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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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er erhielt dort den Kuchen und ein Glas warmen Wein, das er auf einen Zug leerte; er fühlte wieder neue Kraft durch seine Adern strömen. Sobald er konnte, schlich er sich fort, kehrte bald wieder und ging dann nochmals weg.
    Der Schlunkel harrte schon mit einer kleinen Leiter hinter dem Hause Meierle's, es war kein Licht darin, Alles war auf der Hochzeit.
    Schnell war die Riegelwand eingebrochen und die Beiden schlüpften hinein. Sie erbrachen die Küchen-und Stubenthüre und den Schrank, fanden das Geld, mehrere silberne Löffel und Becher, und steckten es schnell zu sich.
    Florian war der erste, der wieder im Hofe war, der Schlunkel zerrte noch an einem Bettstücke, das durch die kleine Oeffnung nicht heraus wollte. Da kam der Hausherr die Treppe herauf, er sah die Stuben- und Küchenthüre offen; in die Küche tretend, sah er das sich bewegende Bett, er zerrte nun innen an demselben und schrie um Hülfe. Der Schlunkel ließ schnell los, stürzte auf den Boden und brach ein Bein. Florian suchte ihn zu retten, aber er hörte Leute, er flüsterte ihm nur noch schnell zu: »verrath' mich nicht, du kriegst die Hälft',« und entsprang schnell.
    Der gefänglich eingezogene Schlunkel beharrte bei seiner Aussage, daß er keinen Mithelfer gehabt. Man hatte in dem Hofe ein Stück von dem Hochzeitkuchen gefunden, die Aussagen des Gefangenen widersprachen sich, indem er anfangs nichts davon wissen wollte, später aber sich besann, daß der Kuchen bei den gestohlenen Sachen gelegen habe.
    Niemand wagte zu ahnen, daß Florian bei der Sache betheiligt sein könnte, auch war er um dieselbe Zeit beim Tanze gesehen worden.
     
Fußnoten
     
    1 Kreisel.
     
     
12.
Neue Stiefel, die gewaltig drücken.
    Florian gedachte mit dem Gelde zu entfliehen und Creszenz nachkommen zu lassen, aber seine Stiefel hielten keine Reise mehr aus. Er ging daher nach der Stadt und kaufte sich ein Paar neue.
    Wie wohl war es nun Florian, nachdem er lange in zerrissenen Stiefeln umher gegangen, mit niedergekehrtem Blicke jeder kleinen Pfütze ausgewichen war, jetzt wieder einmal aufrecht und trocknen Fußes die schlüpfrigsten Straßen zu wandeln; ein unnennbares behagliches Wohlgefühl durchwärmte ihn, als er scharf auftretend heimkehrte.
    Nicht lange aber sollte er so sicher auf freiem Fuße einherwandeln. Er hatte zufälligerweise einen durchlöcherten Kronenthaler bei dem Kaufe ausgegeben; ein solcher war von dem Bestohlenen als entwendet bezeichnet worden, und gegen Abend kam der Schultheiß mit dem Schützen und einem Landreiter, um Florian zu verhaften.
    Der Buchmaier willfahrte ihm, daß man ihn hinten durch die Gärten führte.
    Auf dem Wege beklagte er sich über sein Unglück und betheuerte seine Unschuld.
    Die meisten Verhafteten, Schuldige wie Unschuldige, klagen den Polizeiverordneten ihr Leid und betheuern ihre Schuldlosigkeit. Es ist so natürlich, das Menschengefühl derer anzurufen, die wie wandelnde Mauern den Gefangenen umschließen, bis er sich zwischen den feststehenden Mauern von Stein eingeschlossen sieht. Wenn dann der Bedrängte ausgewinselt hat, lautet gewöhnlich die Antwort: das wird sich Alles Zeigen, das geht uns nichts an.
    Mit Schmerz sieht der Unglückliche, daß er den von fremder Kraft bewegten Stein gefragt: warum schlägst du mich? daß er das Netz gebeten: hab' Erbarmen und laß mich los.
    Florian hatte zuerst im reinen Naturdrange gesprochen, nach und nach ward er darauf aufmerksam, daß er das Gleiche auch vor dem Richter vorbringen wolle. Er redete daher sehr ausführlich, denn eine Lüge, die man einmal ausgesprochen, bringt man zum zweitenmale um so fertiger und sicherer vor.
    Man hatte bei Florian bloß ohngefähr fünfzig Gulden an Geld gefunden, er wollte dieß auf dem Horber Markt im Spiele gewonnen haben.
    Nächst dem verausgabten durchlöcherten Thaler bildete das im Hofe des Bestohlenen gefundene Stück Hochzeitkuchen die Grundlage der Anschuldigung Florians; mehrere Mädchen hatten zugesehen, als die Braut ihm den Leckerbissen gab.
    Florian läugnete Alles, denn: »Läugnen gilt bei Württemberg,« in diesem allbekannten Satze bestand seine ganze Rechtskunde.
    Viele Leute im Dorfe, die früher nicht gewagt hätten, etwas Böses von Florian zu denken, berühmten sich jetzt, es schon vor zehn Jahren gesagt zu haben, daß er ein Nichtsnutz sei, und wärmten allerlei Jugendstreiche auf.
    Florian dachte indeß im Gefängnisse auf seine Flucht. In einer Nacht brach er den Ofen ab und schlüpfte durch das

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