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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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gar die Hände in einander zu legen und unverwandt auf den Redner zu schauen. Mitunter war sie auch wirklich ergriffen und der Spruch: Rette deine Seele! schauerte ihr durch Mark und Bein. Sie erkannte mit Schrecken, wie sie ihr Seelenheil bisher verwahrlost und war geneigt, dem Jungfrauenbunde, für den schließlich geworben wurde, beizutreten, aber ein äußerlicher Grund half ihr, sich von den schweren Opfern zu befreien. Sie glaubte zu bemerken, daß einige, und zwar die Vornehmsten und Manierlichsten, von dem weihevollen Manne vorgezogen wurden, die Eitelkeit regte sich, und gewohnt, daß Alles in der Welt nur zum Schein geschehe, forschte sie auch hier den Täuschungen nach und glaubte solche immer mehr zu finden. Dennoch war sie bereits so sehr im Bannkreise des jungen Priesters, daß sie ihm reuig und zerknirscht diese ihre Sünde offen beichtete, aber die Mahnung ihre Eitelkeit zu besiegen machte sie stumm und im Innersten widerspenstig, zumal diese Aufforderung gerade mit der Ehre zusammentraf, die ihrem Vater durch die Fürstin von ** geworden war.
    Die Leichtigkeit, mit der sich ein Verhältniß im Badeleben knüpft, zeigt sich auch im Lösen desselben. Fränz hatte immer mehr Abhaltungen, im Schatten der wilden Kastanien unter dem andächtigen Zuhörerkreise des Missionärs zu erscheinen. Wenn sie dorthin ging, hatte sie den stillen bescheidenen Gang und den niedergeschlagenen Blick, wenn sie aber bei den Musiken im Freien erschien, hatte sie, man kann fast sagen etwas schäckernd Hüpfendes wobei sie den Kopf in den Nacken warf.
    Und diese letzte Haltung gewann die Oberhand als der Priester bald geheilt im blumenbekränzten Wagen abreiste.
    Fränz wollte, rund heraus gesagt, sich hier einen Mann erobern..
    Den Munde bei seinen Schafen hatte sie längst vergessen, ja sie sah jetzt, daß er nie zu ihr gepaßt habe; aber hier that ihr die Wahl weh zwischen dem Rautenkranzsohn, der hier Kellner war, und dem Amtsverweser. Der Kellner war eine gutartige und heitere Erscheinung, aber es hatte doch etwas Abstoßendes, daß er hier Jedermann bediente und gegen alle Welt freundlich und unterwürfig sein mußte. Das behagte dem hoffährtigen Wesen der Fränz durchaus nicht. Wenn er ihr bei Tafel eine Schüssel reichte und dabei einige freundliche Worte sprach, schämte sie sich fast ihm zu antworten; zwar erinnerte sie sich wieder, was er daheim zu bedeuten habe, und wie er mehr sei, als Viele, die er hier bediente; aber eben dieses Bedienen gefiel ihr nicht, und dann konnte der Kellner nie einen Spazirgang, viel weniger eine Ausfahrt mitmachen, er mußte froh sein, wenn er eine Stunde von fünf bis sechs Uhr Nachmittags erübrigte, um an den Hauspfosten gelehnt eine Zigarre zu rauchen, die er schnell verbarg, wenn ein Gast kam. Dennoch hatte Fränz nicht recht den Muth, sich von ihm abzuwenden, ja sie dachte sich aus, wie Alles schon anders würde, wenn sie einmal ein eigenes Wirthshaus hätten. Der Amtsverweser war äußerst zurückhaltend, obgleich er mit an derselben Tafel speiste; er schien mehreren Damen den Hof zu machen, die er oft auf Spaziergängen begleitete. Glücklicherweise aber – man konnte nun nicht sagen, daß die Ansprache der Fürstin von ** daran schuld sei – hatte der Amtsverweser sie und den Vater just den Tag vorher begleitet und viel mit Fränz gelacht; er setzte nun diese Annäherung mit großer Beständigkeit fort, überbrachte selbst die Einladung zum Kurhausball und schickte am Abend desselben den erlesensten Blumenstrauß, eine Aufmerksamkeit mit der ihm jedoch der Rautenkranzsohn zuvorgekommen war. Es waren Beide wohl zu beachtende Bewerber. Der Rautenkranzsohn war jünger und farbiger, in seinem vollen wohlgekämmten braunen Haar sah man stets die frischen Furchen der Bürste und den weißen Scheitel, der Amtsverweser war blasser und mit einer avancirenden Glatze versehen. Fränz hielt die beiden Sträuße der Bewerber in der Hand und betrachtete sie lang, sie überlegte, welchem Strauß und welchem Geber sie den Vorzug gönnen solle, ihre Wangen glühten, sie war nicht dem Zufall ergeben genug, um eine Blume mit »Liebt mich« und »Liebt mich nicht« zu zerzupfen, sie bedachte, daß der Rautenkranzsohn allerdings seine Vorzüge hatte, er stand ihr näher, sie kannte seinen Lebenskreis genau und konnte sich frei darin bewegen, auch war er gut geartet und leicht zu beherrschen, nicht so sehr wie Munde, aber doch lenksam genug, und sie hatte sich's ja einst als schönstes Ziel

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