Schwarzwaelder Dorfgeschichten
bringen konnte, er wollte sie bezwingen, aber es gelang ihm nicht. Da fand sich eine glückliche Aushülfe: nicht um seinetwillen, sondern um Ameile mußte er jede Neigung ausreißen und zerstören, das gute harmlose Kind, das durfte nicht in's Elend kommen, es mußte behütet und beschirmt werden. Dominik erschien sich groß in dieser Entsagung um der Geliebten willen, die ihm jetzt zu gelingen schien; er war nun auch oftmals freundlicher gegen Ameile, nur um ihr zu zeigen, wie gut er's mit ihr meine und bald schien es wieder, daß sie von Allem nichts wisse, sie war allezeit gleich fröhlich und behend, lustig wie ein Vogel auf dem Zweige. Dominik däuchte es, daß er sich getäuscht habe; er hatte mit Schmerzen und Kämpfen eine Liebe ausgerottet, die gar nicht da war. Und so seltsam ist das Menschenherz: statt daß Dominik sich dabei beruhigte und zufrieden war, daß Alles sich fügte, wie er wünschen mußte, wollte er jetzt mindestens eine Erkenntlichkeit für seine Aufopferung, und er sagte es einst Ameile was er für sie gethan. Ameile stand betroffen dabei und redete kein Wort. Wochenlang sah sie ihn kaum an wenn sie ihm begegnete und huschte vorbei, als fliehe sie vor ihm. Hatte Dominik erst geweckt was er tödten wollte? Es schien nicht der Fall. Einst als sie ihm nicht mehr ausweichen konnte und er sie fragte, warum sie so trotzig gegen ihn sei, sagte sie mit keckem Antlitz lächelnd:
»Es hat einmal Einer einen Bärenpelz verkauft, ehe er den Bären geschossen hat.«
»Wie? Was meinst?«
»Es hat einmal Einer ein Mädle aufgeben, bevor er's gehabt hat. So ist's.« Der Mädchenstolz schien beleidigt, daß eine Liebe preisgegeben wurde, um die noch gar nicht geworben war. Wollte sie ihn zurückweisen, wenn dies geschehen war? Ameile schien nun ein grausames Spiel mit Dominik zu treiben, sie ging allezeit trällernd und lachend umher und die Natur selber mußte ihr helfen, denn sie wurde mit jedem Tag schöner und liebreizender. Wo sie nur konnte, hänselte sie den Dominik, und die Mutter selber schalt sie oft darüber, der Vater aber hatte seine heimliche Freude an dem lustigen Kind und seinen Scherzen und es war nicht uneben, als er einmal sagte: »Sie ist grad wie ein Kanarienvogel, je mehr Lärm und Untereinander im Haus ist, je lustiger ist sie, grad wie ein Kanarienvogel, der schlagt auch immer heller, wenn's recht toll hergeht in der Stub'.« Auch Dominik hatte nach dem anfänglichen Aerger seine Lust an dem Uebermuth Ameile's, es wäre ihm gar nicht lieb gewesen, wenn sie ihn nicht geneckt hätte, sie lachte und jauchzte dabei so grundmäßig; und daß sie grade immer mit ihm anheftelte, war kein böses Zeichen. Er gab sich nun selber manchmal zum Besten und bot Ameile oft Gelegenheit über ihn zu lachen.
Auf dem einsamen Furchenhof war damals eine Bewegung der Gemüther wie sie sich nur selten aufthut, und in Stube und Stall und Scheune sagte man einander, daß es gewiß nirgends lustiger hergehe. Man wußte nicht und wollte nicht wissen, was denn eigentlich vorging und warum Jedes am Morgen so fröhlich aus dem Schlafe sich erhob, man fragte nicht darnach und konnte es nicht sagen und das ist die beste aus innen quillende Freude. So viel aber wußte doch ein Jedes, daß Ameile der Mittelpunkt aller Lustbarkeit war. Selbst der alte Furchenbauer, der eine gewisse finstere Miene nie ablegte, konnte sich des Einflusses der »Blitzhexe« wie er Ameile auch bisweilen nannte, nicht erwehren, und es war doppelt zum Lachen, wenn man sah, welche Mühe er sich gab, bei den losen Streichen und Reden Ameile's seine ernste Miene zu bewahren, wie es aber innerlich zuckte und er am Ende doch nicht anders konnte, als laut auflachen. Oft an Winterabenden, wenn der Vater im Stüble saß und den Wälderboten studirte, während Ameile mit dem Gesinde in der großen Stube spann und allerlei Kurzweil trieb, hörte man bei einer neckischen Rede Ameile's den Vater drin im Stüble laut lachen.
Als Dominik jetzt auf seinem Gang an diese Zeiten und besonders den sieben und vierziger Winter dachte, leuchtete die Heiterkeit von damals wieder aus seinem Antlitz.
Als im Vorfrühling darauf Alban aus der Fremde heimkehrte, trat plötzlich mit ihm ein anderer Geist ein. Ein Angehöriger und doch vielfach fremden Wesens war auf den Hof gekommen. Man hatte heiter und erfüllt gelebt in seiner Abwesenheit und es war als ob jedes gewaltsam Raum schaffen müsse für das Gebaren des neuen Ankömmlings, der so zu sagen der zweite
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