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Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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ob das, was ich hier machte, tatsächlich noch zu verantworten war.
    Aus diesem Grund fuhr ich bereits bedeutend langsamer als normalerweise üblich. Zu allem Pech kam von hinten ein Wagen angebraust, dessen Fahrer es offensichtlich recht eilig zu haben schien, was er durch extrem dichtes Auffahren demonstrierte. Das war nicht das erste Mal, dass mir so etwas passierte. Ein ähnliches Erlebnis hatte ich vor ein paar Wochen schon einmal, als ich in Ludwigshafen durch die Valentin-Bauer-Sied lung fuhr. Dort galt selbst auf der Durchfahrtsstraße durchgehend Tempo 30, was für einen Durchschnittsfahrer nicht gerade einleuchtend war. Jedenfalls setzte sich genau dort einer dieser drängelnden Spinner hinter mich und gab Lichthupe. Ich ärgerte mich zwar, doch ich hatte einen enormen Wissensvorsprung, den ich daraufhin brutal ausnutzte. Ich blieb zunächst konstant bei Tempo 30, natürlich gab es auf dieser Einbahnstraße keine Möglichkeit, zu überholen. Nach etwa 200 Metern drosselte ich meine Geschwindigkeit noch etwas. Im Rückspiegel sah ich, wie der Fahrer sprichwörtlich Schaum um den Mund bekam. Seiner Gesichtsröte nach zu urteilen, dürfte sein restlicher Körper vollkommen blutleer sein. Leider hatte sich diese außergewöhnlich gute Durchblutung nicht positiv auf sein Gehirn ausgewirkt. Er fuhr dichter auf und zeigte mir aus dem offenen Fenster heraus den Stinkfinger. Ich drosselte meine Geschwindigkeit weiter, und als ich bei Tempo 20 angelangt war, setzte ich den Blinker nach rechts. Daraufhin hielt ich auf dem Gehweg beinahe an. Der Drängler reagierte wie vermutet. Er drückte ordentlich aufs Gaspedal und raste mit weit überhöhter Geschwindigkeit 50 Meter weiter durch meinen Wissensvorsprung, Radarfalle genannt.
    Mein aktueller Drängler musste sich dagegen nicht länger meiner aktuellen Fahrweise anpassen, er konnte problemlos überholen.
    Auf meiner rechten Seite befand sich der ›Mittellacheweiher‹, Einheimischen nur unter dem Namen ›Dudenhofener Weiher‹ bekannt. Im unmittelbaren Anschluss folgten zwei sehr enge Haarnadelkurven,  bevor die Straße unter der A 61 hindurchführte. Die erste Kurve nahm ich noch souverän. Obwohl ich die Geschwindigkeit weiter gedrosselt hatte, driftete ich wie auf einem Schmierfilm aus der zweiten Serpentine in den Wald. Ein dicker Baumstamm am linken Fahrbahnrand war das Letzte, was ich wahrnahm. Dann wurde es dunkel.
    Ich wusste nicht, wie lange ich bewusstlos war, als ich aufwachte und verschwommen einen breit grinsenden Doktor Metzger direkt über meinem Gesicht ausmachte. Gab es in der Bewusstlosigkeit Albträume, oder hatte mich das Leben wieder zurück? Mein Herz schien noch zu schlagen, es pochte wie ein Dampfhammer bis in meinen brummenden Schädel. Ich versuchte, meine konfusen Gedanken zu sortieren. Was war passiert? Wieso lag ich hier?
    Nach zwei oder drei Minuten, die mir wie eine halbe Ewigkeit vorkamen, hatte ich meine Orientierung einigermaßen wiedergewonnen. Ich lag auf einer Decke mitten im Wald und starrte immer noch in das Gesicht des Horrorarztes. Wie es schien, waren alle meine Glieder an Ort und Stelle. Ich versuchte, meine Beine zu bewegen, was mir auch gelang. Das Gleiche galt für den rechten Arm. Das Heben des linken Armes verursachte mir allerdings ungeheure Schmerzen im Schulterblattbereich. Aus der linken Schläfe musste ich geblutet haben, mein Kopf dröhnte entsprechend.
    Ich bemerkte, dass es verkokelt nach Rauch roch. Jetzt erst nahm ich mein Auto wahr oder vielmehr das, was von ihm übrig geblieben war. Es musste gebrannt haben. Um mich herum standen Metzgers Notarztwa gen, ein zweiter Krankenwagen, ein Feuerwehrfahrzeug und mehrere Streifenwagen.
    »Mann, haben Sie mal Glück gehabt«, sprach mich Metzger an. »Ich dachte schon, ich müsste bei Ihnen eine kleine Notoperation durchführen.«
    Als er sah, wie ich erschrak, fügte er grinsend an: »Natürlich hätte ich gleich die Mandeln und den Blinddarm mitentsorgt. Alles im Pauschalpreis inbegriffen, versteht sich.« Seine Mundwinkel zitterten wieder, als er sich die obligatorische und gut abgehangene Banane aus dem schmutzigen Kittel zog und genüsslich schälte.
    »Was ist passiert?«, war das Erste, was ich sagen konnte. »Wo ist Becker?«
    »Dem gehts gut, der hat Ihnen wahrscheinlich sogar das Leben gerettet. Sie sind hier direkt gegen einen stattlichen Baum gerast. Haben Sie keinen Führerschein?«
    »Irgendwas stimmte mit der Lenkung nicht, ich habe die Kontrolle

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