Schwarzwaelder Dorfgeschichten
zu arbeiten hat, erfüllt ein Jedes den Kreis seiner Pflicht ohne weitere Anforderung. Die Arbeit für Erhaltung und Vermehrung des Besitzthums ist die Wesenheit des Lebens, dem die Heilighaltung des geschlossenen Bundes noch eine gewisse Weihe ertheilt, und kommen Kinder, so erblüht die Verträglichkeit auch wiederum oft zur Liebe.
Offene Zerwürfnisse oder gar Trennungen aus Mangel an Liebe kommen darum im Leben der Großbauern fast nie vor.
Nur selten, zu einem Jahrmarkt, zu einer Gevatterschaft oder Hochzeit verließ man den Hof, und die Bäuerin hörte überall mit Befriedigung, wie hochgepriesen sie und ihr Mann waren und wie sie als eine Zierde der ganzen Gegend galten, so daß es immer hieß: solche Bauersleute seien schon lange nicht in der Gegend gewesen. Die Bäuerin hörte solchen Lobpreis immer mit ruhigem Behagen an, sie hatte sich von ihrem Mann angewöhnt, auch kein übrig Wort zu reden. Nie kam es ihr in den Sinn, von ihrem Reichthum einen andern Genuß haben zu wollen als den, ihn zu erhalten und zu vermehren und wie sich's gebührt, den armen Leuten der Gegend ihre Gaben zukommen zu lassen. Die schwere Kriegszeit, die in den Anfang ihrer Ehe fiel, verschonte auch den Furchenhof nicht, ja sie brachte Noth und Gefahr. Gegen eine Einquartirung, die sich unziemlich gegen die schöne Bäuerin benahm, fuhr Christoph mit der ganzen Heftigkeit seines Wesens auf und nur ein Zufall rettete ihn vom Todtschlage. Damals fühlte die Bäuerin recht deutlich, welch ein Mann der Furchenbauer war und in dem Gedanken, daß sie ihn hätte verlieren können, wie lieb sie ihn hatte. Nur das Einemal sagten dies die Eheleute einander und sonst nie.
Der Furchenbauer lebte ganz für sich, er schloß sich an Niemand an, er hatte keinen Freund, keinen Vertrauten; mit seiner Schwester und seinem einzigen Schwager, dem Gipsmüller, lebte er in oberflächlicher Beziehung, die sich nachmals durch einen Streit in gegenseitiges einander Vergessen verwandelte; nicht einmal mit seiner Frau beredete er was er vorhatte, er war eine einsame Natur, ohne Anhänglichkeit und ohne Abhängigkeit, man kann fast sagen: er selber war ein geschlossenes Gut.
Es kamen mehr Kinder als sonst in einem solchen Bauernhofe gewöhnlich ist. Der Bauer war oft unwirsch; wenn er aber den Neugeborenen auf den Armen hielt, war er seltsam weich und liebevoll. Vier Kinder lagen auf dem eine Stunde weit entfernten Kirchhofe, drei Söhne und Ameile waren geblieben, der Alban war nach dem Schmalzgrafen der älteste, Vinzenz der jüngste. Da wurde abermals ein Sohn geboren, und als zwei Tage darauf Vinzenz mit dem Vater vom Kornmarkt heimfuhr, sagte der kecke Bursche:
»Vater es ist ein' Schand und Spott und Ihr solltet Euch auch schämen wie ich, daß ich noch ein kleines Brüderchen bekommen hab'.« Der Furchenbauer ward über diese Rede so wild, daß er ihn niederwarf und ihm mit dem Peitschenstiel so in's Gesicht hieb, daß er ihm ein Aug' ausschlug.
Das war ein Jammer, als der Vater mit dem einäugigen Sohn heimkam und in derselben Stunde war das kleine Brüderchen gestorben, dem die Wehmutter noch die Nothtaufe gab.
Es war nun ein seltsam zerstörtes Leben auf dem Furchenhofe. Der alte Bauer lebte in Unfrieden mit sich und mit der Welt, er schlug die Augen nieder wenn er den Vinzenz sah, den er so jämmerlich verletzt hatte und verhätschelte ihn auf allerlei Weise. Der Vinzenz zeigte jetzt ein herrisches und tückisches Wesen und lebte in stetem Hader mit seinem ältern Bruder Alban, der bis jetzt, so weit es ging, der natürliche Herrscher des Hauses gewesen war. Denn Alban war zu Allem anstellig und allezeit aufgeweckt und wußte besonders gut mit den neuen Pflügen, Häckselschneide- und Säemaschinen umzugehen, die der Furchenbauer angeschafft hatte, da er den Ruhm eines aufgeklärten Landwirthes besitzen und es gern so weit es seinem Vortheil entsprach, den studirten und adeligen Gutsbesitzern der Gegend gleichthun wollte. Jetzt schien Alles auseinanderzufahren, Niemand war mehr recht bei der Arbeit; aber ein festgefugtes Anwesen hat so viel innere Stetigkeit, daß es auch ohne besondere Leitung noch eine Weile seinen geregelten Gang fortgeht; und dazu kam noch, daß Dominik sich jetzt in seiner ganzen Verständigkeit und Treue zeigte: er ließ die drin im Hause zanken und schelten und sorgte unermüdlich dafür, daß Alles in Feld und Stall und Scheunen gehörig vollführt wurde. Der Furchenbauer fand endlich einen glücklichen Ausweg. Alban
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