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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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und nur das Eine hat er davon erobert, er läßt sich das rauhe Wesen des Oberknechtes leichter gefallen, denn er lacht ihn innerlich aus, er ist ja doch kein Bauernsohn und hat noch einen über sich.
     
Nächtige Rückerinnerung.
     
    Noch als das Licht gelöscht war, hatte der Bauer seiner Frau gesagt, daß er auch hoffe, morgen für das Ameile einen rechten Bräutigam aufzubringen, die Frau hatte nichts geantwortet, denn sie betete still für sich und in ihr Gebet schloß sie einen Namen ein, den sie schon seit bald einem Jahre nicht vor ihrem Manne nennen durfte, es war Alban, seit dem Tode des Schmalzgrafen ihr ältester Sohn ...
    In dem Hause, wo überall nichts als Fülle und vielgepriesener Wohlstand sich kundgab, wachte in stiller Nacht die Mutter und klagte um ihren Sohn, der in der Fremde als Knecht dient. Sie brach bald ab und wollte einschlafen, denn sie hatte auch eine wunderbare Macht über ihre Gedanken und konnte sich zwingen, Störendes und Unruhvolles zu verbannen. Wie zu lästigen Bettlern konnte sie jetzt zu Erinnerungen, die mit klagender Stimme an sie herantraten, barsch und doch wieder wohlwollend sagen: kann euch heute nicht brauchen, kommet morgen wieder, oder ein andermal – und sie gingen. Heute aber verschlug das nicht ...
    Das eigene Leben der Bäuerin durfte rasch an ihr vorüberziehen. Ohne Neigung, aber auch ohne Widerstreben hatte sie als reiche Bauerntochter den gleichbegüterten Furchenbauer geheirathet. In den bald vierzig Jahren ihrer Ehe hatte sie es nicht vergessen, daß ihr das herbe und schroffe Wesen ihres Mannes viel Herzeleid gemacht, aber sie hatte sich daran gewöhnt. Dennoch blieb sie dem oberländischen Wesen noch vielfach fremd. Auf einem großen einsamen Bauernhofe aufgewachsen, kam sie als Frau wieder in einen solchen, sie kannte wenig von der Welt, aber hier war doch Alles anders; sie stammte aus dem viel mildern geschmeidigern Unterlande, hier oben war Alles wie mit der Holzaxt zugehauen. Daheim auf Siebenhöfen hatte sie oft bei der Heuet im Thale die Flözer vom Schwarzwald auf dem Neckar mit einander schreien und fluchen hören, daß man meinte, sie hätten die gräßlichsten Händel und würden beim Zusammentreffen einander erwürgen und mit ihren Aexten das Hirn spalten, und am Ende war's nichts als ein tapferer Zuruf. So sah sie auch bald, daß viele Heftigkeiten in Haus und Hof nicht so bös gemeint waren, es gehörte eben zu der lauten »herrscheligen« Art und Weise der Menschen. So sehr sie aber dies erkannte, blieb sie doch diesem Leben fremd, sie hatte noch immer die Sitten ihres väterlichen Hauses im Sinne und wenn später ihre eigenen Kinder unbändig waren, sagte sie oft: »So sind halt des Furchenbauern.«
    Dieses stete Rückschauen nach der Heimath, dieses Preisen derselben als eines allezeit friedsamen stillen Paradieses, brachte in der ersten Zeit manches Zerwürfniß zwischen den Eheleuten, bis die Bäuerin endlich einsah, daß ihr Mann Recht hatte, wenn er ihr sagte: »Du glaubst, bei dir daheim hätten sie alle Gutherzigkeit in Beschlag genommen und des Schmalzgrafen hätten das Beßthaupt kriegt. Wenn's drauf ankommt, wirst schon sehen, daß wir auch ein Herz im Leib haben, grad so gut wie ihr.«
    Und das war in der That der Fall.
    Der Furchenbauer war offenbar ein rechter Mann, karg an Worten, aber arbeitsam von früh bis spät, pünktlich und auf Ehre haltend; er ließ seine Frau in ihrem Bereich gewähren, er wußte was sich für einen großen Bauernhof und für die Tochter des Schmalzgrafen schickte. In solchen Verhältnissen hat man überhaupt nicht lange mit Gemüthsangelegenheiten zu thun, der Tag hat seine hundertfältigen Pflichten; in einem solchen großen Anwesen gilt es überall zur Stelle zu sein, anzuordnen und selbst Hand anzulegen, und das ruhige Gefühl, Alles gehörig im Stand zu halten, und dazu noch ein gewisser Stolz der Herrschaft und des Besitzes füllt Alles aus.
    Die beiden Eheleute lebten in Frieden und hielten einander in Ehren.
    Es mag hart klingen, aber es ist doch wahr und erweist sich bei näherer Betrachtung auch milder: bei den Bauern, besonders aber bei den Großbauern, ist die Ehe vielfach nur ein Vertragsverhältniß in der ausgedehntesten Bedeutung des Wortes. Erkennen die Eheleute, daß die Verschiedenartigkeit ihrer Naturen sich nicht zur Einigkeit verschmelzen läßt, so tritt ein gegenseitiges selbständiges Gewährenlassen ein. Hier wo die Hausfrau gleichmäßig mit dem Manne für den Besitzstand

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