Schwarzwaelder Dorfgeschichten
nicht versteckt 6 , der hat's zur Köchin haben wollen; aber prost Mahlzeit, der Pudelkopf hat mit einem schönen Dank das Maul gewischt. Das Tonele kriegt einmal seine fünf Jauchert Ackers in einer Zelg 7 , und das kleckt noch nicht.«
Der Jäger gab dem Waldschützen die Hand, und noch ehe ihn die Spazierenden erreichen konnten, ging er rasch die Steige hinab.
Auf einem Feldraine sitzend verbrachten unsere Bekannten unter Singen und Küssen den Nachmittag. Am übelsten war das Brigittle dran, sein Schatz war in Heilbronn bei den Soldaten; wer weiß, wo er jetzt war, während sein Mädchen glühenden Antlitzes abseits von den Anderen, mit einer Blume spielend, seiner gedachte? Als es Abend zu werden begann, machte Brigittle die andern Mädchen wieder zurecht; seine eigene Halskrause war in der besten Ordnung geblieben, während die Haare und Halskrausen der andere »verstrobelt und verzobelt« waren, wie es gutmüthig scheltend sagte.
Man ging wiederum auf der Straße spazieren. Alle Mädchen und Burschen sammelten sich dort, und nun schieden sich die Geschlechter.
Im Westen, wie man bei uns sagt, »über dem Rheine«, ging die Sonne blutigroth unter und prophezeite für morgen einen guten Tag.
Die Burschen gingen in langen Reihen, aber ein jeder für sich, singend oder im Chore vierstimmig pfeifend das Dorf hinein. Etwa dreißig Schritt hinter ihnen gingen die Mädchen Arm in Arm, ebenfalls in langen Reihen, die die ganze Breite der Straße einnahmen. Sie sangen unaufhörlich. Immer wieder fing ein Mädchen ein neues Lied an, und die andern stimmten ohne langes Besinnen und Hin- und Herreden ein.
Das Tonele ging an der linken Flanke und an seinem rechten Arme hing des Blätschle's Marann', die Flambomarann' genannt. Das war ein unglückliches Mädchen, denn die ganze linke Hälfte seines Gesichts, von der Stirn bis zum Kinn, war blau, wie von geronnenem Blute unterlaufen. Bei dem großen Brande vor achtzehn Jahren, wobei die sieben Menschen verbrannten, war die Mutter Maranns, die damals schwanger war, schnell herzugeeilt, und da sie die Flamme sah, fuhr sie sich erschreckt mit der Hand über das Gesicht. Als nun das Kind zur Welt kam, hatte es auf der einen Seite ein blitzblaues Gesicht. Das Tonele hatte immer einen unüberwindlichen »Grausel« vor der Marann', aber es hatte nicht Muth genug, vor ihr zurückzuweichen, als sie seinen Arm faßte. So ging es nun neben ihr, innerlich zitternd, aber es sang um so lauter, um dadurch gerade über sich Meister zu werden.
Bei des Schloßbauern Hans holte der Jäger, von Horb kommend, die Mädchen ein. Als er das Tonele ansichtig wurde, ward er feuerroth, er hob sein Gewehr etwas von der Schulter, hing es aber sogleich wieder über und sagte, zu Tonele gewendet: »Guten Abend, ihr Jungfern.«
»Schön Dank,« erwiederten einige, und der Jäger fuhr leiser zu Tonele fort:
»Ist's jetzt eher erlaubt, daß man mitgeht?«
»Nein, das schickt sich nicht, daß Ihr mit uns durch das Dorf gehet, thut mir den Gefallen und gehet voraus zu den Buben,« erwiderte das Tonele ebenfalls ganz leise.
Der Jäger war hierüber hoch erfreut und ging höflich grüßend voraus.
Beim Adler machte Alles Halt. Die Abendglocke läutete, die Burschen zogen ihre Mützen ab und sprachen ein leises Vaterunser; auch die Mädchen sprachen dasselbe leise, darauf machte ein jedes das Zeichen des Kreuzes.
Kaum war aber dieß vorbei, so ging das Scherzen und Schäkern wieder los. Der Jäger sagte: »Gute Nacht beisammen,« und ging seines Weges.
Die Mädchen foppten das Tonele mit dem Jäger, und daß es etwas leise mit ihm gemunkelt habe. Der Sepper, der das hörte, stand plötzlich starr und hielt die Pfeife, die er eben zum Munde führen wollte, krampfhaft vor sich hin, seine linke Faust ballte sich, er sprach kein Wort, aber aus seinem Auge, das stier auf Tonele gerichtet war, blitzten furchtbare Gedanken. Dann aber wiegte er sich wieder stolz auf seinen Knieen und warf nur einmal den Kopf rückwärts.
Als sich Alles zerstreute, begleitete der Sepper das Tonele. Er ging eine Weile still neben ihm her, dann sagte er:
»Was hast du mit dem Jäger?«
»Nichts.«
»Was hast du mit ihm gered't?«
»Was man eben so red't.«
»Ich will aber, du sollst kein Wörtle zu ihm sagen.«
»Und ich lass' mir von dir nicht befehlen, mit wem ich reden soll.«
»Du bist eben ein hoffärtiges, falsches Ding.«
»Wenn du's glaubst, ist mir's auch recht.«
Die beiden gingen noch eine Strecke mit
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