Schwarzwaelder Dorfgeschichten
Brosi war nun mit den Seinigen jeden Sonntag zu Haus.
Eine lustigere Hochzeit als die von Rösle und Kaspar war lange nicht in Haldenbrunn gewesen. Brosi konnte sich zwar Anfangs nicht damit zufrieden geben, daß die fürsorgliche Regierung den alten Brauch verboten hatte, daß die Hochzeitläder mit gezücktem Säbel die Braut geleiteten und die Säbel in die Decke steckten, darunter Braut und Bräutigam sitzen mußten. Dieses Eingreifen in die alten Gewohnheiten verbitterte ihm fast den glückseligen Tag, er sprach oft davon und ließ es an derben Schimpfworten nicht fehlen; aber er lernte allmälig, sich einen Freudentag weder durch einen Regierungserlaß noch durch ein sonstiges Ereigniß verderben zu lassen und Moni verstand es, ihm darüber hinweg zu helfen. Die Eltern waren die Lustigsten auf dem Tanzboden und Brosi rief oft: »Moni, jetzt sind wir hier zweimal daheim.« Er hatte sich einst so glücklich geschätzt beim Gipsmüller eine freundliche Stätte zu haben außer dem Hause, jetzt ging er zu seinem eigenen Kinde und war dort hochgeehrt und geliebt.
Fußnoten
1 Knütz – zu bösen Streichen aufgelegt, nichtsnutz.
Vierzehntes Kapitel.
Als Severin aus der Schule entlassen wurde, sprach er seinen Wunsch aus, Geometer zu werden, aber Brosi wies ihn barsch ab: es dürfe keines seiner Kinder für sich allein sorgen, es müsse Jedes mit beitragen, den Hausstand zu erhöhen. Es war ein fröhlicher Tag als Brosi dreispännig ausfuhr, der Vorspanngaul war und blieb aber widerspenstig. Brosi suchte seinen Jüngsten durch gute Worte zu zähmen, aber es schien zu spät dazu, und wenn der Vater in Gesellschaft der Genossen allerlei Spässe machte, biß Severin auf die Lippen, während die Anderen lachten.
Im Winter, wenn die Söhne Schindeln schlitzten, war Severin verdrossen dabei; seine Hauptfreude war, wenn er die Schindeln im Schuppen zum Trocknen aufbauen durfte. Brosi selber lobte ihn über die schönen Häuser, Brücken und Schlösser, die er aus den Schindelnbüscheln aufbaute und nannte ihn stets seinen Boßler.
Manchmal schien sich ein besseres Verhältniß zwischen Vater und Sohn herzustellen und Beide strebten sichtbar darnach; Severin hatte dem Vater schon oft darum angelegen, er möge doch die Bömleswiese verbessern, dadurch, daß man dem Bache eine andere Richtung gebe. Brosi hatte ihn damit abgewiesen, auf immer wiederholtes Drängen aber ihm endlich gestattet, beim Forstamte die Erlaubniß dazu nachzusuchen und die Sache selber auszuführen. Nach vielen vergeblichen Gängen erhielt Severin die Genehmigung, und mit theils selbst gefertigtem, theils entlehntem Handwerkszeug steckte er die Wiese ab und leitete den Bach gerade durch, wobei er noch Vorrichtungen zur bequemen Wässerung anbrachte, daß die Wiese um die Hälfte mehr werth war und das Lob Severins im ganzen Dorfe sich ausbreitete. Dieß schien ihm aber nicht zu genügen, er blieb verdrossen und einsilbig.
An der Kirchweih ging er wohl zum Tanz, aber er saß still bei seinem Schoppen und schaute nicht auf, wenn Vater und Mutter zur Bewunderung Aller ihre Tänze ausführten; ja, er sagte der Mutter, es schicke sich nicht mehr für sie, die Junge zu spielen und Moni, der das selber schon nicht mehr genehm war, ging das Jahr darauf gerade an dem Tage in die Mühle zum Mahlen. Alt und Jung wollte sich die gewohnte Freude nicht nehmen lassen und man entbot eine Gesandtschaft mit einem vorausgehenden Klarinettisten als Herold zu Moni in die Mühle, sie wies aber jede Einladung entschieden ab und sagte zuletzt: »Nicht zehn Gäule bringen mich zum Tanz.« Der Jörgtoni wußte hierauf einen gescheiten Ausweg, der mit Halloh ausgeführt wurde: man spannte elf Gäule an einen Schlitten, und Moni mußte wider Willen lächelnd nachgeben und wurde im Triumph mit dem seltenen Gespann in den Auerhahn gebracht.
Seitdem ist das Sprüchwort in Haldenbrunn. Wenn einer sagt: »Zehn Gäule bringen mich nicht zu Dem und Dem,« so antwortet man: »aber elf Gäule wie die Moni aus der Mühle zum Tanz,« und Fremde, die das nicht verstehen, erhalten willfährigen und genauen Bericht über die Entstehung dieser Redeweise.
Das Jahr darauf klagte Moni über Unwohlsein und Brosi blieb bei ihr daheim. Eine Gesandtschaft aus dem Auerhahn erhielt abschlägigen Bescheid. Die Kinder waren Alle auf dem Tanz und selbst Severin war heute mit unter den Jubelnden.
Es war eine helle Herbstnacht, der Mond stand glänzend am Himmel und warf sein schräges Licht
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