Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
Innenwärts.
»Was macht das Schreiben?«
»Könnte besser sein. Mir fehlt die Zeit.«
»Jonas? Are
you coming?« Shanna betrat den Garten der Konditorei. »I need my sugar and
caffeine, you know that, sweetheart!« Eine Kellnerin bemalte eine Tafel
mit der Aufschrift ›Wochenangebote‹. Es gab Erdbeerjoghurttorte, aber auch
Erdbeerbowle. Bingo! Das brachte Berenike auf eine Idee. Sie hatte doch
irgendwo ein Rezept für Bowle aus grünem Tee …
»Hang on,
I’ll be there in a moment.« Seine Augen blitzten. »Wir sehen uns,
Frau – Roither – Berenike, ja?«
Sie nickte. Da war sie wieder. Die Wärme im Bauch. Gelb und
rot und orange.
Berenike sah Shanna mit der Kellnerin sprechen, ohne etwas zu
verstehen. Jonas trat zu ihr hin. Das Lächeln war aus seinem Gesicht
verschwunden.
Vor ihrem Salon traf Berenike auf Helena. Die
Gaifahrerin parkte gerade ihren grünen Lieferwagen. Im Lokal lief klassische
Musik, ein paar Tische waren besetzt, Susi servierte fleißig. Berenike
schlüpfte schnell in ihren Shalwar Kameez.
»Berenike, stell dir vor, wer abgereist ist!« Helena stand
abwartend da.
»Wer denn?« Berenikes Gedanken waren bei Jonas. Sie
überlegte, was er mit Shanna zu tun hatte, welche Art von Verhältnis sie
verband. Doch das ging sie ja alles nichts an. Eigentlich. Sie versuchte sich
auf das zu konzentrieren, was Helena gesagt hatte.
»Stürmer ist weg.«
»Was? Wer?«
»Anton Stürmer, ich hab dir doch erzählt, dass er in der
Seebrise abgestiegen ist.«
»Ach so, der.«
»Er hat sich in der Hotelhalle aufgeführt, als wär er von
einer mexikanischen Giftspinne gebissen worden! Hektisch, ein
Herzinfarktkandidat. Draußen ist er mir vors Auto gerannt und hat mich
beschimpft. Mich! Wo ich immer defensiv fahre.«
»Moment, Stürmer ist abgereist? Und das kurz, nachdem man
Donner ermordet aufgefunden hat?«
»Sag ich doch. Wo hast du deine Gedanken heute?«
Berenike griff nach einem Brotkorb, stellte ihn wieder
hin. Schmerz wühlte hinterhältig in ihr, wenn sie an Shanna und Jonas dachte.
Eifersucht, wie lächerlich. Es gab kein Eigentum an Menschen, Monogamie war
out, das wusste sie doch.
»Magst du Tee, Helena?« Berenike kramte nach dem Buch mit den
Teerezepten. »Oder warte, ich möcht, hier ist das Rezept. Bowle aus grünem Tee
mit Limetten. Und Zitronenmelisseblättern. Das hört sich lecker an, oder?«
»Ja, aber ich muss weiter, leider. Ich bin heute spät dran.
Bis bald!« Helena drängte sich an hereinkommenden Gästen vorbei ins Freie. Ein
Mann brauchte Beratung von Berenike, er suchte ein Buch über das Ausseerland,
ein Mitbringsel sollte es sein, unterhaltsam vor allem. Während der Mann
zahlte, wurden die Nachrichten im Radio angekündigt. Der Gradieranlagen-Mord
war wieder einmal Aufmacher. Die Parteisoldaten der Nationalen Bewegung
kämpften mit allen Waffen, damit der Fall nicht aus der Öffentlichkeit
verschwand. Gerechtigkeit forderten sie – aber es hörte sich mehr nach
Rache an. ›Wir haben unseren Führer verloren‹, so der O-Ton von Parteisekretär
Günter Pflaum. Eine trainierte Stimme, gut geölt. ›Einen erhabenen Mann großer
Weisheit, wer kann je wieder gutmachen, dass Österreich nun ohne ihn auskommen
muss?‹ Berenike hätte sogar eine Belohnung dafür ausgesetzt. Selten hatte
jemand den Tod so sehr verdient.
Als sie die Eingangstür öffnete, blickte sie in ein Mikrofon.
»Frau Roither! Michael Lang vom ORF-Landesstudio Steiermark. Wir begleiten eine
Delegation hochrangiger Politiker bei einem Lokalaugenschein anlässlich der
mörderischen Vorkommnisse. Welche persönliche Verbindung haben Sie zu den
Morden?«
Die Gäste glotzten. Der Mann mit dem Buch wollte an der
Menschenmenge vorbei ins Freie flüchten.
»Kein Kommentar.« Das zumindest hatte Berenike gelernt. Sie
schlug die Tür zu und sperrte von innen ab. Die verbliebenen Gäste starrten sie
an. Irgendwo läutete ein Handy.
19
Eis mit grünem Tee
›Willkommen in Wien Westbahnhof. Sie befinden
sich auf Gleis sieben.‹ Die Lautsprecherdurchsage schepperte, die
Menschenmassen wälzten sich schnatternd den Bahnsteig entlang, durch die
Kassenhalle zu den Ausgängen. Vor dem Bahnhof nahm Berenike das Großstadtchaos
gefangen. Die Autos zischten, die Straßenbahnen bimmelten. Zu viele Menschen
mit ihrem Schweißgeruch. Kein Lüftchen war zu spüren, nicht die winzigste
Brise. Ihre Füße fühlten sich schon jetzt vor Erschöpfung lahm
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