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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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hatte schon oft gewünscht, in eine Ackerbauschule einzutreten, jetzt ward ihm das gewährt. Kam diese Gewährung auch für Alban etwas zu spät, er ließ sich doch auf Zureden der Mutter, der Schwester und des Dominik zu deren Annahme bewegen, und nach seinem Weggang schien auch wieder Friede und Ruhe im Hause zu herrschen. Nur sah man den Furchenbauer oft heimlich knirschen, der Vinzenz schien ihn allerwege zu quälen und seine Befehle zu verhöhnen, und so reichlich er ihm auch gegen seine Gewohnheit Taschengeld gab, er war damit nie zufrieden und man mußte bald da bald dort Schulden für ihn bezahlen und allerlei böse Streiche vertuschen. Vinzenz hatte es Niemand gesagt, wie er um sein Auge gekommen war, die Drohung damit gegen den Vater ward eine ergiebige Quelle für allerlei Gewährung. Endlich schien auch dies sich beizulegen, Vinzenz wurde arbeitsamer und häuslicher und der Furchenbauer eröffnete seiner Frau, daß er sich entschlossen habe, dem Vinzenz einstmalen das Gut zu übergeben, der Alban sei ein aufgeweckter Bursche, der sich leicht durch die Welt bringen und eine reiche Lehnbesitzerin erobern könne; denn die meisten großen Bauerngüter waren oder heißen noch Lehen. Die Mutter hatte nichts dagegen einzuwenden, in ihrer Heimath war es ohnedies Sitte, daß nicht der Aelteste sondern der Jüngstgeborne das väterliche Erbe erhielt und den anderen Geschwistern eine nothdürftige Abfindung ausbezahlte. Sie ahnte wohl, daß diese Neuerung hier zu Lande und besonders bei Alban nicht so glatt abginge, aber sie beschwichtigte ihre Sorge, ja sie freute sich vollauf der nun wieder herrschenden Eintracht; sie war eine kluge und behagliche Frau, die die Freude des heutigen Tages nicht mit Kummer um kommende Zeiten verscheuchte.
     
Der Völkerfrühling und ein flammendes Jünglingsherz.
     
    Zu Lichtmeß 1848 kehrte Alban wieder auf den väterlichen Hof zurück. Die Mutter hatte ihre Freude an dem schönen Burschen und betrachtete ihn oft, als wäre er ein Fremder. Die braunen Haare, die nur am ovalen Hinterkopfe ganz glatt geschoren waren, trug er auf dem breiten Oberhaupte gescheitelt. Wie leuchtete die weiße Stirne, doppelt hell über dem sonnverbrannten Antlitze mit dem braunen Schnurr- und Knebelbarte, wie glänzten die braunen Augen, die er so hoch aufschlug, daß man unter den tief hereinstehenden Brauen gar kein Augenlid sah. Er trug ein nach vorn geöffnetes kurzes graues Burgunderhemd, die sogenannte Blouse, und alle seine Bewegungen, jeder Schritt, jede Stellung und Wendung war allezeit geschlossen und mit gesammelter Kraft, Alles machte den Eindruck der Frische und straffen Jugendlichkeit. Die Mutter hatte nicht allein ihre Freude an dem schönen Sohne, wer auf den Hof kam, konnte sein nicht Rühmens genug finden und die ganze Gegend war stolz auf ihn. Die Mutter hatte es vollkommen getroffen, wenn sie nach dem landesüblichen Ausdruck sagte: »Mein Alban ist ein waidlicher Bursch,« denn mit waidlich bezeichnet man das Hurtige wie das Jugendfrische.
    Begriff und Wort Jüngling sterben jetzt allmälig fast aus: Alban war noch ein Jüngling in der frischen Bedeutung des Wortes, kindlich hingebend und hell aufflammend. Er war in dem Jahre seiner Abwesenheit fast jünger geworden. Er hatte ein freies Behaben aus der Fremde mitgebracht, das aber heimathlich anmuthete. Er hatte fremde Gedanken mitgebracht wie auch fremde Lieder, die man ihm bald auf dem Hofe nachsang, aber zum Ruhme seiner Lehrer wie seines eignen Naturells muß gesagt werden: er hatte sich in keinerlei Weise der Heimath entfremdet, sein Wesen hatte nur etwas Sonntägliches und das paßte ganz zu dem neuen glorreichen Sonntag, der jetzt über der Welt aufgegangen war. Einstimmig wurde Alban zum Leitmann gewählt, als man, von dem noch jetzt unerklärten Franzosenlärm geschreckt, sich vorerst mit gestreckten Sensen bewaffnete. Auch Dominik war mit unter den Bewaffneten, der Furchenbauer hatte ihm ausdrücklich die Erlaubniß gegeben.
    Wie oft stand die Mutter mit Ameile hinter dem »Käppele« und schaute nach dem Thal, wo ihr Sohn wie ein Feldherr regierte, oder sie ging gegen ihre Gewohnheit am Werktage nach dem Thal, um in der Nähe zu sehen wie ihr Sohn commandirte, und mit Hülfe des Dominik und des Nagelschmieds, eines ehemaligen Soldaten, der als Häusler und Taglöhner auf dem Hellberge wohnte, militärische Ordnung einübte. Wenn er dann mit der schwarzrothgoldenen Schärpe angethan mit ihr nach Hause ging, sagte sie ihm

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