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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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ich mess' dir mit der Ell' da die Kleider an.«
    »Laß ihn schwätzen,« sagte die Schneiderin, die unterdessen eingetreten war, »das ist grad den Mäus' pfiffen, was er sagt. Creszenz, wenn dir nicht gut ist, bleib du daheim. Von dem, was er erhauset, hättet ihr kein Fädle auf dem Leib; der Freßsack kann nichts als alle Tag' dreimal die Füß unter'n Tisch' stellen und sich füttern lassen wie eine Einquartirung.«
    Der Schneiderle wollte auf Creszenz los, seine Frau aber stellte sich vor ihn hin, ballte die Fäuste, und der gestrenge Mann kroch scheu in eine Ecke.
    Diese Leute kamen eben aus der Kirche, wo sie die Worte: Liebe, Friede und Seligkeit gesungen und gebetet hatten; noch hatten sie das Gesangbuch nicht aus der Hand gelegt und schon war die häßlichste Zwietracht zwischen ihnen entbrannt.
    Ueberhaupt sind wir da in ein sonderbares Haus eingetreten. Die Mutter war früher Pfarrköchin gewesen und hatte den Schneiderle etwas schnell geheirathet, Creszenz war ihr ältestes Kind; außerdem hatte sie noch einen Sohn und eine Tochter. Die Schneiderin ging noch immer städtisch gekleidet und trug bloß die schwarze Bauernhaube; denn bei allem Verschwinden der Bauerntrachten wird es doch schwer dahin kommen, daß die kostspielige Florhaube in Aufnahme kommt.
    In der ersten Zeit, als die beiden Leute mit einander verheirathet waren, lebten sie gut; denn wo Alles vollauf im Hause ist, müssen es gar unverträgliche Menschen sein, wenn sie mit einander keifen sollten.
    Das nennt man dann, in gebildeten wie in ungebildeten Ständen, die glücklichen, die friedlichen Ehen.
    Der Schneider arbeitete in seinem Handwerke und die Frau errichtete ein Kramlädchen, worin Spezereien und andere Waaren verkauft wurden.
    Was ist aber der Mode mehr unterworfen, als die Herrscher der Mode, die Schneider? Der Balthes arbeitete nur für die Herren und für die Juden, die sich auch städtisch tragen; Bauernkleider zu machen, war ihm ein Gräuel, denn er war »in Berlin drein gewest.«
    Neue, junge Concurrenten hatten sich in dem Dorfe und der Umgegend niedergelassen; Balthes konnte nun oft ganze Tage umherlaufen, ohne Arbeit zu finden.
    Da verfiel er auf einen spekulativen Gedanken, in dessen zeitweiliger Ausführung wir ihn noch begriffen finden. Im Verein mit dem Anschel Meier, dem Vater des Beßle, reiste er nach Stuttgart, kaufte dort alte Kleider und richtete sie neu her. Besonders aber war er auf die abgetragenen rothen Frackröcke der Hofbedienten aus, wozu ihm Anschel verhalf, der aus den Lieferantenzeiten her hohe Bekanntschaften hatte. Die Livreeröcke wurden dann zerschnitten und rothe Bauernwesten daraus gefertigt, die im Schwarzwalde noch überall getragen werden. Auch Uniformen der Officiere wurden gekauft, und ans dem rothen Unterfutter des Wehrstandes Kleider für den Nährstand gemacht.
    Man sagt aber, der Anschel habe fast allen Profit an sich zu ziehen und sich noch ein, Nebenverdienstchen bei den hohen Verkäufern zu machen gewußt.
    Von der Zeit an, als Balthes aus der Mode gekommen und Ebbe im Hause eingetreten war, gaben die beiden Eheleute kein gutes Wort mehr. Dem Balthes ward, wie man sagt, der Löffel aus der Hand genommen, ehe er genug gegessen hatte. Er war über nichts mehr Meister, er durfte am Sonntag nicht einmal ein Stück Speck zerschneiden und hieß doch der Schneidermeister. Wo er stand oder saß, war er seiner Frau zu viel, sie hatte vollkommen das Heft in Händen, denn sie verreiste jeden Herbst, und nach ihrer Zurückkunft war immer wieder Alles flott im Hause.
    Die Kinder hielten natürlich zur Mutter, denn Balthes war auch mehr in fremden Häusern, als in dem seinigen. Er kam fast nur zum Essen und Schlafen. Jenes ward ihm mit tüchtigen Reden gut gesalzen, und dieses durch einen wohlgesetzten Abendsegen versüßt.
    Creszenz blickte nun ihren Vater verächtlich an. Da trat der Geometer ein, Vater und Mutter machten freundliche Gesichter und thaten, als ob sie die Liebe selber wären; nur Creszenz sah betrübt aus, ihre Lippen zitterten.
    »Gang, mach', Creszenz, zieh dich hurtig an,« sagte die Mutter. »Herr Geometer, wollen Sie's heut Mittag mit uns halten? das thät mich recht freuen. Es ist eben ein gewöhnlich Essen: Sauerkraut, Knöpfle und ein Speck, es wird Ihnen aber doch schmecken, die Creszenz hat gekocht.« Ein schätterndes Kichern begleitete fast jedes ihrer Worte, wobei sie sich immer ein Bischen an der Nasenspitze zupfte.
    Mit aller Kraft seiner Rede, fast mit Zwang

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