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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Karlin geben. Das Geld wird sich umguckt haben, wie es da in der Stube gewesen ist. Der Alt' ist ja so arm, daß die Mäus' von ihm verlaufen sind.«
    »Der Florian kann sich fünfmal aus- und ankleiden, so viel schöne Kleider hat er bei sich,« sagte ein drittes Mädchen.
    »Und er spricht fast lauter französisch.«
    »Und er hat eine Uhr mit einem Behäng, wo sein ganz Handwerkzeug von Silber dran ist.«
    »Und ein schwarz Schnauzbärtle hat er zum Küssen.«
    Ein Lärm unterbrach die schnellen Berichte.
    »Was stoßst mich so?« sagte Käther zu des Kilians Annele, »Narr, ich bin kein reicher Bursch.«
    »Sei still du, du bist ja schon zweimal im Spinnhaus gewesen und das drittemal steht dir schon auf der Stirn.«
    »Wart, ich will dir's auf die Stirn schreiben,« schrie die Käther, und stieß mit ihrem Kübel nach dem Annele; dieses aber hatte den Schlag abgewehrt und gab dafür einen andern zurück. Nun ging's an ein gewaltiges Ringen, die Kübel wurden auf die Erde geworfen, die beiden Kämpfenden faßten sich mit den Händen. Eine Weile sahen die Anderen müßig zu, dann aber wehrte Alles ab, und besonders der Soges schlug hüben und drüben drein. Wie zwei Streithähne, die von einander gejagt wurden, blickten sich die Feinde noch grimmig an, indem sie ihre Kübel zur Hand nahmen. Das Annele strich sich weinend die Haare aus dem Gesicht, es klagte, daß niemand vor der Käther Ruhe habe und daß die ganze Bürgerschaft dafür sorgen sollte, daß sie auf ewig in's Spinnhaus käme.
    Die Reihe war endlich an Creszenz gekommen. Sie trug nun den schweren Kübel auf dem Kopfe, aber noch schwerer war's ihr im Herzen. Große Thränen kugelten über ihre Wangen, aber sie that als ob der Kübel tropfe, und fuhr immer mit der rechten Hand und mit der Schürze über dessen untern Rand; sie ahnte wohl, welche Verwirrung die nächsten Tage bringen konnten: hatte ja diese schon in ihrem Herzen begonnen.
    Zu Hause vollzog sie die Arbeit, ohne mehr einen Ton zu singen.
    Man wird sich vielleicht wundern, daß auf einmal ein so vornehmer Mann und eine so betitelte Person, wie ein Geometer ist, im Dorfe eine so entschiedene Rolle spielt; man erinnere sich aber, daß diese Geschichte zur Zeit der Landesvermessung vor sich geht: wie dadurch das ganze Land endlich genau abgezirkelt zu Papier gebracht und auch nicht das verborgenste Winkelchen in Wald und Feld vergessen wurde, so ward auch aller Orten in das Leben des Volks ein neues Element geworfen.
    Da kamen auf eine Zeit lang Städter in das Dorf; sie waren nicht Schullehrer und nicht Pfarrer, es waren meist lebenslustige junge Leute, und welche Bedeutung sie in der Mädchenwelt gewonnen, haben wir bereits ersehen.
    Die Vollzieher des in staatswirthschaftlicher Hinsicht gewiß sehr zweckmäßigen Unternehmens hießen Geometer. Auf dem Dorfe hießen die Feldmesser eben Feldmesser, zur Erhöhung der Amtswürde sowohl als auch zur Verbreitung griechischer Bildung unter den Bauern hießen die neuen Herren: Geometer. Die Gespielin der Creszenz hatte einen Obergeometer (oder wie er eigentlich folgerecht heißen sollte, Hypergeometer) geheirathet und wohnte in Biberach. Dadurch hatte Creszenz Bekanntschaft mit dem Collegen bekommen und die Eltern förderten sie auf alle Weise, denn das war eine herrliche Versorgung. Der rothe Schneiderle sah schon im Geiste seine Tochter als Frau Obergeometerin.
     
Fußnoten
     
    1 Ebräisch – Bräutigam.
     
    2 Hochzeit.
     
    3 Laubhüttenfest.
     
     
2.
Dreiviertel auf Mordjo.
    Es war Nacht geworden, Creszenz stand in der Küche am Feuer, da kam der Studentle laut daher geschritten und sagte:
    »Guten Abend Creszenz. Ich will mir ein Päckle Sternentubak holen; habt ihr noch davon?«
    »Ja, geh' 'nein, mein' Mutter wird dir geben.«
    »Ich verhex' dir dein' Supp' nicht, wenn ich ein bisle bei dir bleib',« sagte er laut, ganz leise aber fetzte er hinzu: »der Florian ist da, komm' nachher ein bisle 'naus, du wirst uns schon hören.«
    Ohne die Antwort abzuwarten ging er hinein in die Stube; als er wieder herauskam, war Creszenz nicht mehr in der Küche.
    Später hörte man vor dem Hause des rothen Schneiderle singen und pfeifen und lachen; es waren die Kameraden, deren seit drei Jahren fehlende Hauptstimme, nämlich die des Florian, jetzt um so eindringlicher erscholl; sie blieben lange, es wollte aber nichts fruchten, da schrie der Peter zum Fenster hinauf:
    »Creszenz, da lauft ein' Gans 'rum, ist die nicht dein?«
    Der Studentle stand

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