Schwarzlicht (German Edition)
verwickelt gewesen. Waffen und so.»
Vincent stöhnte auf.
«Was wäre daran so abwegig? Immerhin sitzt Rheinmetall in Düsseldorf, und Castorp war nebenbei Mitglied der Deutsch-Arabischen Gesellschaft.»
«Ich soll also mein Augenmerk auf Mossad-Agenten richten.»
«Ich geb nur wieder, was bei uns durch die Flure geistert.»
Der Pakt steckt noch in Anlaufschwierigkeiten, dachte Vincent.
«Sehen wir uns heute Abend?», fragte die junge Frau.
Vincent antwortete, dass er zur Stunde nichts planen könne. Als sie auflegten, hatte er das Gefühl, Saskia habe enttäuscht geklungen.
Er sah sich in der Küche um. Die Spülmaschine lief mit leisem Rauschen. Arbeitsflächen aus Granit, Holzfronten im Landhausstil. An der Wand ein selbst gebastelter Fotokalender. Das Bild für den Mai zeigte Simone Castorp mit einer Frau, die Vincent nicht kannte. Mittleres Alter, wehendes Haar. Strand, Palmen, das Meer. Sympathische Gesichter, Privataufnahme. Vincent fand es interessant, wie andere Leute lebten. Von außen ein feudales Haus – im Inneren stinknormal eingerichtet.
Er wählte die Nummer von Brunos Handy.
«Wegmann.»
«Champion, wo steckst du gerade?»
«Landtag. Castorp hat auch hier einen Computer, ansonsten ist sein Büro relativ leer.»
«Ausgeräumt?»
«Nein, er scheint nur das Zimmer selten genutzt zu haben.»
«Du hast mir von pikanten Privatfilmchen auf Castorps Laptop erzählt.»
«Also doch interessiert? Ich wusste es.»
«Sag mir nur eines: Die Ministerpräsidentengattin steht auf Frauen, stimmt’s?»
«Wie hast du das erraten?»
«Du musst diese Aufnahmen löschen.»
«Klar.»
«Ich meine das ernst. Restlos und vollständig. Wehe du ziehst einen Handel mit Raubkopien auf!»
«Hey, du bringst mich da auf eine Idee.»
«Haben wir uns verstanden?»
«Aber ja, Vincent.»
Frau Castorp hatte die winzige Kamera nicht angerührt. Vincent eröffnete ihr, dass es im Haus vermutlich noch mehr davon gab. Er tippte auf das Schlafzimmer.
«Ihr Mann scheint also doch eifersüchtig gewesen zu sein.»
«Wie kommen Sie darauf, dass er dahintersteckt?»
«Weil wir auf seinem Laptop die entsprechenden Dateien gefunden haben, Videoaufnahmen.»
«Das ist nicht wahr!»
«Leider doch.»
«Ich verlange, dass das vernichtet wird!»
«Schon geschehen», antwortete Vincent und hoffte, dass sich Bruno an seine Anweisung halten würde.
«Sollte auch nur ein Bild davon an die Öffentlichkeit gelangen …»
«Schon klar, Frau Castorp. Drücken wir die Daumen, dass Ihr Mann nichts davon online gestellt hat.»
«Für Walter lege ich meine Hand ins Feuer, Herr Kommissar. Er war nicht eifersüchtig. Ich schätze, dass ihm einfach nur das Zusehen Spaß gemacht hat.» Die Witwe sah ihm in die Augen, Spott um die Mundwinkel. «Träumt davon nicht jeder Mann?»
«Sie bleiben also bei Ihrer speziellen Version der perfekten Ehe?»
«Ich habe ihn nicht umgebracht, falls Sie das meinen.»
«Trotzdem muss ich Sie fragen …»
Sie verdrehte die Augen. «Wann?»
«Vorgestern gegen siebzehn Uhr.»
«Da war ich hier.»
«Allein?»
«Ein Schreinermeister und sein Lehrling waren draußen auf der Terrasse. Ausbesserungsarbeiten, bis etwa um halb sechs.»
Vincent ließ sich den Namen des Schreiners nennen. Dann legte er den Durchsuchungsbeschluss auf den Tisch und erklärte die Rechtslage.
«Bitte», die Frau wurde unwirsch. «Wenn es Sie glücklich macht.»
Statt eines Computers fanden sie lediglich einen Stapel vollgeschriebener Hefte. Sie bildeten eine Art Tagebuch, das in den neunziger Jahren begann, und füllten einen Karton. Es würde eine Ewigkeit dauern, das Material auszuwerten.
Vincent wandte sich noch einmal an die Witwe. «Ihr Mann hat Psychopharmaka genommen, stimmt das?»
«Manchmal, wenn er unter Anspannung stand.»
«In letzter Zeit war die Anspannung nicht gerade gering.»
«Allerdings.»
«Xanax besitzt ein hohes Suchtpotenzial.»
«Walter hatte es im Griff.»
«Wir haben zwei Großpackungen gefunden. So etwas verschreibt einem der Hausarzt nicht ohne weiteres.»
«Walter kannte jemanden, der ihm die Medikamente besorgt hat.»
«Wissen Sie, wer das war?»
«Nein. Ich weiß nur, dass Walter der Person vertraut hat. Ich habe ihn gewarnt, dass er sich erpressbar machen könnte. Aber er hat diesbezüglich nichts befürchtet.»
Zum Abschied kam Simone Castorp mit zur Haustür. Das Gewitter war in Richtung Dortmund weitergezogen. Die Sonne brach durch die Wolken, die Straße dampfte.
Eine letzte
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