Schwarztee - Tatort-Salzkammergut Krimi
trauen.«
»Verstehe, aber wieso dann mir?«
»Ich muss mit jemandem sprechen. Sie waren freundlich zu mir.
Mein Darling, also, Robert, er …«, Berenike hörte ein Schniefen im Hörer,
dann raschelte Papier. »Die Unterlagen, also dieser Artikel, ja?«
»Ja?«
»Sie liegen bei eine Anwalt, ich habe es heute erfahren. Die
Sache wird in seine Testament erwähnt. Er hat alle Informationen bei eine
Wiener Rechtsanwalt hinterlegt.«
»Wer …«
»Soll ich Ihnen die Name vorlesen? Ich spreche sie vielleicht
falsch an.«
»Aus.«
»Ja, aus. Gilbert Donner.«
»Wie bitte?«
»Donner.«
»Ich hab Sie schon richtig verstanden. Aber Shanna, wissen
Sie nicht …?«
»Nein, was?«
»Haben Sie keine Zeitung gelesen?«
»Nein, warum? Ich hatte kein Kraft.«
»Shanna, der Anwalt ist tot! Er wurde ermordet.«
»Wie meine Sweetheart?«
»Ja. Ebenfalls vergiftet.«
»Shit. Deshalb hat in die Kanzlei niemand mit mich
gesprochen.«
»Sie haben dort angerufen?«
»Ja, aber man hat mir – wie sagt man? –
abgewimmelt?«
»Abgewimmelt, genau. Wer hat Ihren Anruf entgegengenommen?«
»Eine Frauenstimme. Ausflüchte ich habe gehört.«
Die widerliche Sekretärin der Nobelkanzlei, mit Sicherheit.
Berenike erinnerte sich an das blonde Luder, angejahrt, eitel. Mit
Stöckelschuhen und einem Theatergrinsen im Gesicht, das sie nur ihrem Chef
schenkte.
»Shanna, ich weiß nicht, wie ich Ihnen helfen kann …«
»Natürlich. Ich will Sie nicht belästigen.«
Berenike beendete das Gespräch. In der Küche lag noch das
Sieb mit den Senchablättern. Sie rührte eine Gesichtspackung damit an, dazu
benötigte sie nur Ei, Honig und Topfen. Sie patschte sich alles ins Gesicht und
legte sich auf die Couch im Wohnzimmer. Die Maske roch erfrischend nach dem
grünen Tee, aber das half jetzt nicht weiter. Nicht nach den neuen
Informationen. Die waren ein Hammer. Rabensteins Artikel über Beppo Haim befand
sich in der Obhut des ermordeten Anwalts. Die Papiere lagerten wahrscheinlich
nach wie vor in seiner Kanzlei, in einem der dicken Tresore, in dem
Rechtsverdreher ihre Akten verstecken.
Mit geschlossenen Augen ertrug Berenike Spades nach Milch tretende
Katzenpfoten auf ihrem Bauch und versuchte dabei, nachzudenken. Sie musste
entscheiden, was als Nächstes geschehen sollte. Sie setzte sich unter dem
empörtem Blick des Katers halb auf. Sie hatte doch geschworen, die Ermittlungen
der Polizei zu überlassen. Aber sie schien die einzige zu sein, der Shanna
vertraute. Also musste sie sich etwas einfallen lassen. Die Angelegenheit war
verquer. Zu ärgerlich, dass sie die restlichen Seiten von Rabensteins Artikel
immer noch nicht kannte.
Nein, es war keine Ruhe zu finden. Sie schob die Katze neben
sich auf das Sofa, erhob sich und wusch sich im Bad die Maske aus dem Gesicht.
In der Küche stellte sie Wasser auf. Ein Tee für die Nerven, das wäre
jetzt – eine Tasse glitt ihr aus den unruhigen Händen und zerbrach auf dem
rot gekachelten Küchenboden. Sie kehrte die weißen Scherben auf. Besser, sie
fuhr in den Salon und redete mit Susi. Tee trinken mochte sie dort sowieso am
liebsten. Vielleicht hatten sie gemeinsam eine Idee, wie sie weiterforschen
konnten. Berenike wollte nicht aufgeben. Nicht, weil eine blöde Sekretärin sich
verweigerte. Auf dem Weg nach unten hörte Berenike Schlagermusik aus Frau
Gasperls Räumen.
Sie fragte sich, ob Shanna MacLeod wirklich nichts vom Tod
des Anwalts geahnt hatte. Der Fund seiner Leiche in der Gradieranlage war
Tagesgespräch gewesen. Erst gestern war durchgedrungen, dass man ihn mit
Blausäure vergiftet hatte. Die Polizei hatte die Information nicht mehr
zurückhalten können. Jetzt wussten alle, die fernsahen, dass der Anwalt innerlich
erstickt war, weil seine Zellen durch das Gift den Sauerstoff nicht mehr
aufnehmen konnten. Seine hellrot verfärbte Haut und die roten Leichenflecken
waren ein eindeutiger Hinweis gewesen. Donner musste innerhalb weniger
Augenblicke gestorben sein. Kopfschmerzen, Schwindel, Erbrechen, Krämpfe,
Hyperventilation, Atemstillstand, Bewusstlosigkeit und Herzstillstand, so
hießen die unrühmlichen Stationen vor seinem Tod. Cyanwasserstoff – im
Fernsehen nahm niemand den Namen ›Zyklon B‹ in den Mund. Unter dieser
Bezeichnung war das Schädlingsbekämpfungsmittel in den Konzentrationslagern bei
der Ermordung von Juden zum Einsatz gekommen. Komisch, jetzt, da die Details
ausgesprochen waren, konnte
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