Schwarzlicht (German Edition)
Menzel .
Davor parkten Porsches, Maseratis, Aston Martins. Ein Bentley. Weitere Luxusschlitten, deren Marken Vincent nicht auf Anhieb erkannte, ausnahmslos nagelneu – Karossen im Wert von etlichen Millionen.
«Was sagst du dazu?»
«Wirtschaftsprüfung scheint lukrativ zu sein.»
«Die Firma ist im ‹Eurorettungs-Business›, so hat es der Kerl von vorhin ausgedrückt. Im Auftrag von EU und Europäischer Zentralbank checken sie sämtliche Banken und Großunternehmen in den Problemländern und berechnen den Hilfsbedarf. Sie stellen ständig neue Leute ein und platzen aus allen Nähten.»
«Schön, dass es noch boomende Branchen gibt.»
«Aber ist das nicht krank? Hier landen unsere Steuergelder!» Er deutete auf die schicken Wagen.
«Genau darum geht es wahrscheinlich.»
Vincent nahm die Treppe ins Erdgeschoss. Als sein Smartphone wieder Empfang hatte, rief er Fabri an.
«Sag mal, gibt es in dem Penthouse einen Safe, irgendein Versteck?»
«Nein, wieso?»
«Was habt ihr an Gepäckstücken gefunden?»
«Einen großen Rolli, schwarz, feste Kunststoffschale.»
«Zwei Aktenkoffer?»
«Fehlanzeige.»
«Ist Anna noch oben?»
Fabri brummte eine unverständliche Antwort, und Vincent hörte, wie der Kollege sein Handy weitergab. Währenddessen durchquerte Vincent das Foyer, trat ins Freie und lief die kurze Strecke bis zur Tiefgaragenausfahrt. Vielleicht würde er Bruno noch erwischen.
Anna meldete sich.
Vincent sagte: «Ich bin seit halb fünf auf den Beinen und brauch mal ’ne Pause. Sobald es etwas Wichtiges gibt, möchte ich trotzdem, dass ihr mir Bescheid gebt, okay? Und noch etwas, Anna. Ich weiß, dass du dich für die bessere Tatortspezialistin hältst. Aber lass Fabri in Ruhe.»
«Der Typ ist ein Arsch.»
«Was hast du gegen ihn?»
«Sag ich dir ein andermal.»
Brunos Golf schoss aus der Ausfahrt, Vincent sprang zur Seite und winkte. Ins Handy sagte er: «Ich möchte, dass du mir ein Dossier über Castorp zusammenstellst. Saß dein Vater nicht mal als Abgeordneter im Landtag?»
«Das ist lange her.»
«Benutz deine Kontakte, Anna. Und erkundige dich bei den Kollegen vom KK14 nach der Abhöraffäre. Ich weiß darüber nicht mehr, als in der Zeitung stand.»
«Die Kollegen vermutlich auch nicht.»
Womöglich stimmt das sogar, dachte Vincent. Stillhalteanordnung von ganz oben, zumindest bis zur Wahl am Sonntag.
Vincent holte Bruno ein, der seinen Wagen am Straßenrand gestoppt hatte. Die Scheibe glitt nach unten. Vincent fragte: «Champion, was hast du als Nächstes vor?»
«Castorps Laptop, den ihr heute Nacht im Penthouse sichergestellt habt. Vielleicht stoße ich auf ein paar hübsche Staatsgeheimnisse.»
«Sprich zuerst mit Carmen Markowitz, Staatskanzlei. Sie war mit Castorp in der Schweiz. Die Frau, die das schwere Gepäck schleppen musste. Frag sie nach dem Verbleib der zwei Aktenkoffer und der Reisetasche. In der Wohnung waren sie nicht.»
«Noch etwas?»
«Klar. Was war in den Koffern?»
«Diese Politiker», erwiderte Bruno und schnalzte missbilligend mit der Zunge. «Sogar wenn sie tot sind, machen sie nichts als Ärger.»
20
Eine Baustelle auf der Fleher Brücke, die Autobahnauffahrt verkürzt, Vincent musste sich beim Einfädeln konzentrieren.
Das Radio, Neues vom Tage: Bestürzung über den Tod des Ministerpräsidenten. Wie selbstverständlich schien der Berichterstatter von Selbstmord auszugehen, in seinem Nachruf betonte der Redakteur Castorps angebliche Verdienste um Bürokratieabbau und Strukturwandel. Er brachte es fertig, kein Wort darüber zu verlieren, dass der Mann noch gestern als Anstifter eines Verbrechens gegen die politische Konkurrenz am Pranger gestanden hatte. Offenbar stand schon ein Nachfolger in den Startlöchern: Innenminister Driesbach sei von der Parteiführung zum neuen Spitzenkandidaten erkoren worden.
Der nächste Beitrag galt den toten Ukrainern und kündigte einen Gedenkgottesdienst an, morgen in der Johanneskirche, Politprominenz habe ihre Teilnahme angekündigt. Unterdessen seien am Firmensitz der Osterkamp-Entwicklungsgesellschaft im Norden der Stadt Fensterscheiben und Eingangstüren beschmiert worden. Die Mahnwache an der Baustelle der Seestern-Arkaden werde fortgesetzt. Ein Kommentator gab der Einsatzleitung die Schuld an der gestrigen Eskalation und legte dem Polizeipräsidenten den Rücktritt nahe.
Ein Stau vor der Ausfahrt Neuss-Uedesheim zwang Vincent, scharf zu bremsen. Er war aufgeregt. Als er seine Mutter das letzte Mal
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