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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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konnte, sagte Bärbele: »Wie man's getauft hat.«
    Und als nun der Jäger zum Bärbele sagte: »Ihr seid ja wundergescheit, wie alt seid Ihr denn?« erhielt er die gewöhnliche Antwort: »So alt wie mein kleiner Finger.«
    Das Tonele aber sagte halb leise: »Ich heiß' Tonele. Warum fraget Ihr denn?«
    »Weil mir's lieb ist, es zu wissen.«
    Man ging den Berg hinan, an dem sich die beiden Häuserreihen hinaufziehen; oben an des Sauerbrunnenbasche's Haus steckten die drei Mädchen stillstehend die Köpfe zusammen, und husch! stoben sie wie verscheuchte Tauben auseinander und ließen den Jäger allein stehen; dieser pfiff seinem Hunde, der den Mädchen nachgesprungen war, steckte die linke Hand in den Gewehrriemen und ging ebenfalls davon.
    An der Steingrube erholten und sammelten sich die Mädchen wieder.
    »Du bist aber auch gar zu grob,« sagte Tonele zu Bärbele.
    »Jo weger 3 ,« beteuerte Brigittle.
    »Er hat dir ja nichts than,« fuhr Tonele fort, »und du bist auf ihn losgefahren wie ein Kettenhund.«
    »Ich hab' ihm auch nichts than,« sagte Bärbele, »ich hab ihn nur gefoppt, warum hat der Tralle mir nicht rausgeben? Und wahr bleibt wahr, ich mag ihn nicht; wie kommt der Grünrock dazu? Meint er, weil er beim Baron Mühringen Jäger sei, dürft' er nur so mit uns laufen durch das ganze Dorf durch, daß alle Leute meinen, wir wollen was von ihm? Und was müßt' der Sepper 4 und der Kasper davon denken? Nein, nein, ich bin kein so Tättele 5 wie du, ich laß mir nichts gefallen, von keinem Grafen und von keinem Baronen.«
    Das Gespräch wurde unterbrochen, denn der Sepper und der Kasper kamen; sie hatten ihre Schätze im Kirschenbusch gesucht und nicht gefunden. Bärbele erzählte nun die ganze Geschichte, es konnte niemand außer ihm zu Worte kommen, und da ihm noch viel spitzere Redensarten einfielen, nahm es das nicht so genau und erzählte auch diese. Denn das findet sich überall und bei gar vielen Menschen, daß, wenn sie etwas von sich erzählen, sie es noch schöner herausputzen: sie berichten dann, daß sie dieß und das gesagt und gethan, wo sie zur Zeit den Muth nicht gehabt hatten, oder was ihnen erst später einfiel.
    Der Sepper gab dem Bärbele vollkommen recht und sagte: »das Herrenpack muß man gleich von vornherein abdachteln!«
    Der Jäger, der doch nichts weniger als ein »Herr« war, wurde immer mehr zu einem solchen gestempelt, damit man desto besser auf ihn losziehen konnte.
    Sepper nahm seinen Schatz, das Tonele, an den einen Arm, an den andern hing sich das Brigittle; der Kasper und das Bärbele gingen neben ihnen, und so wanderten sie durch die Hohlgasse nach der Hochbux spazieren.
    Der Sepper und das Tonele waren ein herrliches Paar, beide fast gleich groß und schlank, und beide doppelt schön, wenn sie mit einander gingen; jedes für sich allein war schon schön, aber bei einander waren sie es erst recht, unter Tausenden heraus hätte man sagen müssen: diese zwei gehören zusammen. Der Sepper ging halb bäurisch, halb soldatisch gekleidet; das kurze schlotterige Bauernwams hob das schöne Ebenmaß der Glieder unter den eng zugeschnallten Beinkleidern noch schärfer hervor. Der Sepper sah aus wie ein Offizier, der sich's »kommod gemacht« hat, so schlank und straff und doch wieder so frei und ungezwungen war sein ganzes Wesen.
    Auf der Hochbux angelangt, sahen sie nicht weit davon den Jäger heim Nordstetter Waldschützen stehen. Der Sepper bemerkte sogar, daß der Jäger nach ihnen hindeutete, und er räusperte sich, als ob er dem »Herrn« sogleich eine tüchtige Antwort zu geben hätte, obgleich sie noch mehr als zweihundert Schritte voneinander entfernt waren. Dann faßte er das Tonele um den Hals und gab ihm einen herzhaften Kuß, gleichsam auch als weithin erkennbare Sprache. Darauf schritt er lustig pfeifend dahin und schwenkte sich gar keck und muthig.
    Hätte er gehört, was der Jäger mit dem Waldschützen sprach, er wäre noch schärfer aufgetreten, denn der Jäger sagte: »Gucket, da kommt es grad. Es ist ein Mädle wie von Wachs, grad wie die Mutter Gottes in der Kirche; solang ich mir denken mag, hab' ich noch keines so gesehen.«
    »Ja, ja, wie ich unbesehen gesagt hab',« erwiderte der Waldschütz, »das ist des Pudelkopfs Tonele; man heißt ihren Vater den Pudelkopf, weil er ein Haar hat wie ein Schaf, das Tonele hat auch so weißes gerolltes Haar; man heißt's auch im ganzen Dorf das Borsdorfer Aepfele, weil es so rothe Bäckle hat. Der alte Pfarrer, der war

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