Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
wie ihre Mutter sie beobachtete.
»Berry? Was geht hier vo-or?«
»Das werde ich herausfinden.«
Sie hatte ihre Mutter nur in die Basics eingeweiht. Zwei
Tote, einer davon Donner. Ihre Mutter hatte gegrinst, als der Name des
Gehassten fiel. Ihr Siegesgeheul hätte Winnetou zur Ehre gereicht. Obwohl
Berenike selbst so dachte, hatten sie die Schreie ihrer Mutter befremdet.
»Mama, please. Horch zu. Mama?«
»Ja, Berry, was denn?« Rose drehte die Bierflasche in den
Händen. Sie war leer. »Willst du – auch einen Schluck Bier?« Sie starrte
zu Berenike hinüber.
»Nein, danke, aber das weißt du.«
»Ja. Was wirst du tun?«
Wenn sie das wüsste!
»Willst du zur Polizei gehen?«
»Wegen der Notiz?«
»Ja – wirst du?«
»Nein. Man wird mir nicht glauben.«
Eine Alkoholikerin, die einen Drohbrief bekam, darin ein
sinnloser Text. Die Kieberer würden ein Grinsen aufsetzen. Vor Berenikes Augen
flimmerte es. Sie nahm den Zettel, um ihn einzustecken. Ihre Hand rutschte von
der Schnalle ihrer Tasche ab. Sie wurde also wieder bedroht. Von wem? Wer
wollte sie einschüchtern?
Rose tapste zum Fernseher. Nur wenn man sie gut kannte,
wirkte sie wackelig. Laute Stimmen erklangen. Eine Reportage zur kommenden
Wahl. ›Ohne ihren Meister und Gründer, ohne Gilbert Donner …‹
»Ich leg mich kurz hin, Mama.«
»Aha, ja. Soll ich dir einen Käsepappeltee machen?« Rose
starrte auf das Fernsehbild. »Es müsst noch einer von dir früher …« Sie
blickte Berenike fragend an.
»Mh – ich weiß nicht.«
»Der hat dir immer gutgetan.«
»Allright.«
Rose stand auf, drehte den Fernseher lauter. ›Durch den Mord
an Gilbert Donner‹, plärrte die Stimme des Reporters, während Berenike durchs
Vorzimmer ging, ›ist die Nationale Bewegung führerlos geworden.‹ Aus der Küche
drang metallisches Rumpeln. ›Alles wird neu, heißt es aus den Reihen der
Partei. Wir bringen einen Stimmungsüberblick.‹
Berenike schloss die Tür hinter sich. Die Stimme aus dem
Fernseher kam ihr vage bekannt vor, aber sie war zu erschöpft, um weiter
darüber nachzudenken. Leise öffnete sich die Tür, Rose stellte eine große Tasse
mit Blümchenmuster auf den Tisch neben dem Bett. Ebenso leise drückte sie die
Tür hinter sich wieder zu. Am Fenster bewegte sich der Vorhang im warmen Wind.
Wie fremd sie sich in ihrem alten Zimmer fühlte! Selbst der Straßenlärm war
ungewohnt. Die Tapeten wirkten trotz ihres rosa Musters grau, das Holz der
Möbel abgestoßen. Egal. Aus der Tasche holte Berenike ein Papiersäckchen mit getrockneten
Kräutern hervor. Sie hielt kurz die Flamme eines Feuerzeugs an ein Salbeiblatt.
Es war so welk, dass es am Rand rot aufglühte. Würziger Rauch kräuselte sich
unter ihrer Nase. Sie wedelte den Qualm in die Zimmerecken. Dann legte sie
sich, so wie sie war, aufs Bett. ›Geh weg, sonst bist du im Eck‹, dachte sie
noch. Dann schlummerte sie ein.
22
Der Tee weckt den guten Geist und die weisen
Gedanken.
Er erfrischt Deinen Körper und beruhigt Dein Gemüt.
Bist Du
niedergeschlagen, so wird Tee Dich ermutigen.
(
Dem mythischen Kaiser Shen Nung, 2737-2697 v.Chr., zugeschrieben.)
Der
Erzherzog-Johann-Jodler, mitten auf der Burggasse. Wo war das verflixte Handy?
Ein Auto hupte. Berenike hatte länger gedöst als geplant, dafür musste sie
jetzt hetzen. Super. Immerhin fühlte sie sich von ihrem Nickerchen angenehm
erfrischt. Eine Weile hatte sie überlegt, was sie zu dem Treffen mit ihren
alten Kolleginnen und Kollegen anziehen sollte. Ein Businesskostüm kam nicht
infrage, die hatte sie ohnehin ausnahmslos weggegeben. Ihre Gewänder aus aller
Welt befanden sich im Teesalon in Aussee. Letztlich hatte sie sich in eine
bequeme Hose aus Naturbaumwolle geworfen, die sie selbst schwarz eingefärbt
hatte. Dazu trug sie ein violett gebatiktes T-Shirt. Hoffentlich würde sie überhaupt
jemand wiedererkennen. Zumindest hübsche Schuhe hatten es sein müssen, das
wurde bald schon zum Fetisch. Jetzt fing es zu allem Überfluss noch zu regnen
an, die Luft kühlte aber noch nicht ab. Sie huschte in einen Hauseingang, und
fand endlich das Telefon, es steckte wie üblich in der hinteren Hosentasche.
»Roither?«
»Griaß di, Berenike, hier ist die Susi.«
»Servus, Susi! Wie läufts?«
»Geht so. Du, ich fall gleich mit der Tür ins Haus. Es waren
welche da, von einem Amt. Marktamt, haben sie gesagt. Und dass sie einen
anonymen Hinweis bekommen
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