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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Unterkommen findet, bei mir ist kein Platz. Ich lass' aber die andern Leut' auch treiben, was sie wollen; ich dürft' nichts anfangen, wenn ich auch wollt'. Ich muß von meinem Handwerk leben und gelte drum nicht viel; du, du darfst dich schon eher an den Laden legen, du bist der reichste Mann im Ort.«
    »O Wendel!« sagte Luzian mit weicher Stimme, »du kannst dir nicht denken, wie tief es bei mir gesessen ist; drum darf ich meine Nebenmenschen nicht laufen lassen, ich muß ihnen helfen. Und da siehst du's jetzt an dir selber wie es in der Welt steht, daß man reich oder g'studirt sein muß, wenn das Wort von Einem was bedeuten soll. Wo ist da die Religion?«
    »Ja Luzian, du solltest halt auch auf einem andern Platz stehen.«
    »Nein, ich möcht' gar nichts Anderes sein. Ich hab' mich auch lang mit dem Gedanken plagt, aber es ist am Besten so. Guck, was Anders sein wollen, was man einmal nicht sein kann, das ist grad wie wenn man sich mit dem zukünftigen Leben nach dem Tod abquält. Heut ist Trumpf, sagt der Geigerlex, jetzt bin ich da und was ich bin, will ich recht sein. Von Tag zu Tag ist mir's heller und klarer worden: es ist vorbei, daß man mit alten Säcken neue flickt. Bruderherz! Jetzt geht's los und ich freu' mich drauf, daß das Gebittschriftel ein End' hat; jetzt Vogel friß oder stirb.«
    »Ich fürcht',« sagte Wendel kopfschüttelnd, »ich fürcht', du wirfst das Beil zu weit 'naus. Du bist gegen die Franzosen in's Feld, und dein' Flint' ist nicht warm worden, es kann dir noch einmal so gehen und der Feind jetzt ist viel schwerer zu finden als der Franzos. Glaub' mir, wenn auch die Leut' ihre sieben Gedanken zusammenraspeln könnten, es ist jetzt grad die unrechteste Zeit, wo an allen Ecken der Bettelsack 'naus hangt. Ich will aber doch jetzt umschauen, wie's im Dorf steht.«
    Wendel ging davon und Luzian zur Ahne in die Kammer.
    Die Wände haben Ohren. Durch das Schubfensterchen hörte Bäbi Alles, was der Vater gesprochen, ihr ganzes Wesen bebte in stiller Freude; sie saß dann lang in Gedanken auf dem Herd und vergaß das Geschirr zu spülen. Als endlich Paule kam, trat sie ihm mit den Worten entgegen: »Mein Vater ist der heiligste Mensch von der ganzen Welt.«
     
Das Haus wankt.
     
    Das war an diesem Mittag ein Pispern und Flüstern im ganzen Hause, wo Zwei beisammen waren: es war, als ob der Holzwurm im Gebälke nage und knappere. Die Knechte und Mägde standen bei einander im Hofe, keines ging aus, trotz des Sonntagmittags. Wie wohl war es ihnen sonst, um diese Zeit mit Befreundeten nach Lust und Laune umherzuschlendern. Das Vieh ist versorgt und muß nun warten bis zum Abend, im Hause ist nichts mehr zu thun. Die Mittagskirche ist vorbei, man ist nun mit seinem Gotte fertig und kann sich selber leben. Wer den abgesonderten Gottesdienst nicht mehr kennt, wer ihn in einen Lebensdienst verwandelt, alle Zeit und aller Orten derselbe, ohne bestimmte, an einen Moment gebundene besondere Ansprüche, der mag sich kaum mehr das Wohlgefühl des Kirchgängers vergegenwärtigen, der unter Glockengeläute heimkehrt, das Gebetbuch an seine ruhige Stelle legt und dann dem Leben und seinen hunderterlei Beziehungen sich hingiebt.
    Wie wohlgemuth schritten sonst die Belasteten, die die ganze Woche fremdem Willen unterthan waren, um diese Zeit dahin: sie gingen langsamen zögernden Schrittes, sie wollten sich auch von der Freude nicht zu Hast und Unruhe drängen lassen; die Freude mußte ihnen gehorchen. Heute hielt sie eine gewisse Angst zu Hause. Sie wußten nicht wie es draußen über den Meister herging, sie konnten zu etwaigen bösen Reden nicht still schweigen und wußten auch nichts darauf zu sagen.
    Um den Kindern Egidi's eine besondere Freude zu machen, ließ der Oberknecht das noch nicht dreiwöchige Schimmelfüllen heraus, die schwarzen und weißen Seidenhasen huschten von selbst nach, duckten sich an schattigen Plätzen nieder, blinzelten auf und schossen bald wieder hinein in den schützenden Stall; sie wurden noch dazu von Victor gejagt, weil sie seine Tauben aufgescheucht hatten, die von ihrem Schlage auf dem Baumstamm inmitten des Hofes herabgekommen waren. Victor wollte seinen Geschwistern und den andern Kindern zeigen, was für schöne Tauben er habe, und erhielt die Erlaubniß, daß man ihm schon jetzt Futter für dieselben gebe. Als alle Körnlein aufgepickt waren, schickte Egidi seine Frau mit den Kindern heim nach der Mühle, er selbst blieb bei der Mutter auf dem überdachten

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