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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Jettingen.«
    »Geh du nur über Reichenbach. Du wirst schon eine Ausrede finden, und wenn alle Sträng' brechen, nehm' ich's auf mich; thu's mir zulieb und bring' mir Bescheid.«
    Dominik zuckt die Achseln und antwortet: »Will sehen was zu machen ist.«
    In dem Herzen dieses Knechtes gehen an diesem Abende seltsame Kämpfe vor. Er gesteht es sich selbst nicht und hütet sich wohl, es irgend eine Menschenseele merken zu lassen, daß er eigentlich seines Bauern Tochter liebt. Das ist ein unverzeihlicher wahnsinniger Uebergriff, und sowohl um sich selbst zu wahren als auch um als treuer Diener seines Herrn zu bestehen, sucht er jede Aeußerung dieser Zuneigung zu bekämpfen. Das hätte aber Alles nichts gefruchtet, wenn er nicht erwogen hätte, daß es ein unnützes und frevlerisches Spiel sei, das Kind – denn er betrachtete Ameile noch immer als Kind, weil er schon ein hochaufgeschossener Bub war, ehe sie noch in die Schule ging – das Ameile, das ihn wie einen alten Ohm ansah, mit solchen Dingen zu plagen, und wenn sie auch einst oder vielleicht morgen an einen Großbauern verheiratet wurde, so war's besser, sie hat nichts davon gewußt. Heute Abend in der Küche hat er sich aber doch etwas verrathen, und die Großmagd, die ihm allzeit nachstellt und auflauert, hat ihn so verwunderlich angesehen, daß er sich darob ärgerte. Die morgige Preisbelohnung ist ihm auch zuwider. Diese öffentliche Schaustellung hat noch nicht die Form gefunden, in der sie wirklich volksthümlich wäre. Nun kommt noch der Kampf dazu, daß er nicht weiß, soll er dem Bauer oder der Bäuerin folgen; ersteres ist ihm doch genehmer, denn er hatte sich vorgenommen trotz des Verbotes nach Nellingen zu eilen und seine Mutter zu sehen, bei der er seit Weihnachten nicht gewesen war. Wenn er den Befehl des Herrn übertritt, wär's doch besser, das für sich zu thun als für Andere.
    Ein Dienstbote ist doch allezeit angebunden, sein Leben und seine Tage gehören einem Fremden.
    Im Zorn über dieses Gefühl der eigenen Abhängigkeit weckt Dominik mit Schelten und Püffen seinen Untergebenen, den Kühbub, der ein Sohn des Nagelschmieds ist, und befiehlt ihm die Nacht aufzubleiben, damit er zur Zeit wecke.
    Auf dem Hofe ist es jetzt still und dunkel wie ausgestorben, der Halbmond blickt bald unter jagenden Wolken hervor und verschwindet schnell wieder, und die Häuser und Scheunen des Furchenhofes mit ihren schweren wie Kappenschilde überhängenden Strohdächern erscheinen wie unförmliche Felsengebilde. Die Hofhunde sind von der Kette gelassen und schleichen still und frei umher, legen sich bald da bald dort nieder und richten sich wieder auf bei jedem Geräusche. Der Kühbub geht hinab in den Hofraum und spielt mit den Hunden, um sich wach zu erhalten; der Türkle, ein rother Wolfshund, ist zuthulich und leutselig, der Greif aber, ein schwarzer böhmischer Schäferhund, knurrt wenn sich ihm der Kühbub naht und selbst als er ihm ein Stück Brod reicht, ist dies verschwendet, er hat es in einem Schluck weg, bleibt aber unwirsch. Er ist wahrscheinlich stolz, sei es auf seine Wissenschaft, weil er kunstgerecht auf den Mann dressirt ist, oder auf seine Abkunft, denn er stammt mütterlicherseits von edler Rasse. Mitten in der sternlosen Nacht, in der Kameradschaft mit dem einen Hunde, geht dem Kühbuben eine glorreiche Zukunft auf. Er hat gehört, daß der Dominik einst auch als Kühbub auf den Hof gekommen war und der war jetzt Oberknecht und der nächste beim Bauer und bekam morgen eine Denkmünze. Solches kann ihm einstmals auch werden. Der zukünftige Oberknecht erlabt sich besonders an dem Gedanken, wie er dann seine Untergebenen strenge halten wolle, die mußten ihm auf den Pfiff gehorchen. Das ist eine Aussicht, die leicht wach hält. Bei der trüben Stalllaterne betrachtet der Kühbub die doppelgehäusige Taschenuhr des Oberknechts und gedenkt der Zeit, wo er einst eine solche zu eigen haben werde; ja er wagt es sogar, die Pfeife des Dominik in den Mund zu nehmen und kalt daraus zu rauchen. Und mitten in der Nacht steigt in dem barhauptigen Kühbuben ein großer Gedanke auf. Ein reicher Bauernsohn zu sein, das wäre doch noch besser als sich zum Oberknecht aufzuschwingen; da hat man nichts zu thun als gehörig zu wachsen, und wenn man groß geworden, hat man Haus und Vieh und Aecker von selbst. Warum haben's die Einen so leicht und die Anderen so schwer? ... Das ist ein Räthsel, das der Kühbub noch nicht gelöst hat, als er den Dominik weckt,

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