Schwarzwaelder Dorfgeschichten
daher eine Bitterkeit fest, die ihn wünschen ließ, daß sein Herr einmal zu Falle kommen oder in seine Hand gerathen möge.
Munde dagegen war voll aufrichtiger Liebe gegen Diethelm, der ihm dafür auch mit besonderer Freundlichkeit zugethan blieb.
Fünftes Kapitel.
Während die Brüder draußen vor dem Thor sich über das Leben ihres Meisters besprachen, saß dieser drin beim Sternenwirth im hintern Stübchen vor einer Flasche vom Besten, die der Sternenwirth zu Ehren seines Gastes auftischte und dabei seine Familienverhältnisse darlegte.
Halb klagend, halb ruhmredig erzählte er, wie sich die Zeiten ändern: er selber sei noch Metzger gewesen und habe dabei gewirthet, jetzt aber müsse ein Wirth alle Sprachen kennen und ein Handwerk daneben zu treiben sei gar nicht denkbar; sein Wilhelm sei aber auch in Genf und »auf der Universität von allen Kellnern, im Schwan in Frankfurt gewesen.«
Diethelm zeigte sich diesen Mittheilungen besonders theilnehmend und aufmerksam, denn es ist dem bangenden Herzen oft nichts erwünschter als durch Aufnahme fremden Schicksals sein selbst zu vergessen. Während der Sternenwirth erzählte, hatte sich eine von dessen Töchtern und der Sohn angelegentlich mit Fränz beschäftigt und waren oft in lauten Scherz ausgebrochen. Der Sternenwirth rückte nun, von der Theilnahme seines Zuhörers ermuthigt, weiter heraus: wie glücklich ein vermögliches Mädchen mit seinem Wilhelm werden könne, er wolle den Engel in der obern Stadt kaufen und ausbauen und sei ohne Rühmens der geschickteste Wirth. Diethelm nickte einverständlich und bemerkte nur, daß der Wilhelm noch jung sei und wohl noch ein paar Jährchen warten müsse, und der Wirth stieß eben mit ihm an, als der Reppenberger eintrat. Diethelm nahm ihn bei Seite und vernahm, daß nichts zu verkaufen sei und höchstens um's halbe Geld.
»Sag nur, ich behalt' den Posten auch noch,« rief Diethelm plötzlich laut und sagte dann, daß es Alle hören konnten, leichthin zu dem Wirth:
»Kannst mir nicht auf eine Stunde fünfhundert Gulden geben?«
»Auf eine Stunde kann's schon sein,« erwiderte der Wirth, »es hat mir ein Händler tausend Gulden aufzubewahren gegeben. Nicht wahr, du bringst mir's gleich wieder? Von wegen, wenn's mein wär', könntest's behalten so lang du willst, wär' mir sicherer als im Kasten. Es ist halb Silber und halb Papier. Was willst?«
»Die Thaler, der Steinbauer hört das Geld gern klappern, er traut ihm eher.«
Diethelm empfing ein graues Säckchen mit den Geldrollen, er übergab die kleine Last dem Reppenberger zum Tragen, befahl der Fränz, ihn hier zu erwarten, und ging mit seinem Geleite stolz durch das Marktgewühl. In der Post brach er alle Rollen auf und zählte und klimperte lange mit dem Gelde, das er dem Steinbauer einhändigte; das graue Säckchen betrachtete er dann eine Weile still und steckte es endlich zu sich, wobei er es an Spottreden auf den Steinbauer nicht fehlen ließ; dieser zählte aber- und abermals die Häufchen ab und hörte auf Nichts.
Vor dem Hause athmete Diethelm tief auf und sagte dem Reppenberger, daß er tausend Gulden haben müsse, und wenn er sie aus dem Heiligenkasten stehlen sollte.
»In dem Nest muß Geld sein, hilf's holen,« ermahnte er den Reppenberger. Dieser wußte auch Rath: der Kastenverwalter hatte einen großen Posten bereit, aber nur auf Hypothek oder Wechsel. Von ersterer konnte bei Diethelm keine Rede mehr sein, er hatte nichts Unbewegliches als sein Haus und die Wiesen, und das war die letzte Sicherheit der Frau; und hätte er auch diese, wie er wohl wußte, zu einer Unterschrift bewegen können, er durfte es für sich selbst nicht thun, denn mit Ausnahme einer Hypothek wäre all' sein Ansehen vernichtet; vor dem Wechsel aber hatte Diethelm eine Höllenscheu, der Reppenberger mochte das einen albernen Bauernaberglauben schelten und darüber spötteln wie er wollte. Vor der Thüre des Kastenverwalters stand Diethelm mit Reppenberger wie angewurzelt; er lachte zwar, wenn Reppenberger das »Haus Diethelm« aufforderte, zu verfahren wie ihm zukam, aber innerlich bebte ihm das Herz; endlich mußte doch ein Entschluß gefaßt werden, und weil denn einmal das Unvermeidliche zu vollziehen war, entlehnte Diethelm gleich noch ein zweites Tausend. Dennoch erhielt er nur mit großer Mühe sechshundert Gulden baar, das Uebrige mußte er in fremden Staatspapieren zu hohen Tagespreisen annehmen. Noch nie zitterte die Hand Diethelms so sehr, als da er den
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