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Schwarzkittel

Schwarzkittel

Titel: Schwarzkittel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
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Sekunden später der Wecker klingelte, kam mir sofort Alessia in den Sinn. Hatte ich das alles nur geträumt? Leise schlich ich ins Wohnzimmer und sah dort ihre Reisetasche auf dem Boden stehen. Unglaublich, ich hatte seit gestern Abend eine erwachsene Tochter. Nach dem Duschen tat ich etwas Ungewöhnliches. Ich ging in die Küche und frühstückte. Ungewöhnlich deswegen, weil ausnahmsweise etwas Geeignetes im Haus war. Ich hatte reichlich Nahrungsmittel eingekauft. Von allem etwas. Jedenfalls von dem, was es an einer Tankstelle so gab. Ich ließ mir die kalorienhaltige Mahlzeit munden und machte mich pünktlich auf den Weg ins Büro. Meine Zeit war heute Morgen knapp bemessen. Zuerst würde Dietmar Becker zu mir kommen und danach war Teambesprechung.

15.es kommt immer anders, als man denkt
    Im Büro versuchte ich als erstes Stefanie telefonisch zu erreichen, doch es nahm niemand ab. Anschließend startete ich einen Versuch bei Christin und Michael, aber auch hier hatte ich keinen Erfolg.
    Im Gegenzug klingelte in diesem Moment mein Apparat. Es war Hubertus Overath.
    »Guten Morgen, Herr Palzki. Bitte entschuldigen Sie, dass ich so früh anrufe. Ich wollte Sie nur über ein mysteriöses Telefonat informieren.«
    Der Tag fängt ja gut an, dachte ich mir. Heute scheint es wieder Schlag auf Schlag zu gehen.
    »Na dann, erzählen Sie mal, Herr Doktor Overath.«
    »Ich habe einen Anruf von Professor Zynanski bekommen. Sie kennen ihn ja. Er will sich um zwölf Uhr mit mir treffen wegen der ›Croupison‹-Sache.«
    »Das ist wirklich sehr interessant, hat er den Namen Windeisen erwähnt?«
    »Windeisen? Wie kommen Sie denn darauf? Nein, der hat doch damit nichts zu tun. Zynanski meinte, dass er einen Verdacht bezüglich der Todesfälle bei den Kindern habe. Darüber will er mit mir diskutieren.«
    »Und was ist daran so mysteriös?«
    »Sie kennen den Professor anscheinend nicht richtig. Er ist niemand, der mit anderen diskutiert. Im Delegieren und Rechthaben ist er die Nummer eins, aber diskutieren, das ist bei ihm nicht drin.«
    »Okay, ich habe verstanden, ich werde bei diesem Treffen dabei sein. Wo soll es überhaupt stattfinden?«
    »Bei mir in der Praxis. Ich mache ab zwölf Uhr Mittagspause, dann bin ich hier allein.«
    Ich beendete das Telefonat. Wieder ein Hinweis auf einen üblen Arzneimittelskandal und nichts, was für den Tod des Assistenzarztes von Belang war. Ich musste mich mehr auf Sebastian Windeisen konzentrieren. Immer mehr war ich dem Versuch erlegen, daraus ein einfaches Eifersuchtsdrama zu konstruieren. Wie hieß die Dame noch mal? Hohlmann, ja so war ihr Name. Ich nahm mir vor, sie ab sofort observieren zu lassen und kritzelte einen Vermerk in meinen kleinen Notizblock. Alle meine Kollegen hatten bereits einen dieser elektronischen Terminkalender, doch ich schwor nach wie vor auf die gute alte Papierform. Ein Datenverlust, wie ihn schon mancher erleiden musste, war bei mir so gut wie ausgeschlossen.
    Pünktlich auf die Sekunde klopfte es an der Tür und Dietmar Becker trat ein.
    »Guten Morgen, Herr Palzki. Sie sind heute wirklich so früh auf den Beinen. Ich dachte schon, ich muss warten.«
    »Haha, ich lache mich tot.«
    »Bleiben Sie besser noch ein bisschen am Leben. Schauen Sie mal, ich habe uns etwas zum Frühstück mitgebracht. Als temporärer Junggeselle haben Sie doch bestimmt noch nichts gegessen.«
    Der Student riss eine große Papiertüte auf, und es kamen mehrere süße Bäckerteilchen zum Vorschein.
    »Danke, das ist wirklich gut gemeint, vielen Dank.« Ich konnte ihm nun wirklich nicht sagen, dass ich heute Morgen so viel gefrühstückt hatte wie schon lange nicht mehr. Ich war satt bis zum Anschlag.
    Wir setzten uns an den Besprechungstisch. Ganz pragmatisch holte ich aus einem Schrank eine Rolle Papiertücher hervor und legte zwei einzelne Blätter als Tellerersatz auf den Tisch.
    »Ich habe gesehen, dass Sie hier einen neuen Kaffeeautomaten haben«, fühlte Becker vor. »Was zu trinken habe ich nämlich nicht dabei.«
    »Alles klar«, ich verstand. »Ich gehe uns schnell zwei Tassen holen.«
    Wenige Sekunden später stand ich vor dem geheimnisvollen Automaten. Den Geldeinwurf hatte ich gleich entdeckt und ihn mit Münzgeld gefüttert. Ratlos stand ich vor dem Bedienfeld.
    »Kannst du dich mal ein bisschen beeilen, Reiner?«, fragte eine junge Kollegin, die sich hinter mir angestellt hatte.
    »Einen klitzekleinen Moment noch«, versuchte ich sie zu besänftigen. Ich fing erneut an,

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