Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi

Titel: Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anni Buerkl
Vom Netzwerk:
hatte sicher noch ein paar Beutel, so
sehr sie diese sonst verabscheute. Doch sie waren nicht zu finden. Dann eben
grüner Tee, der konnte niemals schaden. Hier, Grüntee aus Formosa. Selbst im
Schlaf entsann sich Berenike der gesundheitsfördernden Wirkung, die diesem
Getränk zugesprochen wurde. Vitamin C war immer gut, ebenso wie die
Vitamine A, B12 und Mineralstoffe wie Kalium, Magnesium, Kupfer, Nickel,
Karotin und Fluor, gut für die Zähne. Und überhaupt, sie musste wach werden,
geistig und körperlich. In wachem Zustand musste sie aus dieser Geschichte
herausfinden, in die sie unversehens hineingeraten war. Wach, um Ragnhilds
Geheimnis zu ergründen, warum sie nicht mehr in den Salon kam. Hatte sie im
Hotel Seebrise so viel zu tun? Gut, die Hauptsaison fing an. Aber
trotzdem …
    Berenike nahm ihr edles Steingut-Kännchen aus der
chinesischen Region Yixing, in das sie direkt verliebt war. Es war teuer und
stand deshalb nicht im Salon, sondern bei ihr zu Hause. Die auch heute noch
häufig von Hand geformte Keramik ließ grünen Tee besonders gut zur Geltung kommen.
Das Kännchen vereinbarte Schönheit mit Zweckmäßigkeit, eine Kunst, die nur mehr
wenige Meister beherrschten, hatte sie sich sagen lassen.
    Während Berenike mit der Kanne hantierte, die Teeuhr stellte,
den zarten Duft des frisch aufgebrühten Getränks einatmete, der in Asien auch
›Schaum von flüssiger Jade‹ genannt wurde, flog ihr Blick zu den Zeitungen auf
dem Fensterbrett. Sie wollte sich den Teegenuss nicht mit der grausamen Lektüre
verderben, doch immer wieder landeten ihre Augen bei den Schlagzeilen der
letzten Tage. Die Seiten waren voll vom Tod des bekannten Politikers. Ein
Sympathieträger für viele. Man spekulierte über ein politisches Motiv. Viele
neideten Donner den Erfolg. Ein Killer wollte womöglich Unruhe stiften. Donners
Feindschaften mit Vertretern der etablierten Parteien waren legendär. Besonders
mit Friedemann Kaiser, dem Vorsitzenden der kleinen Partei Linke Opposition,
hatte sich Donner ständig Kämpfe geliefert. Der Anwalt war sogar vom
Mediensprecher der Linken Opposition abgewatscht worden, mitten auf der
Ringstraße. Das Ganze war als blöde Gschicht abgetan worden, weil keiner der
Beteiligten mehr nüchtern gewesen war. Die Medien kritisierten den Staat, der
seine Politiker nicht zu schützen vermochte. Unkenrufe wurden laut. Man sprach
von der Instabilität, die man auf die Osterweiterung der Europäischen Union
schob. Alle wussten es besser, man hatte nur nicht auf sie gehört. So hatte ein
Unschuldiger sterben müssen. Ein Boulevardmagazin kolportierte, einem wild
gewordenen Fan sei Donners Politik nicht weit genug gegangen. Donners bekannter
Ausspruch wurde zitiert: ›Ich bin auserwählt!‹ Als wäre er ein neuer Heiland.
Ein Lichtbringer. Gut, dass sie die Medienleute alle abgewehrt hatte bisher,
die sie seit Tagen belauert hatten. Einer hatte Berenike entgegengeschrien:
›Ich weiß, dass Sie mit Gilbert Donner noch ein Hühnchen zu rupfen hatten!‹ Sie
hatte nicht darauf reagiert und sich zu Hause verkrochen.
    Berenike lümmelte sich auf die altmodische Sitzbank. Frau
Gasperls ebenfalls unverheiratete Schwester hatte früher im oberen Stockwerk
gewohnt, sie war kurz vor Berenikes Umzug nach Altaussee verstorben. Berenike
hatte ihr Mobiliar übernehmen können. Nur eine Matratze und Bettzeug hatte sie
neu gekauft. Und Bilder aufgehängt. Beruhigende Bilder. Sie schloss die Augen.
Versuchte zu meditieren, irgendwie gelang ihr das nicht so recht. In ihrem Kopf
hüpfte Donners Bild auf und ab. Und Rabensteins. In Wien könnte sie
weiterforschen. Dort befand sich die Parteizentrale der Nationalen Bewegung.
    Wien.
    Tödliche Stadt.
    Dort starben Frauen, obwohl sie weiterlebten.
    Irgendwann musste sie die Metropole wieder betreten. Heimat,
diesen verlassenen Ort.
    Sie musste Näheres über Donner herausfinden. Über seine
Verbindungen. Seine politischen Aktivitäten.
    Die Erinnerung überschwemmte wieder ihren Kopf. Zum
tausendsten Mal fragte sie sich, was anders zu machen gewesen wäre.

     
    *

     
    Berenike konnte sich später nie daran erinnern,
wie sie aus dem IZD-Tower zur U-Bahn-Station gekommen war. Sie musste gerannt
sein. Den Rock übers Knie hochgeschoben, ohne Schuhe, so hastete sie zu einem
in der Station stehenden Zug. Eine Frau neben dem Eingang drehte sich weg.
Berenike setzte sich. Ihr Knie pochte vor Schmerz. Der Druck im Hals

Weitere Kostenlose Bücher