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Schwarzlicht (German Edition)

Schwarzlicht (German Edition)

Titel: Schwarzlicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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lag und ab und zu mit dem Schwanz auf den Teppich klopfte.
    «Die Abhöraffäre, die Haltung der Partei, Walters Tod. Alles, was in den letzten zwei Wochen geschehen ist. Für mich ein Rätsel.»
    Während Felix May das Gespräch protokollierte, behielt Vincent die Witwe im Blick, ihre aufrechte Körperhaltung, ihre kleinen Gesten. Sie hatte die Unterarme auf den Tisch gestützt, die Hände ineinandergelegt.
    «Wann haben Sie Ihren Mann zum letzten Mal gesehen?»
    «Vor genau einer Woche, am Abend seiner Ehrenwort-Erklärung. Wir haben lange geredet, es wurde spät. Ich habe ihn darin bestärkt, weiterzukämpfen. Deshalb hat er Osterkamps Angebot angenommen, in Düsseldorf zu wohnen. In der Höhle des Löwen. Um sich besser wehren zu können. Walter war ein großartiger Mann. Irgendwann wird die Republik erkennen, was sie an ihm verloren hat.»
    «Hielten Sie Kontakt?»
    «Wir haben fast täglich telefoniert, und er hat mir sein Herz ausgeschüttet.»
    «Worum ging es da?»
    «Um den Verrat der Parteifreunde, die es nicht erwarten konnten, ihn fallen zu sehen. Allen voran die Kanzlerin. Eine Diktatorin, eine Gefahr für die Demokratie! Ohne ihre Ermunterung wäre Driesbach ihm nicht in den Rücken gefallen. Diese blasse Figur soll jetzt Walters Nachfolger werden? Lächerlich!»
    «Was wollte Ihr Mann in der Schweiz?»
    «Das kann ich Ihnen nicht sagen. Er hat nur Andeutungen gemacht.»
    «Welche?»
    «Dass ihm eine Abfindung zustünde. So in etwa hat Walter es formuliert. Er wollte um seine Zukunft kämpfen, um seine Ehre.»
    «Wissen Sie, mit wem er die Reise unternommen hat?»
    «Mit Carmen Markowitz, einer Referentin aus der Staatskanzlei.»
    «Sie war seine Geliebte.»
    «Eines seiner Mädchen.» Ein leichtes Lächeln. «Ich weiß.»
    «Dank der Detektivin, die Sie den beiden hinterhergeschickt haben.»
    «Detektivin?» Frau Castorp ruckte nach vorn, die Stirn gerunzelt.
    «Das können Sie nicht abstreiten. Uns liegen die Observierungsfotos vor.»
    «Behauptet diese Person, ich hätte sie beauftragt?»
    Vincent las ehrliche Verwunderung in ihrem Gesicht, keine Spur von Angst oder Nervosität. Er wusste, dass es Menschen gab, die ihre Mimik im Griff hatten. Aber so gut?
    «Wie war Ihr Verhältnis zu Ihrem Mann?»
    «Es hätte nicht besser sein können. Er ließ mir meine Freiheit und ich ihm seine.»
    Vincent wartete.
    Die Witwe zuckte mit den Schultern. «Walter hat mir nichts verheimlicht. Wir haben einander alles erzählt. Eine Detektivin hätte ich nie benötigt.»
    Vincent erkannte weder einen Fluchtimpuls noch die Andeutung einer Abwehrhaltung. Kein Signal, das auf Anspannung oder Lüge hindeutete. Gab es so etwas tatsächlich, eine offene Ehe ohne Eifersucht und Streit?
    «Wir wussten, woran wir waren», fuhr Simone Castorp fort. «Vielleicht ist das für Sie schwer zu verstehen, aber unsere Partnerschaft stand nie in Frage.»
    Vincent blickte nach oben. Zahlreiche kleine Scheiben aus mattem Glas, die rund um eine Halogenbirne hingen, bildeten die Deckenlampe. Vincent streifte die nassen Schuhe ab und stieg auf den Stuhl. Rasch hatte er die Minikamera entdeckt, ein hellbraunes Teil, kaum größer als ein Daumennagel. Was wie eine erloschene Leuchtdiode aussah, war die Linse. Er riss das Teil von dem dünnen Draht, der es mit Strom versorgte, und legte es auf den Tisch.
    «Was ist das?», fragte Simone Castorp.
    «Eine Kamera mit Sender. Wie erklären Sie es sich, dass Ihr Mann das Haus damit verwanzt hat?»
    Das Handy vibrierte. Vincent hatte es stumm gestellt. Er kontrollierte das Display.
    Saskias Nummer.
    «Kurze Pause», sagte er zu Felix und Frau Castorp.
    Auf dem Weg in die Küche nahm er das Gespräch an. Er schloss die Tür hinter sich.
    «Danke, Vincent», sagte die WDR-Reporterin. «Alles im Kasten. Uniformierte, die beschlagnahmtes Material aus dem Stadttor schleppen, und ein Kollege von dir in Zivil, der ‹Kein Kommentar› in die Kamera sagt. Perfekt!»
    «Freut mich.»
    «Es gehen übrigens Gerüchte um.»
    «Sprich.»
    «Schließen wir einen Pakt, Vincent? Geben und Nehmen zum beiderseitigen Nutzen?»
    «Beiderseitig klingt gut.»
    «Es heißt, Carmen Markowitz hätte als Edelprostituierte gearbeitet, Escort oder so.»
    Vincent erinnerte sich an das Dossier, das Anna Winkler ihm zusammengestellt hatte. Auch darin waren Gerüchte erwähnt.
    «Gibt es Details? Zeugen, Belege?», fragte er.
    «Nein.»
    «Dann ist das nicht gerade …»
    «Man munkelt auch, Castorp sei in krumme Geschäfte

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