Schwarzwaelder Dorfgeschichten
einander und redeten kein Wort. Sie kamen vor dem Hause Toneles an, es sagte gute Nacht, aber der Sepper gab ihm keine Antwort, und das Tonele ging in's Haus. Den ganzen Abend blieb noch der Sepper vor dem Hause stehen, er pfiff und sang allerlei Weisen, er glaubte, das Tonele müsse noch zu ihm herauskommen; aber es kam nicht, und er ging in heftigem Zorne davon.
Während der ganzen Woche sprach der Sepper kein Wort mit dem Tonele, ja, er wich ihm sogar aus, wo er ihm begegnete.
Am Samstag Nachmittag holte der Sepper mit seinen Gäulen im Würmlesthäle Klee für den Sonntag. Auf der Heimfahrt sah er das Bärbele mit einem schweren Kleebündel auf dem Kopfe aus dem Veigelesthäle kommen; er hielt an, rief dem Bärbele, es mußte seinen Klee auf den Wagen legen und sich dann zu ihm hinaufsetzen. Hier oben kam es nun zu einer grundmäßigen Erklärung. Das Bärbele machte dem Sepper wegen seiner dummen Eifersucht so tüchtig den Marsch, daß er noch an demselben Abend beim Rathhausbrunnen wartete, bis das Tonele kam, um Wasser zu holen; er sprang schnell herzu, hob ihm den Kübel auf den Kopf, dann ging er neben ihm her und sagte:
»Wie hast du denn die Woch' gelebt? Ich hab' sündlich viel zu schaffen.«
»Und machst dir noch mehr zu schaffen, für nichts und wieder nichts. Du bist ein recht unbändiger Mensch. Siehst du jetzt ein, daß du unrecht gehabt hast?«
»Mit dem Jäger darfst du halt kein Wort mehr reden.«
»So oft ich will, red' ich,« sagte Tonele. »Ich bin kein Kind, ich weiß schon, was ich zu thun hab'.«
»Aber wenn du doch nicht mußt, brauchst du doch nicht mit ihm zu reden?«
»Nein, das brauch' ich nicht, aber ich laß mich nicht so kurz am Leitseil halten.«
Der Friede war wieder hergestellt, keine Störung trat ein, denn auch der Jäger kam lange nicht mehr nach Nordstetten.
Tonele saß am Sonntag oft mit den Gespielinnen oder auch mit dem Sepper im Kirschenbusch und sang und scherzte. Die Waldkirschen (denn andre gibt es bei uns nicht) waren längst reif, der Raps wurde eingeheimst, Roggen und Gerste geschnitten, in dem stillen, friedlichen Leben unserer Bekannten war Alles beim alten geblieben; die Liebe Toneles und Seppers hatte, wenn es möglich war, noch an Heftigkeit zugenommen. Nur noch diesen Herbst hatte der Sepper das letzte Manöver beim Militär mitzumachen, dann bekam er seinen Abschied und dann – gab es Hochzeit.
Seit jenem Sonntag im Frühjahr hatte das Tonele den Jäger mit keinem Auge mehr gesehen. Erst als es mit dem Sepper gemeinschaftlich in der Molde 8 Hafer schnitt, ging der Jäger vorüber und sagte: »schneidet's gut?« Das Tonele schreckte unwillkürlich zusammen, es antwortete nicht, sondern bückte sich und schnitt emsig, der Sepper aber sagte: »Großen Dank,« und auf eine Garbe knieend, drehte er dieselbe recht fest zu, als ob er dem Jäger damit den Hals zudrehe. Der Jäger ging fürbaß.
Es war gut, daß der Sepper erst drei Tage nach des Bärbele's Hochzeit mit dem Kasper zum Manöver einrücken mußte. Er nahm sich deshalb vor, sich dabei noch recht wohl sein zu lassen, und er hielt getreulich Wort.
Fast in allen Häusern, wo der Sepper mit dem Kaspar die Einladungen zur Hochzeit machte, sagten die Leute: »Nun, Sepper, jetzt kommt's bald an dich,« und er schmunzelte bejahend.
Am Hochzeitstage war es dem Sepper so wohl wie einem Vogel im Hanfsamen. Er genoß die Vorfreude seines künftigen baldigen Glückes. Als es zum Tanze ging, stieg er zu den Musikanten auf die Erhöhung und bestellte sie samt noch zwei Trompetern mehr zu seiner Hochzeit; er wollte als Gardist recht viel Trompeten haben.
Abends machte aber eine neue Erscheinung dem Sepper einen Strich durch die Rechnung; der Jäger kam nämlich auch zum Tanze, und die erste, die er »engagierte«, war Tonele.
»Ist schon angeschirrt,« antwortete Sepper statt des Tonele.
»Die Jungfer wird wohl selber reden können,« erwiderte der Jäger.
»Den nächsten Hopser wollen wir mit einander tanzen,« sagte das Tonele und nahm den Sepper bei der Hand. Es wendete sich aber nochmals nach dem Jäger um, ehe es zu tanzen begann. Als nun das Tonele mit dem Jäger den Hopser tanzte, setzte sich der Sepper an den Tisch und nahm sich vor, heute Abend keinen Fuß mehr zu rühren, und daß das Tonele auch nicht mehr tanzen dürfe. Da kam Bärbele, von seiner »Gespiele« geschickt, und forderte den Mürrischen auf. Der Hochzeiterin darf nie jemand einen Tanz ausschlagen, und so folgte der Sepper dem
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