Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
haben.«
»Einen anonymen Hinweis?«
»Ja. Wegen der Hygiene im Lokal. Sie haben alles überprüft.«
»Alles überprüft, aha.« Berenikes Blick flog über den
Schriftzug des Astro-Geschäfts gegenüber. »Was alles?«
»Den Bescheid bekommst du schriftlich. Eins kann ich mir
nicht erklären – deshalb rufe ich dich an – ich kann mir nicht
vorstellen, wie die tote Maus in den Geschirrspüler kommen konnte!«
»Eine tote Maus?«
»Ja. Die muss schon lang dort gelegen sein. Eklig. Total
verwest.«
»Verwest.«
»Ja. – Berenike? Bist du noch dran?«
Eine tote Maus. Jemand musste ihr die untergeschoben haben.
Sie achtete geradezu peinlich genau auf Sauberkeit. Wenngleich … Sie
dachte an den Tag, als sie diesen komischen Geruch wahrgenommen hatte, kurz
nach Rabensteins Tod.
»Bist du sicher, dass es eine Maus war?«
»Ja, was glaubst du denn? Man hat den Mäuseschwanz erkennen
können.«
»Dann ist es ja gut.« Hinter Berenike öffnete sich das
Haustor. Ein Mann im dunklen Anzug trat heraus. Missbilligender Blick auf
Berenike, dann zum Himmel. Er spannte seinen großen Schirm auf, Leute wie er
hatten immer die richtige Ausrüstung mit. Berenike wich auf die Fahrbahn aus,
einen Schritt nur.
»Bist du noch dran, Berenike?«
»Ja, ja, Susi.« Wer hatte ihr diese Leiche untergeschoben?
Sie hörte Reifenquietschen, bevor sie das rosa Auto sah. Mannerschnittenrosa.
Vor Schreck ließ sie das Handy fallen. Es knallte auf den Asphalt. Regenwasser
spritzte hoch. Dann erst spürte sie den Schmerz an ihrer Hüfte.
»Deppat oda was?« Eine schrille Frauenstimme.
Fensterscheibensurren, rausgelehnter Pagenkopf.
»Rolanda?«
Neuer Haarschnitt, windzerfetzt, Cabriogefahr. Tasche auf dem
Beifahrersitz.
»Sind Sie lebensmüde? Was rennen Sie mir vor den Kühler?«
»Rolanda, bitte – was machst du hier?«
»Kennen wir uns?«
»Rolanda … ich … Rolanda?«
»Bedaure.«
Herzklopfen. Berenike bückte sich nach ihrem Handy. Klaubte
den rausgesprungenen Akku auf.
»Gehen Sie aus der Spur, ich habe dringende Termine.«
Motoraufheulenlassen. Flinke Blicke, funkelnd auf Berenike geworfen. Die Frau,
die Berenike für Rolanda hielt, fuhr an. Zur Seite springen. Berenike zwang
ihre Beine, weiterzugehen. Ein Fuß vor den anderen. Ihr Körper hätte sich
umgehend irgendwohin gelegt. Doch da waren die Schranken der bürgerlichen
Erziehung. Man setzt sich nicht auf die Straße. Da ist es schmutzig und nass.
Erst wenn der Körper vom Gehirn keine Befehle mehr entgegennimmt, erst wenn
diese Schranken fallen … Weitergehen, einfach weitergehen!
Was für ein komisches Gerede von Rolanda. Lebensmüde, das
verstand Berenike nicht. Ausgelaugt war sie. Erschöpft. Wollte sich
verkriechen, irgendwo, wo es kühl war und dunkel. Schmerz, der mehr war, als
gestürzt zu sein. Berenike straffte den Rücken. Später. Später konnte sie
rasten. Erst galt es, diesen Fall zu klären. Weil die Polizei wieder einmal
unfähig war, einen Täter zu fassen. Und dieser wiederum …
Genau. Sie war der richtigen Spur näher, als dem Mörder lieb
war. Erst der Drohbrief, die Maus – jetzt eine Attacke auf ihr Leben. Sie
sollte wohl die dritte Tote sein. Berenikes Kopfhaut kribbelte, wie
elektrisiert. In einem Schaufenster kontrollierte sie ihr Erscheinungsbild. Ein
bisschen gräulicher Schmutz auf dem Hemd, das würde man hoffentlich nicht
sehen. Mit den Fingern fuhr sie durch die Haarsträhnen. Verstrubbelt waren sie
und widerborstig vom getrockneten Schweiß. In der Ferne sah Berenike einen rosa
Wagen um die Ecke Richtung Museumsquartier verschwinden.
23
Wenn wir
eine Schale mit dem grünem Tee in unsere Hände nehmen und ihn trinken, dann
fühlen wir auch uns eins mit der Natur – und da ist Frieden. Diesen
Frieden teilen wir, indem wir anderen eine Tasse Tee anbieten. (Soshitsu Sen)
Vor dem Plutzerbräu hätte Berenike am liebsten
umgedreht. Plötzlich empfand sie Widerwillen angesichts der Superlustigen, die
sie gleich erwarteten. Es war vielleicht doch keine so gute Idee gewesen,
herzukommen. Noch einmal klopfte Berenike im Dunkel ihre Hose ab. Lachen drang
aus dem Bierlokal, leicht wie die letzten Regentropfen. Sie trat von einem Bein
aufs andere, für ein Mantra war das hier nicht der richtige Ort.
Na gut, dann eine Runde um den Häuserblock drehen. ›Du
siehst, was du siehst‹, versuchte sie sich auf das Hier und Jetzt zu
konzentrieren. Lange war sie nicht
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