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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Gottes Kanzlei steigen und Vorsehung spielen? Kann man da nicht auch zu viel thun und muß man nicht unserm Herrgott die Hauptsach' überlassen, was er für künftige Zeiten vorhat?«
    »Du bist gar nicht so dumm, gar nicht, aber du verstehst die Sach nicht,« hatte darauf der Bauer erwidert und Dominik war mit dieser Antwort mehr als zufrieden und blieb doppelt bestärkt in seinem gehaltenen Benehmen. Er mischte sich trotz aller geheimen und offenen Aufforderungen nicht eigentlich in die Sache, er verdarb es weder mit dem Bauer noch mit Alban, wenn dieser einst doch den Hof bekomme, und solche weise Zurückhaltung eines Dienstboten verfehlte nicht, dem Bauer einen gewissen nachhaltigen Respect abzunöthigen. Minder war das bei Alban der Fall; dem Dominik, als er ihn einst im Auftrag der Mutter besuchte, gesagt hatte: »Ich bin auch ein Häuslerkind, mein Großvater war auch ein reicher Bauernsohn, den man nebenausgesetzt hat. Man muß sich drein finden ...«
    Als jetzt die Furchenbäuerin in der Nacht erwachte und hörte, wie der Dominik das Schwärzle aus dem Stall zog, däuchte es ihr eine Ahnung, daß sie erwacht war; jetzt zog ja ihre Botschaft zu ihrem Alban, denn sie hoffte, daß Dominik dem Willen des Bauern ungetreu über Reichenbach fahren werde.
     
Ein nächtiger Gang bis daß es tagt.
     
    Der Kühbub hatte Dominik zur Zeit geweckt und Dominik war bald zur Abfahrt bereit, er war aber entschlossen, mindestens auf dem Hinweg dem ausdrücklichen Befehl des Bauern zu gehorchen; wenn er ihm zuwiderhandelte, wollte er es lieber zu eigenem Nutzen thun und eine halbe Stunde ab des Wegs zu seiner Mutter nach Nellingen gehen. Er war darüber noch nicht mit sich einig, als er von der Landstraße ab den Waldweg einschlug. Das Schwärzle brummte vor sich hin, als man in den nächtig säuselnden Wald eintrat, wo die dunklen Wipfel rauschten, obgleich man keinen Wind verspürte; es stand oft still und nur den freundlichen Ermahnungen oder auch dem Schelten des Dominik folgte es und schritt fürbaß.
    Die Gelehrten haben vielleicht nicht unrecht, daß sie den Hennenweg eigentlich Hünenweg nennen, ungeheuerlich genug ist er und die Felsblöcke und seltsamen Erdwälle, die hüben und drüben sind, können wohl für Hünengräber gelten; die Volksmeinung aber bleibt dabei, der Weg gleiche einer Hühnersteige und darum heißt er der Hennenweg. Das Schwärzle, einmal im frischen Lauf, konnte klettern wie eine Ziege und das war natürlich; das Schwärzle war von echter Schwyzerrasse, die Mutter war unmittelbar aus dem Appenzell gekommen und unter der Obhut des Dominik war das Schwärzle aufgewachsen und so gediehen, daß ihm der Preis nicht fehlen konnte. Wie ein Hund seinem Herrn, folgte das Schwärzle dem Dominik, und erst als man auf der Anhöhe war, hielten Beide an, Dominik stopfte sich eine Pfeife und das Schwärzle fand in der Nacht ein thaufeuchtes Maulvoll Gras am Wege, das war für den Hunger und für den Durst. »Vorwärts in Gottes Namen« sagte jetzt Dominik und mit einem schnell erhaschten Vorrath für den Weg folgte das Schwärzle. Dominik fürchtete weder Gespenster noch lauernde Uebelthäter, aber der Ruf, den er vorhin gethan, erlöste ihn doch von einem gewissen Gefühl der bangen Einsamkeit und dabei schlug er sich an die Hüfte und überzeugte sich, daß sein im Hirschhorngriffe feststehendes Messer dort sicher ruhte. Der Meister hatte Recht, der Weg war von jetzt an bequem und lind, er zog sich auf einem Walddurchschlag hin, auf dem bis zum Jahre 1848 die gräflich Sabelsbergischen Schafe weideten, das Gras war jetzt in die Höhe geschossen, denn der Furchenbauer hatte sich nicht entschließen können, nach dem Rathe Albans selber Schafe einzuthun und eine mehrmalige Ausschreibung der Schafweideverpachtung hatte bis jetzt zu keinem Erfolge geführt. Dominik dachte in sich hinein, wie manches Erträgniß doch auch auf solch einem großen Bauernhofe verloren gehe, er dachte, wie es einem rechtschaffenen Knechte zukommt, zunächst an den Vortheil seines Meisters, dann aber auch an sich selber; er verstand die Schäferei, und hätte er nicht sein ganzes Geld an Alban verliehen gehabt, er hätte sich selber Schafe eingethan und den Weidgang gepachtet. Es giebt ja hier zu Lande viele Eigenthümer von Schafheerden, die keinen Grundbesitz haben. Dominik war in die Jahre getreten, wo er allzeit ausschaute nach einem selbständigen Anwesen und sei es auch noch so klein. Er gedachte jetzt, wie Manches von einem

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