Schwarzlicht (German Edition)
fatal wäre, wenn ein neuer Schwarzgeldskandal publik würde. Er konnte sich die Kohle aneignen und immer noch der Kanzlerin drohen.» Vincent fragte Markowitz: «Hat er Ihnen das Geld gezeigt?»
Sie nickte. «Die beiden Koffer waren gut gefüllt.»
«Wie viel etwa?»
«Acht Komma zwo Millionen Euro. Walter hat es im Hotelzimmer nachgezählt. Ich musste ihm dabei helfen. Er hatte sämtliche Nummernkonten geleert, auf die er Zugriff besaß.»
«Und dann haben Sie Dollinger brühwarm davon erzählt.»
«Aber ich konnte doch nicht ahnen, dass er Walter überfallen würde!»
«Wirklich nicht?»
Sie schniefte und sagte nichts.
«Wann haben Sie mit Dollinger über das Geld gesprochen?»
«Am Samstag. Wir haben fast jeden Tag miteinander telefoniert, wenn wir uns nicht sehen konnten.»
«Und später?»
«Ich weiß nicht, was Sie meinen.»
«Sie haben doch sicher auch nach dem Raubüberfall miteinander gesprochen.»
«Nein, haben wir nicht!»
«Das sollen wir glauben?»
«Hinterher hab ich mir denken können, dass Mike es getan hat. Ich war heilfroh, dass er mich nicht anrief, und ich hätte es niemals bei ihm versucht. Spätestens wenn Sie die Verbindungsdaten gecheckt hätten, wäre ein Verdacht auf mich gefallen. So läuft es doch, Telefondaten und der ganze Kram, hab ich recht?»
Vincent deutete auf die Umzugskisten. «In welchem Karton steckt Ihr Anteil?»
«Sie müssen mir glauben! Ich habe mit dem Überfall nichts zu tun!»
Er erinnerte sich an ihre anfängliche Ruhe, als er und Dominik sie zum ersten Mal in der Staatskanzlei befragt hatten. Als hätte sie tatsächlich nicht geahnt, dass Castorp tot war.
Vincent zog das Handy aus der Tasche. «Mal hören, wie das der Staatsanwalt bewertet.»
Markowitz entriss es ihm und verbarg es hinter ihrem Rücken. «Bitte, Herr Kommissar, ich flehe Sie an! Meine Eltern sind sehr altmodisch. Sie haben heute erst erfahren, dass ich für Walter mehr als eine Referentin war. Vom Chateau dürfen sie auf keinen Fall Wind bekommen!»
Vincent streckte die Hand aus.
«Sie haben es versprochen!», klagte die Blonde.
Er winkte mit den Fingern.
«Ich habe Ihnen doch lückenlos und aufrichtig …»
«Frau Markowitz.»
Sie legte das Handy zurück. Vincent bemerkte, dass sie zitterte.
«Sie hätten uns das alles sofort erzählen müssen. Gleich am Dienstag, als wir miteinander in Castorps Büro saßen. Durch Ihr Schweigen haben Sie Mike Dollinger gedeckt. Spätestens damit haben Sie sich strafbar gemacht.»
Über Markowitz’ Wangen flossen Tränen.
«Wer war Mikes Komplize?»
«Ich weiß es wirklich nicht.»
«Wo ist das übrige Geld? Mehr als acht Millionen Euro?»
Sie schüttelte den Kopf und schluchzte.
Vincent sah Dominik an. Der Junge verzog das Gesicht.
«Lösch alles, was mit dem Puff zu tun hat», sagte Vincent.
Markowitz hob den Blick und wischte sich eine Träne aus dem Gesicht. Der tragbare Drucker surrte. Drei Blätter. Vincent hielt der Frau einen Stift hin.
«Wir brauchen noch Ihr Autogramm. Lesen Sie das Protokoll sorgfältig durch. Wenn nötig, können Sie den Text handschriftlich korrigieren.»
Sie nickte und las. Schließlich kritzelte sie ihren Namen auf jede Seite.
Vincent nahm das Protokoll an sich. «Es liegt im Ermessen des Staatsanwalts, ob wir noch einmal auf Sie zukommen. Der Verdacht der Mittäterschaft ist noch nicht ganz ausgeräumt.»
«Was heißt das?» Angst in ihrem Blick, die Augen schimmerten.
Ich bin gar nicht hier, sagte sich Vincent. Offiziell ist das Thilo Beckers Job.
Er berührte die Frau an der Schulter. «Von mir aus können Sie nach Berlin reisen.»
68
Nachdem Vincent seinen jungen Kollegen zu Hause abgesetzt hatte, steuerte er noch einmal das Präsidium an. Er wusste jetzt, wie Mike Dollinger auf die Idee gekommen war, den Ministerpräsidenten zu überfallen. Und ihm war klar, warum Brennecke, Feist und die gesamte CDU-Spitze auf eine Verschleppung der Ermittlungen drängten. Man wollte einen Schwarzgeldskandal vermeiden.
Wäre nicht Castorps Blut geflossen, hätte der ehemalige Fußballprofi das perfekte Verbrechen begangen: Geld zu stehlen, das es offiziell nicht geben darf. Das also dem gehört, der es sich nimmt.
Gegen Ende des Fürstenwalls kam der Rheinturm in Sicht, davor an einer Kreuzung die rote Ziegelfassade der Festung. Vincent erspähte einen Pulk von Demonstranten und entschied, das Auto in der nächsten freien Parkbucht abzustellen und sich zu Fuß durchzuschlagen.
Ein Weißhaariger blieb
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