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Schwarzlicht (German Edition)

Schwarzlicht (German Edition)

Titel: Schwarzlicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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der beiden, dachte er und bemerkte eine kleine Narbe über ihrem rechten Wangenknochen.
    «Kriminalpolizei. Wo können wir in Ruhe reden?»
    Markowitz wies auf die Tür zum Ministerpräsidentenbüro und ging voraus. Sie wirkte ruhig. Vielleicht war sie Polizeibesuch gewohnt, seit die Ermittlungen wegen der Castorp-Affäre begonnen hatten. Die Ältere starrte ihnen hinterher. Im Augenwinkel bemerkte Vincent, dass sie zum Telefon griff.
    Der Raum war groß und lichtdurchflutet. So also sah das politische Machtzentrum in diesem Bundesland aus: grauer Teppichboden, eine Schrankwand aus hellem Holz. Aus dem gleichen Material die Platte des Schreibtisches, völlig aufgeräumt, nur Telefon und Stiftehalter standen darauf. Vor der Fensterfront ein Bäumchen mit kräftigem Stamm. Birkenfeige, hatte Vincent gelernt. Ficus dingsbums.
    Carmen Markowitz bat die beiden Kommissare zur Besprechungsecke – vier Designersessel aus schwarzem Leder gruppierten sich um einen Glastisch.
    «Wie ist Ihr Verhältnis zu Walter Castorp?», fragte Vincent, während Dominik seinen Laptop aufklappte und das Protokoll zu tippen begann.
    Markowitz schlug die Beine übereinander. Mit der Zunge befeuchtete sie ihre Lippen. «Ich arbeite seit einem knappen Jahr für ihn als persönliche Referentin.»
    Reisefick, dachte Vincent. «Und privat?»
    Ihr Lächeln gefror. «Warum fragen Sie?»
    Sicher war der Blonden klar, dass sie niemals Frau Castorp geworden wäre. Dass es als kurzes und fragwürdiges Glück galt, die momentane Gespielin des Regierungschefs zu sein. Wie tickte eine Frau, die sich darauf einließ?
    «Es tut mir leid, Ihnen mitteilen zu müssen, dass der Ministerpräsident tot ist.»
    «Nein!»
    «Die Putzfrau hat ihn in dem Domizil gefunden, das Hartmut Osterkamp ihm zur Verfügung gestellt hatte. Sie kennen das Penthouse?»
    Markowitz war blass geworden. Mit ein paar Sekunden Verzögerung nickte sie.
    «Wann sind Sie zuletzt dort gewesen?»
    Sie brauchte einen Moment, bis sie ein Wort herausbekam. Musste sie sich erst fangen, oder wog sie ab, was sie sagen sollte?
    «Gestern», antwortete Markowitz. «Bis etwa mittags um zwölf. Ab vierzehn Uhr war ich wieder im Büro. Frau Nüsse, die Chefsekretärin, kann das bestätigen.»
    «Okay.» Vincent lächelte, um die Blonde zu beruhigen. «Castorp und Sie kamen also vorgestern aus der Schweiz zurück und haben gemeinsam im Penthouse übernachtet?»
    «Ja.»
    «In der Schwimmhalle als Sundowner einen Weißwein getrunken?»
    «Ja.»
    «Sie haben etwas gelesen?»
    Sie nickte.
    «Was war das?»
    «Ich hatte mir in Zürich die amerikanische Ausgabe der Vogue besorgt.»
    Die Modezeitschrift auf dem Beistelltisch, das stimmte. «Was wollte Castorp in der Schweiz?»
    Die Gespielin des Ministerpräsidenten begann, am Kragen ihrer Bluse zu nesteln. Sie stellte ihre Füße parallel, die Spitzen zielten in Richtung Tür. Ein unbewusster Fluchtreflex, wie ihn Vincent schon unzählige Male bei Befragungen beobachtet hatte.
    «Keine Ahnung», sagte sie. «Walter … Herr Castorp hatte am Freitagnachmittag eine Verabredung in Zürich. Mit wem, das weiß ich nicht. Ich habe währenddessen im Hotel gewartet. Danach sind wir nach Schaffhausen gefahren. Der Rheinfall, eine Bootsfahrt mit Picknick und am Sonntag zurück nach Deutschland.»
    «Sie haben nicht nachgefragt, was der Ausflug sollte?»
    Flüchtig berührte sie die kleine Narbe. «Nein.»
    «Hatte Herr Castorp Feinde?»
    «Er war Politiker. Da hat man nicht bloß Freunde.»
    «Ich meine Leute, die ihm vielleicht nach dem Leben trachteten.»
    «Keine Ahnung. Meinen Sie Terroristen?»
    «Hat er noch Besuch erwartet, nachdem Sie das Penthouse gestern verlassen hatten?»
    «Nicht dass ich wüsste.»
    «Was hatte er am Nachmittag vor?»
    «Er war mit Leuten in der Landesparteizentrale verabredet. Mitarbeiter des Wahlkampfteams, vielleicht auch jemand vom Vorstand. Er wollte sich auf seine heutige Pressekonferenz vorbereiten.»
    «Hat er Ihnen gesagt, was er da erklären wollte?»
    Die Blonde entspannte sich zusehends. «Offenbar blieb ihm nicht mehr viel übrig.»
    «Der Rücktritt von seinen Ämtern.»
    «Ja, ich vermute, dass er das vorhatte, obwohl er an der sogenannten Castorp-Affäre unschuldig war.»
    «Das glauben Sie?»
    «Davon sind wir alle fest überzeugt.»
    «Wie hat er sich seine berufliche Zukunft vorgestellt?»
    Sie hob die Schultern. «Walter war immer noch ein gefragter Mann.»
    «Tatsächlich?»
    «Ich habe ein Telefonat mitbekommen. Die

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