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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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schlug neue Wurzeln; noch heutigestags prangt er als ewiges Liebeszeichen an dem Hause der Glücklichen.
     
Fußnoten
     
    1 Eva.
     
    2 Bannwart, Waldschütz.
     
    3 Brusttuch, so viel als Jacke.
     
    4 Einen auf die Gabel nehmen, so viel als einen Eid schwören; von dem Bilde der erhobenen drei Finger genommen.
     
    5 Geh langsam.
     
    6 Häs, Kleider.
     
     
2.
    Mit dieser Geschichte hängt aber noch eine andere von allgemeiner Bedeutung zusammen. – Das Maiensetzen, sowie noch andere nach dieser Zeit vorgekommene Waldfrevel veranlaßten den Oberamtmann, eine Verordnung zu erlassen, die ihm schon lange in der Feder schwebte. – Seit alten Zeiten ist es nämlich ein Recht und eine Sitte der Schwarzwälder Bauern, bei einem Gange über Feld, d.h. von einem Orte zum andern, eine kleine Handaxt am linken Arme zu tragen; nur die »Mannen«, d.h. die verheiratheten Männer, tragen dieses Wahrzeichen, die »Buben«, die ledigen Bursche, aber nicht. Es mag wohl sein, daß dies, wie die Sage geht, noch ein Ueberrest von der allgemeinen Wehrhaftigkeit ist.
    Am ersten Pfingsttage war in allen Dörfern des Oberamtes am schwarzen Brette des Rathhauses folgende Verordnung zu lesen:
     
    »Da man in Erfahrung gebracht, daß viele Waldfrevel von dem unbefugten Tragen der Aexte herrühren, so wird anmit zur öffentlichen Kunde gebracht: Von heute an soll jeder, der sich auf der Straße oder im Walde mit einer Axt umhertreibt, dem ihn betreffenden Landjäger, Flur- oder Waldschützen genaue Auskunft geben, wozu und warum er die Axt bei sich hat; sofern er hierüber nicht genügenden Ausweiß geben kann, verfällt er beim erstmaligen Betreffen in die Strafe von 1 Reichsthaler, bei Wiederholung in die von 3 Reichsthalern und beim abermaligen Zuwiderhandeln in eine Gefängnisstrafe von acht Tagen bis vier Wochen.
    Der Oberamtmann
    Rellings .«
     
    Viele Bauern standen nach der Nachmittagskirche am Rathhause; der Mathes, der nun auch zu den Mannen gehörte, las die Verordnung laut vor. Alle schüttelten die Köpfe und murmelten Verwünschungen und Flüche vor sich hin; der alte Schultheiß aber sagte laut: »Des wär' vor alters et g'schea, des sind aunsere G'rechtsame.«
    Da sah man den Buchmaier mit der Axt am Arme vom obern Dorfe herabkommen; Alles schaute nach ihm hin, wie er so daherschritt. Es war ein behäbiger, kräftiger Mann in seinen besten Jahren, nicht groß, aber breitschulterig und dick. Aus den kurzen ledernen Beinkleidern hatte sich das Hemd etwas aufgestaucht; aus der offenen rothen Weste sah das breite Querband der an Nesteln 1 aufgehakten Hosenträger hervor, das buntgewoben und in der Ferne wie ein Pistolengurt aussah; der dreieckige Hut saß auf einem fast unverhältnismäßig kleinen Kopfe, dessen milde Gesichtszüge besonders um Mund und Kinn etwas weiblich Zartes ausdrückten; die weitgeschlitzten, hellglänzenden blauen Augen mit den emporstehenden dunkeln Augenbrauen verkündeten Klarheit und männlichen Trotz.
    Mathes sprang dem Buchmaier entgegen, meldete ihm die Verordnung und sagte: »Vetter, ihr seid alle keine rechten Gemeinderäthe, wenn ihr euch das gefallen lasset.«
    Der Buchmaier wandelte in seinem gemessenen Gange fort, ohne auch nur einen Schritt zu beschleunigen; er ging geradeswegs auf das Brett zu. Alles wich zurück, damit er bequem lesen könne, er rückte seinen Hut etwas in die Höhe, erwartungsvolle Stille herrschte ringsum. Als der Buchmaier leise zu Ende gelesen hatte, schlug er sich mit der flachen Hand auf die Rundung seines Hutes, ihn fester setzend; das deutete etwas Unternehmendes an. Darauf nahm er ruhig seine Axt vom linken Arm und mit einem »Da!« hieb er sie in das schwarze Brett mitten durch die Verordnung; dann wendete er sich zu den Umstehenden und sagte: »Wir sind Bürger und Gemeinderäthe; ohne Amtsversammlung, ohne Beistimmung von allen Gemeinderäthen kann man keine solche Verordnung erlassen; ich will einmal sehen, ob die Schreiber Alles sind, und ob wir denn gar nichts mehr gelten, und wenn es bis an den König geht, wir dürfen das nicht leiden. Wer mit mir einig ist, der nehme meine Axt da heraus und hau' sie noch einmal in's Brett.«
    Der Mathes war der Erste, der zugriff; der Buchmaier aber hielt ihm den Arm und sagte: »Laß die älteren Leute zuerst dran.«
    Dieses Wort wirkte auf die Verzagten und Zweifelnden, die über die Handlungsweise des Buchmaiers betroffen waren und nicht wußten, was sie thun sollten. Der alte Schultheiß führte zuerst seinen

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