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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Pflichterfüllung, und wer aus dem Rautenkranze sich anders wohin verdingte, konnte bei gutem Lobe zehn Dienste in einer Stunde haben. Nie hörte man einen Zank im Hause, willfährig geschah die Handreichung von Einem zum Andern, der Pflichtenkreis eines Jeden war fest abgemessen, es konnte Niemand aus seiner Bahn abirren; auch wenn noch so viel Gäste da waren, bemerkte man nie eine Hast, nie aber auch war Unthätigkeit.
    Fränz hätte wohl kein besseres Haus finden können, um die Wirtschaftlichkeit im größern Maßstab zu erlernen, und so erschien es ihr auch Anfangs; der gediegene Halt und die stetige Ordnung des Hauses nöthigte ihr da eine hohe Achtung und willfährige Unterordnung ab; ja sie griff um so freudiger zu, wenn sie daran dachte, wie daheim bei den wenigen Menschen Alles so kunterbunt durcheinander ging, daß man oft nicht wußte, wann Mittag und wann Abend ist. Nach und nach fühlte sich aber Fränz wiederum beängstigt und gefesselt von dieser Hausordnung; spät schlafen gehen und früh aufstehen, den ganzen Tag arbeiten und nie eine Lustbarkeit, ja kaum vor die Thüre kommen, dazu war sie nicht nach der Stadt gegangen; sie lebte ja hier fast wie eine Magd. Sie versuchte es, die Töchter und die Mägde zur Widerspenstigkeit aufzuhetzen, aber sie fand kein Gehör und die Rautenwirthin hatte ein scharfes Auge auf sie. Fränz hatte dem Sohne des Sternwirths von G. bald zu wissen gethan, daß sie hier sei; er kam auch mehrmals in der Dämmerung, wenn im Erbprinzen abgespeist war, aber mit Schrecken und Ingrimm sah Fränz, daß er fast nur Augen für die älteste Tochter der Rautenwirthin hatte, und sich oft stundenlang zu der Mutter setzte, die großen Gefallen an ihm zu haben schien. Nun behandelte ihn Fränz mit auffälliger Mißachtung und sie verstand es bald mit dem ältesten Haussohn, dem Metzger, einen kleinen Liebeshandel anzuzetteln. Das dauerte aber auch nicht lang und mit Einemmale war aller Verkehr abgebrochen und Fränz erfuhr von einer vertrauten Magd, die gelauscht hatte, daß die Wirthin ihrem Sohn jede Hinneigung zu Fränz ernstlich verboten, und dieser fast ohne Widerspruch nachgegeben habe. Fränz sah von da an in dem Hause nur noch ein Sklavenhaus und verwünschte Alles, was darin war, den Sohn, der sich von dem Herrschteufel, der Mutter, befehlen lasse und vor Allem diese selbst; wenn sie sie hätte vergiften können, es wäre ihr erwünscht gewesen. Nun aber blieb ihr nichts, als wo sie konnte Unordnung und Unfrieden im Hause stiften, und alle ihre Obliegenheiten zu vernachlässigen. Als die Wirthin sie über Letzteres zur Rede stellte, erklärte Fränz voll Heftigkeit: sie sei keine Magd und noch viel weniger ein Sklav, sie thue was sie wolle, dafür bezahle ihr Vater Kostgeld. Ohne ein Wort zu erwidern, ordnete die Wirthin an, daß Fränz Nichts mehr im Hause zu thun habe, und daß sie nur noch eine Kostgängerin sei, bis ihr Vater sie abhole und das je eher, je lieber. Darum schrieb Fränz den Brief an ihren Vater und wollte nun nach Laune frei und ledig in der Stadt umherlaufen; die Wirthin aber erklärte, daß das nicht angehe, so lange sie bei ihr im Hause sei; sei ihr Vater da, könne sie machen, was sie wolle.
    Munde hatte, ohne daß es ihm Fränz zu wissen that, doch bald erfahren, wo sie war; er kam nun auch oft in den Rautenkranz und blieb übermäßig lang bei seinem Schoppen sitzen, meist schweigsam und wenig theilnehmend an den Gesprächen um ihn her, nur seine Blicke folgten Fränz, wenn sie durch die Stube ging, und er trommelte mit den Fingern auf dem Tisch, wenn sie mit einem Gaste freundlich that. Fränz aber lächelte ihm nur manchmal schelmisch zu, und wenn er sie heimlich auf einen sogenannten »Ständerling« vor dem Hause bestellte oder gar mit ihr zum Tanze gehen wollte, wehrte sie strenge ab, da die Wirthin sie bei dergleichen mit Schimpf und Schande aus dem Hause jagen würde. Während sie auf Habhaftwerdung des Sternenwirthssohnes und dann des Haussohnes ausging, verstand sie es, Munde doch so hinzuhalten, daß er treulich wiederkam und diese ausdauernde Liebe that ihr einerseits wohl, andererseits hoffte sie dadurch besonders bei dem Haussöhne eine Eifersucht und eine raschere Entscheidung herbeizuführen. In der Küche und bei dem Wirthssohne scherzte sie oft über Munde und seine närrische Verliebtheit, wobei sie ihn stets ihren Knecht nannte.
    Schon seit mehreren Tagen erwartete Fränz ihren Vater, und als sie von allen ankommenden Fuhrleuten

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