Schwarzwaelder Dorfgeschichten
untergesunken, in Liebe aufgelöst, in ihr gestorben und lebt doch das wahre, das selig ewige Leben ....
Die Madonna war vollendet und zur Ausstellung nach der Stadt geschickt. Zu seiner Betrübniß erhielt Reinhard die Nachricht, daß der Collaborator unvorsichtigerweise verrathen hatte, wer zur Madonna Modell gesessen. Ein in Rom katholisch gewordener Engländer, der sich eben in der Residenz aufhielt, bot eine namhafte Summe für das Bild; Reinhard gab es hin, sowohl weil er seine Frau nicht nach der Stadt bringen wollte, wo das Bild war, als auch aus einem andern Grunde. Die materielle Kehrseite fehlt keinem Verhältnisse. Reinhard bedurfte Geld zu seiner häuslichen Einrichtung, und sah er auch mit Wehmuth das, was er aus tiefster Seele geschaffen, in eine verlassene Kapelle nach England wandern, um es nie wieder zu schauen; er ließ es ziehen.
Der Collaborator miethete für Reinhard eine Wohnung und seine Schwester richtete sie ein. Mit dieser Nachricht wurde nun der Wadeleswirth bestürmt, die baldige Hochzeit zu gestatten.
So voll Selbstgefühl und freigesinnt auch der Wadeleswirth war, so that es ihm doch besonders wohl, wenn er bei den Leuten im Dorfe: »Mein Tochtermann, der Professor,« sagen konnte; auch hatte er Reinhard in der That von Herzen lieb gewonnen. Als nun die Frauen sich mit den Bitten Reinhard's vereinten, sagte er:
»Ich seh' schon, Ihr habt die Sach' mit einander gebestelt, ich weiß wohl, ich gelt' nichts im Hause; nun meinetwegen.«
Reinhard lief sogleich zum Pfarrer und bat ihn, Sonntag das erste Aufgebot zu halten. An dem versprochenen Kirchenbilde arbeitete er nun mit erstaunlichem Fleiß, er warf es in derben Zügen für die Ferne hin und nur einzelnen Köpfen widmete er eine sorgfältige Ausführung. Auf den Sonntag vor der Einweihung der neuen Kirche war der Hochzeitstag bestimmt. Lorle bat, daß sie doch noch über die Festlichkeit bleiben möchten, aber Reinhard hatte keine Luft mehr, diesen Jubel mit zu feiern: er sehnte sich fort aus dem Dorf.
Sie ziehen in die weite Welt.
Vroni war von der Mühle hereingekommen und blieb die ganze letzte Woche, sie schlief mit Lorle in einem Bette und die Mädchen verplauderten oft die halben Nächte. Lorle konnte der Vroni nicht genug an's Herz legen, wie sie die Eltern pflegen solle, wenn sie nicht mehr da sei.
Am Vorabend der Hochzeit stand Lorle bei der Bärbel und weinte bitterlich, daß sie nun auch diese getreue Pflegerin verlassen solle; sie klagte, wie sie sich in der Stadt werde gar nicht zu helfen wissen, da sagte die Bärbel:
»Ich kann's nicht mehr, ich hab' ihm versprochen, daß ich nichts sagen will, aber es geht nicht. Sei ruhig, der Reinhard hat so lange an mir bittet und zerrt, daß ich jetzt zu euch nach der Stadt geh'. Sei heiter, ich bleib' bei dir, so lang du mich behältst.« – Lorle eilte zu Reinhard und umhalste ihn mit maßloser Innigkeit; sie verscheuchte ihm dadurch auch den Mißmuth, den er so eben durch einen Brief des Collaborators empfunden hatte; er hatte ihn als seinen einzigen Freund zur Hochzeit eingeladen; die abschlägige Antwort, die verweigerten Urlaub als Grund angab, war voll grämlicher Bitterkeit auch gegen Reinhard.
Am Hochzeitmorgen sah Reinhard Lorle nur einen Augenblick und er sagte: »Mir ist so stolz und hoch zu Muth, wie einem König an seinem Krönungstage.«
»Nicht so, fromm sein,« erwiderte Lorle, das waren die einzigen Worte, die sie vor der Trauung mit ihm redete.
Lorle ließ sich noch in ihrer Dorftracht trauen. Als sie aus der Kirche kam, ging sie auf ihr Kämmerlein, um die Stadtkleider anzuziehen. Lange lag sie hier auf den Knieen und betete weinend: »Heiliger, guter Gott, ich will gern sterben, wann du willst, du hast mir bisher geholfen, ich will Alles auf mich nehmen, ich hab' das erlebt, du bist gut und hast mich das erleben lassen, hilf mir gut sein, hilf!«
Sie richtete sich auf und rief Vroni, daß sie sie ankleide; sie zog keines der weit ausgeschnittenen seidenen Kleider an, sondern ein einfaches weißes, das bis an den Hals geschlossen war.
Ein Jedes sah voll Freude auf Lorle, als sie so herabkam, ihr Gang, jede Bewegung ihrer Hand, Alles war so feierlich wie ein heiliger Choral.
Bei Tische ging's lustig her, der Wadeleswirth war überaus aufgeräumt und machte allerlei Späße. Lorle war's, als wäre sie verantwortlich für alle Reden ihres Vaters und sie fand Manches nicht am Platze; sie gäbelte nur immer so auf dem Teller herum, aß aber
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