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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Wechsel unterschrieb. Auf der Straße war's ihm, als sähe es ihm Jedermann an, daß er sich dazu verpflichtet hatte, nach drei Monaten in schmähliche Gefangenschaft zu gehen; aber die Leute waren so ehrerbietig wie je, im Stern fand man es nicht im Entfernteren verwunderlich, daß Diethelm auf die Minute sein Wort hielt; und als dieser dem Wirthe die Staatspapiere aufzubewahren gab, kam ein neuer Stolz über ihn: »Tausende handeln ja nur mit Credit, warum soll ich es nicht auch? Ich kann auch mit einem Federstrich Summen hin- und herschieben.«
    Die Furcht vor einer Wechselschuld erschien ihm jetzt in der That nur als ein Aberglaube, und der Wein erfrischte ihm das Herz wie noch nie. Auf die Bitten der Wirthsleute und der Fränz versprach er, über Nacht zu bleiben und den Honoratioren-Ball zu besuchen. »Das Haus Diethelm bleibt,« sagte er halb selbstspöttisch; es wußte Niemand, was er damit meinte. Er ging nun hinaus vor das Thor, um seinen Schäfern Bescheid zu sagen und der Mutter Nachricht zu geben.
    So traf Diethelm die beiden Brüder mitten im Gespräch über ihn; er war voll guter Laune, als ihm Medard das Geld für die verkauften siebzig Paar Hammel übergab, händigte ihm ein namhaftes Trinkgeld ein und befahl ihm ein Fuhrwerk zu nehmen und rasch nach Buchenberg zu fahren, dort der Meisterin Bescheid zu bringen und Alles herzurichten zur Aufnahme der neuen Waaren und Schafe. Bald fuhr Medard mit seinem Bruder in die linde Nacht hinein, Buchenberg zu.
     
Sechstes Kapitel.
     
    Diethelm wollte nun sogleich von dem Kastenverwalter den Wechsel auslösen, aber er überlegte, daß er dann ohne baar Geld sei und noch nie hatte er solche Freude an diesem gehabt wie heute.
    Das Marktgewühl verlief sich allmälig: die großen Leiterwagen, mit lustigen Bauern und Bäuerinnen voll besetzt, konnten, schon in ungehemmtem Schritte durch die Straßen heimwärts fahren, in den Krämerbuden wurde bereits eingepackt und gehämmert und die Pferde der Uebernachtenden wurden zur Abendtränke an den Marktbrunnen geführt. Es war Diethelm, der in Gedanken verloren Allem zuschaute, als bliebe er zum Erstenmale in seinem Leben in einem fremden Orte über Nacht und als sei er fern in der weiten Welt und diese Stadt ihm nicht wohlbekannt und heimisch. Er wartete noch bis auch seine Rappen zur Tränke geführt wurden, dann ging er abermals nach dem Kaufhause, um die Beförderung der eingekauften Vorräthe nach seinem Heimathsort anzuordnen. Als begänne das eben am Himmel aufflammende Abendroth zu tönen, so war's als jetzt die Stadtzinkenisten den feierlichen Abendchoral vom Thurme erschallen ließen. Diethelm achtete nicht lange darauf und die Oedigkeit und Kühle, die jetzt in dem vor Stunden so menschenvollen Kaufhause herrschte, machte ihn eine Weile frösteln; aber er ließ es dennoch nicht an Umsicht fehlen und der Reppenberger versah sein Aufseheramt meisterlich. Fünf große Wagen fuhren nach Buchenberg, als Diethelm wieder in den Stern zu seiner Fränz zurückkehrte, und zu neuem Aufsehen eine weitere Summe zum Aufbewahren übergab. Das Innere des Hauses hatte in wenigen Stunden ein ganz anderes Ansehen gewonnen und in der Stube lachte ein Mädchen Diethelm aus, weil er es lange anstarrte und nicht erkennen wollte: es war Fränz, die in dem weißen Kleide der Wirthstochter mit veränderter Haartracht in der That ganz unkenntlich war. Diethelm schalt offen über diese Vermummung, denn theils regte sich der Bauernstolz in ihm, theils fühlte er auch wohl, wie ungemäß diese Erscheinungsart für die Fränz war. Der Wirth suchte ihn zu beschwichtigen, aber eine Stimme aus der Ecke rief:
    »Der Herr Diethelm hat ganz Recht: die gewohnte Tracht ziert den Bauersmann am besten, und ist auch die nützlichste, weil sie nicht aus der Mode kommt.«
    Zu seinem Schreck erkannte Diethelm den Kastenverwalter und doch that er rasch freundlich zu ihm und rühmte sich beim Glase sehr viel, wie stolz er darauf halte, ein schlichter, echter Bauersmann zu sein.
    »Dreieckiger Hut, dreifache Versicherung, hat ehemals bei uns gegolten,« sagte ein hagerer Stammgast mit langer Pfeife, der neben dem Kastenverwalter saß und sich als Kaufmann Gäbler aus der Stadt zu erkennen gab. Und wo Drei im Vaterlande heutigen Tages beisammen sitzen, sprechen sie über die fortschreitende Noth und Verarmung des mittleren Bürger- und Bauernstandes. So auch hier.
    Leicht aber nehmen solche Gespräche eine selbstische Wendung, die mehr oder minder

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