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Schwarzlicht (German Edition)

Schwarzlicht (German Edition)

Titel: Schwarzlicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Eckert
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stehen, in der Hand schwenkte er einen Einkaufsbeutel aus Stoff. Er blinzelte gegen das Sonnenlicht. «Parken Sie lieber woanders, junger Mann. Da drüben ist ’ne Demo. Nicht dass Ihr schöner Wagen noch was abkriegt.»
    Vincent vernahm Sprechchöre, angefeuert durch ein Megaphon. Hysterischer Radau hallte von den Hausfassaden wider, von wegen Schweigemarsch.
    POLIZEI-SA-SS!
    Die Brüller waren in der Minderzahl. Die meisten von ihnen trugen schwarze Sturmhauben mit Augenschlitzen oder Palästinensertücher, die sie bis über die Nase gezogen hatten.
    Im Näherkommen erkannte Vincent, dass sich an den Arkaden, unter denen es zum Eingang ging, uniformierte Kollegen formierten. Sie hatten auf Schild und Helm verzichtet, um nicht zu provozieren. Eine junge Demonstrantin verteilte Blumen an die Beamten. Eine Gruppe hatte sich untergehakt und sang We Shall Overcome .
    Unter dem Schild mit der Inschrift «Vor dem Gesetz sind alle Menschen gleich» war ein Kranz abgelegt worden. Dazu Blumensträuße und Fotos, die Amadeo Hunziker zeigten. Junge Leute entzündeten Windlichter.
    Vincent blickte sich um. Im Haus gegenüber der Festung war eine ausgelagerte Dienststelle untergebracht. Ein Fenster stand ein Stück weit auf, ein Kollege in Zivil filmte das Geschehen. Die Kamera war auf den Typen mit der Flüstertüte gerichtet, der dem autonomen Block als Einheizer diente.
    Gereckte Fäuste, heiseres Gebrüll:
    DEUTSCHE POLIZISTEN PRÜGELN WIE FASCHISTEN!
    Auf der anderen Straßenseite blieben Gaffer stehen. Nachbarn, Passanten, Fahrgäste der Rheinbahn, die ausgestiegen waren und wissen wollten, was los war. Ein Mädchen ging zu ihnen hinüber und verteilte Flugblätter, auf ihr T-Shirt war ein schwarzer Stern gedruckt.
    Vincent drängte sich weiter. Wenn er zu den Arkaden vordringen wollte, musste er an den Vermummten vorbei. Er bemerkte, dass einer von ihnen eine Zwille aus dem Hosenbund zog. Ein anderer ging in die Hocke, um zwischen parkenden Autos die Pflastersteine zu lockern.
    Im nächsten Moment ging es schon los: Steine flogen, Stahlkugeln, innerhalb von Sekunden splitterten mehrere Fenster des Polizeipräsidiums. Kollegen an der Absperrung bluteten, sie duckten sich hinter die Säulen, zogen ihre Schlagstöcke.
    Vincent schaute zum geöffneten Fenster hinauf. Jemand warf ihm einen Packen Kabelbinder zu. Mit fünf, sechs Schritten war Vincent bei dem Kerl mit der Zwille, drehte ihm den Arm auf den Rücken und fesselte ihn an einen Laternenmast. Als andere Vermummte auf Vincent aufmerksam wurden, musste er sich verdrücken.
    Tränengasschwaden machten das Atmen schwer. Offenbar hatten die Kollegen mit der Eskalation gerechnet. Aus drei Richtungen rückten Beamte der Einsatzhundertschaft heran, einige von ihnen schlugen zur Einschüchterung gegen ihre Schilde. Es kam Bewegung in die Menge, alles rannte durcheinander und schrie.
    Vincent entdeckte die Blumenverteilerin wieder. Die junge Frau hustete sich die Seele aus dem Leib und stolperte orientierungslos auf die Kollegen zu. Vincent verstaute den Rest Kabelbinder im Hosenbund, ergriff die Frau am Arm und führte sie weg aus dem beißenden Nebel, fort von den Steinen und Schlagstöcken, hinaus aus dem Getümmel, bis sie nahe der Rheinkniebrücke in Sicherheit waren.
    Auf den Stufen eines Hauseingangs ließ sich die Demonstrantin erschöpft nieder. «Schlechtes Karma», murmelte sie.
    Vincent musste an Emma Liebig denken, die Detektivin mit dem Tibet-Tick und den Geistesgiften.
    Er angelte sein Handy aus der Tasche und rief Nora an. Sie meldete sich sofort. «Ich wusste doch, dass du noch da bist», sagte er. «Wie steht’s?»
    «Von deinem Zimmer aus hab ich die beste Sicht. Unser Team ist eindeutig im Vorteil.»
    «Und sonst? Ist die Luft rein im zweiten Stock?»
    «Die Scheiben sind intakt, Tränengas krieg ich hier nicht ab.»
    «Du weißt, was ich meine.»
    «Thilo schwirrt noch herum, der Inspektionsleiter ebenfalls. Warte besser ’ne Weile, wenn du hier aufkreuzen willst.»
    «Nicht nötig. Du stehst in meinem Zimmer?»
    «Sag ich doch.»
    «Siehst du das schwarze Notizbuch mit dem Gummiband auf meinem Tisch?»
    «Ehrlich gesagt, hier liegt eine ganze Menge … Ja, jetzt hab ich’s. Führst du Tagebuch?»
    «Nur dienstlicher Scheiß.»
    «Was soll ich tun?»
    «In meinem Rechner steckt eine CD. Leg sie in das Buch und verschließ es mit dem Band.»
    «Hab ich. Und jetzt?»
    «Moment.» Vincent deckte das Handy ab.
    Er verabschiedete sich von der

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