«
    Berendorf hatte eine sehr seltsame Auffassung von Arbeits- und Gewinnteilung. Nun ja, das sollte nicht mein Problem sein.
    »Hagen, komm mal her, die Herren wollen dich was fragen!«
    »Ja?«, grölte er mit seiner mir bekannten, lauten Stimme. »Ich habe Hunger.«
    »Du kriegst gleich eine Currywurst, Hagen. Hör aber erst einmal zu.«
    Ich hatte nicht den Eindruck, dass Hagen meinen  Kollegen oder mich wiedererkannte. Er stellte sich breitbeinig vor uns und sagte nichts.
    »Sie sind also Hagen?«, fragte ich neutral. Ich hatte mir vorgenommen, auch ihn zu bluffen. Doch zunächst wollte ich ihm etwas Honig ums Maul schmieren. »Hagen, Sie sind ein sehr wichtiger Zeuge. Nur Sie haben etwas gesehen, was für uns alle wichtig ist. Sie können stolz auf sich sein.«
    Hagen lächelte selbstbewusst. So hatte anscheinend schon lange niemand mehr mit ihm gesprochen.
    »Hagen, Sie haben gestern gesehen, wie Doktor Dipper ermordet wurde. Ich weiß, dass Sie den Täter beschreiben können. Würden Sie das jetzt bitte tun?«
    Hagen fing an zu lachen. »Dipper ist tot. Er hat Kinder totgemacht. Nun ist er tot. Die Gerechtigkeit hat gesiegt.«
    »Ja, Hagen, die Gerechtigkeit wird immer siegen. Doch damit alles seine Richtigkeit hat, müssen wir wissen, wer für die Gerechtigkeit zuständig ist. Wer war also gerecht und hat Doktor Dipper umgebracht?«
    »Niemand hat den Dipper umgebracht«, platzte es aus ihm heraus. »Niemand hat es getan.«
    Verwirrt blickte ich zu Gerhard. Meinte Hagen etwa eine Person, die ›Niemand‹ mit Nachnamen hieß? Nein, das wäre zu abwegig.
    »Wieso hat ihn niemand umgebracht, Hagen? Er hing doch gestern früh am Baum. Sie haben ihn doch selbst gesehen.«
    »Ich habe ihm sogar noch Schwung gegeben, damit er schön schaukelt.« Damit berichtete er mir nichts Neues.
    »Erzählen Sie bitte ganz genau, was passiert ist. Ich möchte verstehen, warum ihn niemand umgebracht hat.«
    Hagen begann, die gestrigen Geschehnisse wiederzugeben. »Ich war gerade am Eingang des Vereinshauses und habe Flaschen eingesammelt. Da kam der Doktor angelaufen. Er hatte eine kleine Leiter dabei. Und ein Seil. Ich sah, wie er sich unter dem Baum auf die Leiter stellte. Dann hat er das Seil am Ast festgemacht und dann an seinem Hals. Als er fertig war, ist er von der Leiter gesprungen. Dipper hat nur kurz gestöhnt, dann war er tot.«
    Fasziniert hörten wir ihm zu. »Was passierte dann? Haben Sie die Leiter weggenommen und das Schild um seinen Hals gehängt?«
    »Nein, das war doch seine Frau. Ich wollte gerade zu ihm gehen, da sah ich Frau Dipper mit ihrem Hund kommen. Schnell habe ich mich hinter einem Baum versteckt. Sie hat dann laut aufgeschrien und geheult. Später ist sie dann heimgelaufen. Aber dann ist sie noch mal gekommen. Sie hatte dieses Schild dabei und hat es ihm um den Hals gehängt. Dann ist sie mit der Leiter weggegangen.«
    »Als sie weg war, sind Sie zu Doktor Dipper gegangen?«
    »Ja, aber nur kurz, weil die Frau dann schon wieder zurückkam. Sie hatte wieder den Hund dabei. Sie hat noch lauter geschrien und geheult als beim ersten Mal, und dann hat sie mit ihrem Handy telefoniert. Da bin ich einfach weggerannt.«
    Sprachlos standen Gerhard und ich da. Hagen schien  das nicht zu stören. »Dipper ist tot, die Gerechtigkeit hat gesiegt. Und jetzt habe ich Hunger.«
    Ich wollte es zunächst mit dem Gespräch gut sein lassen. Später würde sich noch mal ein Kollege mit Hagen unterhalten müssen, am besten, wenn dessen Tante dabei war. Wir bedankten uns bei Hagen und Berendorf und setzten uns ins Auto.
    »Ich bin ziemlich durcheinander, Reiner. Glaubst du alles, was der Hagen uns eben erzählt hat?«
    »Irgendwie schon, ich glaube nicht, dass er sich das ausgedacht hat.«
    »Das würde aber bedeuten, dass es sich in Sachen Doktor Dipper nicht um ein Kapitalverbrechen handelt. Das würde uns viel Arbeit ersparen.«
    »Aber warum musste Sebastian Windeisen sterben? Haben diese beiden Todesfälle wirklich nichts miteinander zu tun?«
    »Ich denke, wir sollten zunächst mal ein klärendes Gespräch mit Elli Dipper führen. Wie kann sie nur auf die Idee kommen, die Selbsttötung ihres Mannes als

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