Schwarzlicht (German Edition)
er sauber war, und hob den Kopf an. Das Gesicht war blass und unverletzt.
Mike Dollinger, kein Zweifel.
Das Geschoss hatte ihn rechts unter dem Kinn getroffen, ein schwarzer Fleck, unscheinbar, Einsprengsel von Pulverteilchen rundherum. Fabri stülpte jeweils eine Tüte über die Hände des Toten, um weitere Schmauchspuren zu sichern. Vincent rief Staatsanwalt Kilian an, danach das rechtsmedizinische Institut der Heinrich-Heine-Universität: Die Obduktion des Exfußballers konnte noch heute stattfinden.
Thewissen präsentierte die Tatwaffe. Er hatte sie auf dem Beifahrersitz gefunden und bereits eingetütet. Zu Vincents Erstaunen handelte es sich um eine Beretta aus schimmerndem Edelstahl mit schwarzen Griffschalen. Feine Blutspritzer an der Mündung des Laufs.
Die Ceska des Ministerpräsidenten fand Vincent im Handschuhfach, daneben das Betriebshandbuch für das Fahrzeug. Alte Parkscheine, eine Kaugummipackung und Papiertaschentücher in der Türablage. Ansonsten war der Innenraum sauber.
Um den Kofferraum zu öffnen, musste Vincent im Handbuch nachschlagen. Er lernte, dass es in diesem Wagen einen Motor dafür gab. Die Heckklappe hob sich. Vincent traute seinen Augen kaum.
Zwei schmale Lederkoffer lagen vor ihm. Unverkennbar das italienische Fabrikat, dessen Foto in allen Zeitungen und rund um die Uhr in den Fernsehnachrichten gezeigt wurde.
Alle beiden Koffer – Vincent öffnete den ersten und blickte auf ein Häufchen Scheine. Längst nicht so viele, wie er erwartet hatte, und mehr von den Zweihundertern als von den ganz Großen. Er schätzte die Summe auf fünfzig- bis sechzigtausend Euro, vielleicht noch weniger. Laut Dollingers Freundin hätten es weitaus mehr sein müssen.
Im zweiten Koffer nichts als Zeitungen. Obenauf der Blitz von gestern. Walter Castorp ermordet!
«Guck dir das mal an!», rief Fabri vom vorderen Ende des Wagens.
Vincent gesellte sich vorsichtig zu ihm. Im weichen Boden hatte ein weiterer Wagen seine Spuren hinterlassen. Er hatte offenbar rangiert, um zu wenden. Fabri fotografierte das gut erhaltene Profil. Die Ränder waren trocken, aber noch nicht abgebröckelt, etwa so frisch wie die Spuren des Porsche Cayman.
«Wonach sieht es für dich aus?», fragte Vincent.
«Da ist jemand vorausgefahren. Die beiden Fahrzeuge halten hintereinander. Das zweite bleibt stehen, das erste fährt davon.»
«Sie könnten auch unabhängig voneinander hierhergekommen sein. Als Dollinger kam, war das erste Auto bereits weg.»
«Möglich. Aber dann hätte der andere nicht rangieren müssen. Sieh mal, er fuhr im deutlichen Bogen um den Porsche herum.»
Vincent bat die Tatortspezialisten, den Beifahrersitz abzukleben. Die Kollegen machten sich ohne Kommentar an die Arbeit.
Ein Räuspern in Vincents Rücken, er fuhr herum. Jupp Thewissen kaute auf seiner Unterlippe. «Braucht ihr uns noch?»
Im gleichen Moment nahm Vincent Blaulichtflackern wahr. Ein schwarzer Golf stoppte an der Absperrung. Die Beifahrertür sprang auf und knallte gegen einen Streifenwagen aus Mettmann.
Inspektionsleiter Thann stapfte auf Vincent zu. «Veih! Wie lautet die Anordnung des Polizeipräsidenten?»
«Ich untersuche hier den …»
«Sie untersuchen gar nichts! Kriminalhauptkommissar Becker leitet die Ermittlungen. Sie sind draußen, Veih. Wie oft soll ich Ihnen das noch sagen? Noch einmal zum Mitmeißeln: Ich entbinde Sie von Ihrer Arbeit!»
An der Fahrertür des Golfs stand Thilo Becker. Ein großes Pflaster klebte an seiner Wange. Er sah herüber, Triumph im Blick.
Thann stand im Matsch und wippte auf den Zehen. «Verschwinden Sie endlich! Wird’s bald?»
Vincent ging zu Becker. Auf dem schwarzen Dach blinkte noch immer die Rundumkennleuchte, ihr Magnetfuß fixierte sie auf dem Blech. Vincent nahm sie ab und drückte sie Becker in die Hand.
«Hast du keine Angst?», fragte Vincent.
«Etwa vor deinen aufgeblasenen Muckis?»
«Davor, dass eines Tages die Wahrheit herauskommt.»
«Die Wahrheit? Veih, du bist ein beschissenes Auslaufmodell!»
62
Vincent klopfte an die Tür zum Vorzimmer von Kripochef Engel und öffnete sie.
Die Sekretärin schüttelte den Kopf. «Der Kriminaldirektor ist gerade bei einer Papstaudienz.»
Stimmen auf dem Flur, Leute traten aus dem Büro des Polizeipräsidenten. Händeschütteln, Schulterklopfen. Schindhelm und Engel verabschiedeten einen großen, leicht gebeugten jungen Kerl, den Vincent schon einmal gesehen hatte – auf einem Foto, das die Paparazzo-Detektivin Emma
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