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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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thätest Maul und Augen aufreißen.«
    Diese Zeichen der höchsten Aufmerksamkeit waren jetzt an Florian, denn der Geometer trat mit seinen beiden Kollegen in die Stube. Sie gingen nach dem Verschlägle, wo der Tisch für sie gedeckt war.
    Florian ergriff sein Glas, stieß mit seinen beiden Freunden an und sagte: »
à votre santé!
«
    Der Kaspar, der so aufmerksam zugehört hatte, war schnell den Eintretenden entgegen gegangen und trug ihnen nun ein Licht voraus. Florian zwirbelte seinen Schnurbart und fragte dabei den Constantin leise:
    »Welcher ist's?«
    »Der schäg, mit denen langen Haar', wo zuerst 'reinkommen ist.«
    Eine Weile herrschte Stille in der ganzen Stube, man hörte nichts als das Klappern der Messer und Gabeln hinter dem Verschlägle.
    Constantin begann aber alsbald zu singen:
     
    Der Herr Geometer
    Der hat krumme Bein!
    Sie sind halt net gräder,
    Gezirkelt muß sein.
     
    Ein schallendes Gelächter erfüllte plötzlich die Stube, dann aber trat wieder eine Stille ein, auch drinnen im Verschlägle hörte man keinen Laut.
    Florian stand auf und sagte zum Sepple: »
comment vous portez vous, monsieur le géomètre?
«
    »
Quadutta loing,
« erwiderte der Sepple, der unter erneuertem Gelächter in Einem fort kauderwelschte.
    »Ich gratulir' zu deinem neuen Amt,« sagte Constantin, indem er den Pinsel vom Schwenkkübel herbeibrachte, »da vermiß mir einmal den Tisch; man braucht keinen Verstand dazu, sonst könnten's gewisse Leute nicht.«
    Unter immer erneutem Gelächter vollzog der Sepple die Tischvermessung, das Bärbele aber kam herbei und sagte:
    »Lasset die Possen, machet eure Späss' an einem andern Ort; sei ruhig Sepple oder marschir' dich.«
    Der Sepple schlug auf den Tisch und welschte ganz grimmig. Unter der Thüre des Verschlages erschien der Steinhäuser, der zu der Creszenz ging, seine zwei Kameraden hielten ihn, denn er wollte gerade auf den Burschen los; auch Kaspar suchte ihn zu beruhigen, und als es ihm einigermaßen gelungen war, trat er auf die Drei zu und sagte mit größerer Entschlossenheit, als man vermuthen mochte:
    »Ich will euch 'was sagen: in meinem Haus dürfen so Sachen nicht ausgeführt werden, trinket ruhig, was ihr habt, oder ich weis' euch, daß vor der Thür' Draußen ist. Ich lass' keine Gäst' beleidigen, jetzt habt ihr's gehört, in meinen vier Wänden bin Ich Meister. Es ist mir Jeder lieb und werth, aber Ordnung muß sein.«
    »
Juste,
schon recht,« sagte Florian, »ich werd' die Leut' schon an einem andern Ort treffen. Hörst du's da drüben, du krummer Bub, wenn du noch einen Tritt zur Creszenz thust, schlag ich dir deine krummen Spazirhölzer lahm, nachher kannst dein' Meßstang' als Krück' nehmen.«
    »Er elender Gesell!« schimpfte Steinhäuser, vor den sich Kaspar als Schild gestellt hatte; Florian wollte auf ihn los und fluchte: »Kotzbluestkreuzmalefiz
foudre de Dieu!«
Der Kaspar schleuderte ihn zurück; Constantin war klug genug und wehrte ab.
    So verließen nun die Drei das Haus, der Sepple folgte ihnen bald nach.
    Auf der Straße schwuren die drei Kameraden, nie mehr in den Adler zu gehen. Der Florian wollte alsbald noch einmal hinein, er sei dem Adlerwirth noch 'was schuldig geblieben, er müsse ihm 'raus bezahlen.
    »Kreuz Sack am Bändel, 1 da bleibst,« sagte Constantin, »bei dir ist noch allfort gleich Dreiviertel auf Mordjo. Gib jetzt Frieden, wir wollen den Geometer schon hinlegen, daß er nimmer an die Auferstehung der Beine glauben soll.«
    Man beruhigte sich, und zum Spaße, da heute nichts mehr anzufangen war, bellte der Studentle noch wie ein geschlagener Hund durch das ganze Dorf und machte dadurch, wie er es nannte, alle Hunde in den Häusern rebellisch.
     
Fußnoten
     
    1 Beschönigender Ausruf für Sakrament.
     
     
3.
Ein Alltagsleben am Sonntag.
    Andern Tages kleidete sich Creszenz nicht sonntäglich an, um nach der Kirche zu gehen, sie klagte über Unwohlsein und blieb zu Hause.
    Als der Schneiderle aus der Kirche zurück kam und den Aufzug seiner Tochter sah, sagte er:
    »Was ist das? Still sag' ich, einmal und millionenmal,« fuhr er fort, ehe noch Creszenz antworten wollte. »Gelt, dir ist nicht recht just, weil der Florian wieder da ist, und da willst du nicht auf die Straß'? Ich hab' schon gehört, was er Nächt 1 mit dem Geometer gehabt hat; jetzt mußt du heut zum Trotz mit dem Geometer in's Horber Bad. Das sag' ich, Ein Wort wie Tausend.«
    »Ich bin krank.«
    »Nutzt nichts, geh' 'nauf und zieh' dich an, oder

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