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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Seite.
    Ob dieser Stand wohl aushalten wird?
    Luzian ging durch Scheune und Stall und sah Allem nach. Als er hier Paule traf, sagte er: »Wo hast denn das Bäbi?«
    »Es ... Es will sich anders anziehen,« entgegnete Paule stotternd.
    »Laß dich's nicht verdrießen,« sagte Luzian, »daß deine Hochzeit 'nausgeschoben wird; von deßwegen sind wir doch lustig und es ist ohnedem besser, daß wir jetzt bis nach der Ernte warten.«
    »Mir pressirt's nicht,« erwiderte Paule.
    Luzian ging durch die Scheuern nach dem Bienenhaus. Dort war sein Lieblingsplätzchen.
Es regt sich im Dorfe.
     
    Die Stimmen der Gemeinde, die heute Morgen noch zu verflattern schienen, sammelten sich jetzt in Chören, in denen Einzelne selbst den Akkord angaben.
    Wir können die Gruppe nicht übergehen, aus der Lachen und Johlen herausschallt; der über Alles hinausige Brunnenbasche führt das große Wort; hört nur, wie er schreit:
    »Katzenhirn habt ihr gefressen, wenn ihr noch was mit den Schwarzkitteln zu thun haben wollt; nichts, gar nichts, mit gar keinem, da trifft man den rechten gewiß. Das kann man ja an seinen sieben Simpeln abnehmen, daß man's nicht braucht; es ist doch Alles verlogen. Drum muß man's machen wie selber Bauer, dem sagt Einer: Euer Hund ist mager – Er frißt nicht, giebt er zur Antwort – warum? – Ich geb' ihm nichts – Warum? – Ich hab' nichts – So muß man –«
    Allgemeines Gelächter übertoste die Moral, die hieran geknüpft wurde. Ein junger Bursche, der eine Soldatenmütze trug, fragte den Brunnenbasche: »Warum habt denn Ihr den Pfarrer nicht auf's Korn genommen?«
    Der Brunnenbasche trat zwei Schritte zurück, drückte die Augen zu, als ob er zielte und sagte dann: »Weil ich mein Pulver nicht an Spatzen verschieß'.
Comprenez-vous, Monsieur?
sagt der Franzos.«
    Wenn der Basche zu wälschen anfing, dann ging's erst recht los, da kamen dann die Dinge vor, trotz deren Gemeinkundigkeit die geistliche Gewalt noch ungeschmälert fortbesteht. Die Zuhörerschaft wurde heute selbst von den saftigsten Geschichten nicht gefesselt, und wir wollen uns auch weiter umschauen.
    Wendel war im obern Dorfe dem Schmied Urban begegnet, sie reichten sich unwillkürlich die Hand wie zum Willkomm. Wenn ein folgenschweres Ereigniß eingetreten ist, so wird die Trennung einer Stunde zu einem langen Zeitraum; man trifft sich wieder wie nach großer Abwesenheit, schließt sich auf's Neue an einander an, und der Händedruck sagt, daß man zusammenhalte.
    »Was macht der Luzian?« fragte Urban.
    »Er ist daheim und wird bald kommen, wir müssen vor schauen, wie's steht.«
    Sie gingen mit einander nach dem Rößle. Vor dem Wirthshause standen die angesehensten Mannen im Schatten des Brauhauses. Natürlich war Luzian und seine That Mittelpunkt des Gesprächs. Wendel und Urban horchten still hin, nur allgemeine Redensarten wurden laut, wie: das ist ein schlimmer Handel u.dgl. Wurde die Sache eingänglicher betrachtet, so bezeichnete man sie nur als eine Sonderangelegenheit Luzians. Manche bedauerten in der That aufrichtig, daß er sich eine so böse Geschichte auf den Hals geladen.
    »Drum müssen wir ihm helfen tragen,« sagte der Schmied Urban, und hob die breiten Achseln als wollte er sich bereit machen, ein gut Theil aufzunehmen.
    »Freilich,« hieß es drauf, »der Luzian hat sich der Bürgerschaft immer am meisten angenommen.«
    Und nun ging es zur Hin- und Widerrede:
    »Wir kriegen den Pfarrer nicht weg, das geht einmal nicht.«
    »Was ist denn da zu machen? die Zeit verzetteln und auf's Oberamt für nichts und wieder nichts.«
    »Der Luzian bringt all fort das Dorf in Ungelegenheit, er möcht' gern den Herrn über Alle spielen.«
    »Das ist verlogen. Sei's was man braucht, der Luzian hilft Einem aus, aber wer Einmal sein Wort nicht gehalten hat, von dem will er nichts mehr. So ist's.«
    »Wie kann die Geschichte nur ausgehen?«
    »Wie wir sie 'naus führen.«
    »Der Pfarrer muß fort, das freie Wahlrecht muß her.«
    »Das kriegen wir nicht.«
    »Wenn nur der Pfarrer selber abdanken thät', da wären wir am besten erlöst; wir ließen ihn über das Samenfeld 'neinfahren, nur fort.«
    »Ja, kauf du der Katz den Schmer (Speck) ab.«
    »Wir haben an dem Hagelwetter genug zu leiden, wir können keine neue Händel brauchen.«
    »Es sollen sich jetzt auch einmal andere Gemeinden um das freie Wahlrecht annehmen; wir haben unser Schuldigkeit than.«
    »Jetzt, wenn die Sach' nochmal vor Gericht kommt, da will ich nichts davon; ich

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