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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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ich untergegangen war.«
    »Ich kann Alles begreifen, sag' du mir's nur ordelich.«
    »O du herzige Liebe! Nimm dich in Acht mit mir, ich habe noch nie einen Herzfreund gehabt, den ich nicht quälte; der Collaborator ist der Einzige, der mir treu ausharrte. Ich bereite den Menschen oft Schmerzen, denen ich nur Gutes und Glückliches zufügen möchte. Erst seitdem ich dich sehe, seitdem ich dein bin, sehe ich auf den alten Woldemar, und das ist ein gar wüster Geselle, nicht werth, daß er den Saum deines Kleides berühre. Ich kann dich glücklich machen, wie noch kein Weib auf Erden war, und – unendlich unglücklich.«
    Lorle weinte große Thränen, aber sie trocknete sie bald und sagte: »Hab' dich nur lieb, von da siehst du viel besser aus.« Sie deutete dabei auf ihre Augen und setzte nun schmollend hinzu: »Und ich leid's nicht, daß Jemand auf den Reinhard schimpft, und du darfst auch nicht. Und jetzt mach' mich nur nicht stolz; komm her, wir wollen mit einander gut und brav sein, Gott wird schon helfen.«
    »Ja, du machst mich wieder ganz fromm,« sagte Reinhard und stand mit gefalteten Händen vor ihr. –
    Das Bild wurde rüstig gefördert, Lorle ermahnte immer zur Arbeit und Reinhard trug ihr noch auf, ihn nicht lässig werden zu lassen. Niemand im Hause ahnte etwas von der neuen Wendung der Dinge, nur Vroni ward ins Vertrauen gezogen; man ging nun öfters nach der Mühle. Wie die Kinder jubelten die beiden Liebenden, wenn sie sich im Walde haschten und versteckten.
    »O Welt voll Seligkeit!« rief einst Reinhard, als er so vor Lorle stand, »das hat sich der Weltgeist allein vorbehalten, die Liebe, sie kommt aus ihm; das läßt sich nicht machen und nicht bilden. Da steht ein Wesen und hält mich zauberisch gefangen; schön ist Alles, Alles, was du bist. Und hätte ein Wesen Seraphsflügel und ist die Liebe nicht, spurlos zieht es dahin. Dank dir, ewiger Weltgeist, du hast mir gegeben was ich nicht suchte.«
    »Ich verstehe dich nicht recht,« sagte Lorle.
    »Ich verstehe mich ja selber nicht. Was braucht's? Komm, sieh mich an, laß mich schauen, stumm, welch ein gutes Leben in mir ist.«
    Das Bild reifte seiner Vollendung entgegen, die beiden Liebenden sprachen von Allem, nur nicht von der Zukunft; Beiden bangte innerlich davor, Reinhard weil er nicht wußte, wie sie sich gestalten solle, und Lorle weil sie fühlte, wie schmerzlich sie aus dem elterlichen Hause gerissen würde.
    Nun ergab sich aber auch eine Mißhelligkeit zwischen den Liebenden. Lorle, die zu einer Madonna gesessen hatte, sollte jetzt das Kind mit dem sie unter der Linde gespielt hatte, wieder auf den Schoß nehmen; unter keiner Bedingung wollte sie das thun: »Es ist eine Sünd', es ist eine gräßliche Sünd'!« betheuerte sie immer, aber Reinhard war unbeugsam und sie willfahrte endlich, indem sie seufzend sagte: »Ich muß in Gottes Namen Alles thun, was du willst.« Sie zitterte aber am ganzen Leibe; so daß das Kind laut schrie, bis Reinhard endlich Beide beschwichtigte, das Kind mit Süßigkeiten und Lorle mit liebreichen Worten.
    Die Gewänder waren nur flüchtig untermalt, und nun sollte dem Kopf die letzte Zusammenstimmung der Farbentöne gegeben werden; das sagte Reinhard eines Tages und bat Lorle, daß sie Beide noch diese wenigen Stunden sich recht still verhalten wollten. Lorle nickte still, sie wagte schon jetzt nicht mehr zu reden. Ihr Kopf war nach dem Wunsche Reinhard's aufgerichtet und sie sah hinauf nach dem blauen Himmel: weiße Wolkenflocken zogen leicht dahin, still und friedlich war's im weiten Raume, kein Laut vernehmbar; da fließt eine Wolke sanft hin, sie nimmt eine kleine mit und versinkt mit ihr unter den Gesichtskreis, eine andere streckt schon ihr Haupt empor, wer weiß wie lang sie ist, wie dunkel ihr Grund, wie bald sie abbricht; nur wer am Himmelsbogen steht, kann sie ermessen. Da drunten liegt die Welt, weitab, Alles, Alles zieht vorbei, vorbei, die Erde ist untergesunken: ein Geist schwebt über den Wolken ...
    So hatte Lorle sich in den Himmel hineingedrängt. Reinhard hatte sie eine Weile starr betrachtet und dann emsig gemalt.
    Stille war's lange; die Beiden wagten kaum zu athmen.
    »Was hast du so eben gedacht? Dein Antlitz war verklärt?« fragte Reinhard.
    »Ich bin gestorben gewesen und allein,« sagte Lorle mit geisterhaftem Blicke, ihre Arme hoben sich und fielen wie leblos wiederum nieder. Reinhard faßte ihre Hand, er konnte aber nicht reden, er schaute sie an wie eine überirdische

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