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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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wie's mit dem Meister steht; sauber ist's nicht, das glaub' mir.«
    Nun besprachen die Brüder das Leben des Meisters. Diethelm war ehedem ein wohlhäbiger, still arbeitsamer Bauer gewesen, er war als Knecht nach Buchenberg gekommen und hatte die reiche Wittwe, die Schwester des Schäuflerdavids, gegen den Willen ihres Bruders und ihrer ganzen Familie geheirathet. Stolz war er von je, und selbst seine vorherrschende Tugend, die ihm einen großen Namen machte, schien davon nicht frei. Damals, als Diethelm die reiche Wittwe heirathete, lebten seine Eltern noch, aber sie wie ihre anderen sechs Kinder, die theils dienten, theils selber Familien gegründet hatten, lebten in äußerster Dürftigkeit. Das nahm nun schnell ein Ende, denn mit reicher Hand setzte Diethelm alle seine Angehörigen in Wohlhabenheit und Alles, was Diethelmisch hieß, stand plötzlich in Ehre und Ansehen. Hatte Diethelm im Allgemeinen eine freigebige Hand, so war sie es noch besonders für einen auffälligen Zweck. Er kleidete nämlich gern die Armen und es war seine besondere Lust, daß Alles stattlich daher käme; und wurde er auch oft von Solchen mißbraucht, die fremder Gabe gar nicht bedurften, immer wieder fand ihn Jeder bereitwillig und hülfreich. Wenn unser Meister nach Letzweiler kam, stand Alles still, als erschiene ein höheres Wesen und die Lippen bewegten sich wie zu Segenssprüchen, denn solch einen Wohlthäter hatte man noch nie gesehen und Diethelm hatte nur abzuwehren, daß ihm nicht Kinder und Greise die Hände küßten. Seine hülfreiche Mildthätigkeit war aber auch ohne Grenzen und man fabelte allerlei über seine unermeßlichen Reichthümer: er habe ein großes Loos in einer fremden Lotterie gewonnen, er habe einen Schatz gefunden und dergleichen mehr. Diethelm gefiel sich in dem Ruhm seines Reichthums und seiner Wohlthätigkeit. In den besten, manneskräftigen Jahren, als er Schultheiß geworden war, fiel es ihm auf Einmal ein, daß er genug gearbeitet habe. Er verpachtete daher seine Aecker und lief müßig und mit eingebildeten Krankheiten im Dorf umher; aber auch dieß Leben verleidete ihm nach wenigen Jahren, zumal er mit den Pachtbeständern vielerlei Quengeleien hatte. Er wollte ändern, mochte aber nicht mehr zurück, verkaufte nun trotz heftigsten Widerspruchs seiner Frau alle seine Aecker, nur die Wiesen behielt er und lebte von Zinsen. Bald aber fing er einen kleinen Kornhandel an, der nicht ohne Gewinn war, und nun ging er Tag und Nacht auf sogenannte Spekulationen aus, die ihm auch meist glückten.
    Dieses Verwenden der ganzen Lebensarbeit seiner Dorfbewohner als bloßen Werthgegenstandes hatte schon in sich etwas Herausforderndes, Feindseliges. Der ewige Kampf zwischen den Hervorbringenden und denen, die solches mühsame Händewerk mit Reden und Schreiben zu eigenem Vortheil verwenden, ist auf dem Lande naturgemäß ein Widerstreit gegen die Kornhändler, der sich je nach den Zeitläuften zu ausgesprochenem Hasse entwickelt. Das Vorhalten des Gedankens von dem großen Weltverkehre und daß die Thätigkeitsergebnisse der ganzen Menschheit einander angehören, will bei dem, dessen Auge auf der beschränkten Stätte seiner Arbeit haften muß, nicht Eingang finden; in dieser wie in mancher andern Beziehung arbeitet die Zeit noch überall an der Erhebung zum Gedanken der großen Weltgehörigkeit.
    Auch Diethelm erfuhr in seinem Thun mancherlei Haß und statt ihn zu versöhnen, reizte er ihn noch, indem er oft laut sagte: »Ihr arbeitet euch krumm und lahm und ich schau' zum Fenster hinaus und hab' meine grünen Saffian-Pantöffele an, und verdien' dabei in einer Stunde mehr, als ihr in drei Monaten.« Das war aber nicht immer der Fall und in demselben Jahre, als Diethelm in seinem Handel eine große Schlappe erlitt, wurde er auch nicht mehr zum Schultheiß gewählt und er begann nun das Schafhalten und den Wollhandel. Die Umgegend von Buchenberg eignete sich allerdings dazu, die Schafe ihre sieben Monate auf dem Weidgang zu erhalten, aber auch Seuchen blieben nicht aus, die empfindliche Verluste mit sich führten.
    Medard war gegen seinen Herrn voll Zorn und Haß, und wieder voll ergebener Abhängigkeit. Wenn er auch nun schon so viele Jahre bei ihm diente, ließ es ihn Diethelm gelegentlich doch noch immer fühlen, daß er ihn als Sträfling zu sich genommen und behandelte ihn oft mit tyrannischer Willkür, gegen die auch nicht der leiseste Widerspruch sich erheben durfte. In der Seele des Schäfers setzte sich

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