Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
für Balescus Anfrage zu machen. Wieder sah sie
zur Linde. Ihr war, als sehe sie ein Gesicht. Das Gesicht einer Göttin. Denk an
das Geld!, flüsterte es. Plötzlich wirkte das ganze Leben süß und
verführerisch. Eine Riesenlast fiel von ihren Schultern. Dankbar zwinkerte
Berenike zurück. Kurz darauf schickte sie das fertige Angebot ab.
Dann kontrollierte sie die Lebensmittelvorräte in der Küche.
Grüner Salat gammelte vor sich hin, sonst herrschte Leere im Eiskasten. Sie
musste grinsen. Welcher Yogaschüler erreichte das schon! Sie verglich mit den
Tischreservierungen im Kalender. Für morgen Mittag hatte sich eine Gruppe von
zehn Personen angesagt, irgendein Outdoor-Seminar. Sie würde Salat kaufen, Tofu
braten, vielleicht bekam sie Sojasprossen, dazu ein Dressing mit Sesampaste.
Berenike kritzelte eine Liste auf ihren Block. Sie sah nach draußen. Stand sie
noch in der Gunst der Göttin? Sie starrte hinaus, aber der Baum war nur ein
Baum. Das Läuten des Telefons unterbrach ihre Gedanken.
»Roither, guten Tag?«
»Balescu von East-West-Trade, spreche ich mit Frau Roither?«
»Guten Tag, Herr Balescu!«
»Sie haben mir eben Ihr Angebot zugesandt«, der Mann sprach
langsam und gedehnt. »Es gefällt mir sehr gut. Ich möchte ein paar Einzelheiten
mit Ihnen durchgehen.«
»Gern. Was kann ich für Sie tun?«
»Das Wichtigste, wir brauchen ein absolut erstklassiges Boot.
Es muss geräumig sein, bequem und diskret. Einer meiner Gäste stammt aus dem
Oman und ich möchte ihm das Beste bieten. Sie verstehen?«
»Natürlich. Wir werden für Sie ein stilvolles Ambiente
inszenieren.«
»Danke. Die Kosten spielen natürlich keine Rolle. Setzen Sie
sämtliche Spesen einfach auf die Rechnung. Ich sende Ihnen gleich die
Bestätigung für meinen Auftrag.«
Kurz darauf spuckte das Faxgerät die Bestätigung mit Balescus
Unterschrift aus. Er war ohne weitere Verhandlungen mit dem vorgeschlagenen
Basishonorar einverstanden. Berenike erinnerte sich an die Tugenden des
Eventmanagements und stellte eine Liste zusammen mit allem, worum sie sich
kümmern musste. Sie brauchte ein Boot, Essen, Getränke, Raumausstattung.
Daneben listete sie Zulieferer auf, die sie für die einzelnen Punkte
kontaktieren wollte. Zufrieden schaltete sie den PC ab. Zeit für den
Wochenmarkt in Bad Aussee. Das bunte Treiben gefiel ihr immer wieder, man traf
Bekannte, das Angebot an Gemüse, Brot und Käse war frisch und lecker. Auch Sepp
zahlte und verließ das Lokal. Sie würde kurz zusperren … Ausgerechnet
jetzt tauchte Helena auf.
»Helena, euer Brot ist meine Rettung. Neulich in Wien ist mir
so schlecht geworden. Ich hab mich mit Toastbrot aus dem Supermarkt
vollgestopft und war trotzdem nicht satt.«
»Heut bin ich spät dran, Berenike, entschuldige.« Die
Gaifahrerin hob eine Kiste mit Brot aus dem Lieferwagen. »In der Seebrise
habens mich so lange aufgehalten. Dort ist die Hölle los. Ragnhild Gaiswinkler
soll verschwunden sein. Samt irgendwelcher Kohle. Du bist doch mit ihr
befreundet?«
As if she knew …
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Des Teewegs Urgrund: Wasser sieden, Tee
schlagen und ihn mit aufrichtigem Herzen trinken. Mehr nicht! (Sen no Rikyu,
japanischer Tee- und Zenmeister, 1522-1591)
»Hilfe!!!«
Ein Schauer kroch Berenikes Wirbelsäule nach oben. Nichts
ahnend hatte sie das Telefon abgehoben. »Wer ist da?« Eben war sie vom Tanz mit
den Elementen in den Salon zurückgekehrt. Nackte Füße auf der puren Erde am
Salzberg in Hallstatt, sie hatten zum Rhythmus balinesischer Trommeln getanzt.
Ein unheilvolles Knacken aus dem Hörer, dann ein Tuten. Welches Schwein legte
nach so einem Anruf auf? Auf der Anzeige nichts als Sternchen. Lächerlich, was
brachte der ganze Technikkram heutzutage, wenn die Leute nicht offenbarten, wer
sie waren?
Jetzt kam wieder alles gleichzeitig. Erst die Geschichte
mit Ragnhild, die sich in Nichts auflöste wie ein nordischer Elf. Man
behauptete, sie sei mit den Tageseinnahmen aus dem Hotel Seebrise verschwunden.
Und jetzt der telefonische Hilferuf von jemand Unbekanntem! Starr blieb
Berenike neben dem Telefon sitzen. Nach einer Ewigkeit schreckte das Läuten sie
neuerlich auf. Sie streckte den Arm aus, griff daneben, bekam den Hörer kurz zu
fassen, er rutschte ihr aus der Hand, knallte gegen die Tischplatte.
»Hilf mir.«
»Wer ist da? Ich verstehe nichts.« Es rauschte in der
Leitung. Womöglich ein Anruf aus Rumänien. »Herr Balescu, sind Sie
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