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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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Meister war und alsbald überall zugriff.
    Mit Ameile ging eine besondere Veränderung vor, sie betrachtete den Bruder oft mit staunender Verehrung und glühte vor Entzücken, da ihr Alban stets mit etwas fremder und so zu sagen höflicher und doch wieder brüderlicher Zutraulichkeit begegnete.
    Bald nach der Ankunft Albans hatte auch jene Bewegung begonnen, die so wunderbar die ganze Welt umstellte. Hand in Hand geleitete oft Ameile ihren schönen und so vornehmen Bruder hinab in's Thal zu den Waffenübungen, sie blieb mit der Mutter in der Ferne am Käppele stehen und sah ihm zu und ihr Herz lachte vor Freude. Hundertmal wünschte sie sich im Scherz und Ernst, auch ein Bursche zu sein und klagte, daß bei der neuen Welt gar nichts für die Mädchen herauskäme. Dominik war mit unter den Bewaffneten, aber er wußte, daß Ameile nicht seinetwillen auf der Anhöhe stand und unverwandten Blicks herabschaute; sie hatte nur ein Auge für ihren Alban. Dominik war innerlichst eifersüchtig auf diesen, aber er durfte sichs nicht merken lassen und bald hatte er keinen Grund mehr dazu. Die Hinneigung Albans zu Vreni ward sichtbar und Dominik schöpfte daraus neue, wenn auch unbestimmte Hoffnung, aber die Welt war ja jetzt eine andere, alle Menschen waren Brüder, und noch leichter als Alban die Vreni heimführte, konnte der Knecht des Bauern Tochter gewinnen. Ameile schloß sich fortan mit klugem und gutem Herzen der Vreni an, sie konnte dem Bruder ihre Liebe nicht besser erweisen, und als Alban einst in militärischer Weise den Dominik Kamerad nannte, sagte Ameile:
    »Dem Dominik gönn' ich's am ehesten, daß er dein Kamerad ist.«
    Dennoch war Ameile äußerst zurückhaltend, und wollte Dominik sich ihr nähern, hatte sie immer eine scherzende Abweisung. Als der Zerfall zwischen dem Vater und Alban eingetreten war, wurde Ameile oft still und in sich gekehrt und einmal sagte sie zu Dominik:
    »Es ist doch Recht, daß du mich schon lang aufgeben hast, dabei wollen wir auch bleiben.«
    Fortan verhielten sich Dominik und Ameile so, als ob nie etwas zwischen ihnen vorgegangen wäre. Ameile, die ihren Bruder so sehr geliebt hatte, wurde wunderbarerweise bald wieder so heiter wie ehedem; sie war überzeugt, daß ihr Bruder unbedingt Unrecht habe und sprach das auch unverhohlen gegen den Vater aus. Es ging sie nichts an, was er für einen Streit mit dem Vater hatte, es war und blieb jedenfalls unverzeihlich, daß er die Sache aus dem Hause trug. Was im Hause vorgeht und besonders zwischen Vater und Kind, das darf nicht über die Schwelle.
    Der Vater wurde nun noch besonders liebreich gegen Ameile, da er sie so reden hörte und er ging einmal so weit, daß er ihr sagte: »Du bist mein einzig Kind, an dem ich Freud' hab'.«
    Dominik war wortkarg und ging still seiner Arbeit nach. Wenn ihn auch Ameile auch oft ermahnte: »Bös brauchen wir just nicht mit einander zu sein; wir dürfen doch mit einander lachen.« Dominik ging nicht darauf ein.
    Ein stolzer Bauernbursche wie Alban, der kann es wagen, eine neue Regel für sich aufzustellen und keck über altgewohnte Schranken hinwegzusetzen; ein Knecht, der sich sein Leben lang fügen und ducken mußte und allezeit nach seiner Herkunft schaut, findet die erforderliche Spannkraft hierzu nicht. Es giebt Naturen, die die Abhängigkeit immer weicher und zaghafter macht.
    Das Vertrauen, das nach dem Zerfalle mit Alban der Furchenbauer jetzt seinem Knechte schenkte, erweckte in diesem den alten Vorsatz: er wollte Ameile nicht in's Unglück stürzen und dem Vater nicht neuen Kummer bereiten.
    Darum hatte er noch gestern beim Aepfelschütteln so herb gegen Ameile gethan und am Abend am Brunnen sich zu wenigen Worten herbeigelassen. Jetzt aber, da er allein war auf dem Wege, sang sie ihm allezeit in's Ohr: »Schätzele, Engele.«
    In Jettingen, wo Dominik das Schwärzle einstellte, daß es sich an Futter und Ruhe erhole, gönnte er sich selber keine Rast. Er eilte eine halbe Stunde ab des Weges zu seiner Mutter nach Nellingen, er hatte sich nicht darüber berathen und sich nicht dazu entschlossen, es trieb ihn unwiderstehlich fort. Im armseligen väterlichen Hause, das nun der ältere Bruder besaß, traf er die Mutter nicht; sie war, wie die heimgebliebenen Bruderskinder sagten, beim Kartoffelausthun auf dem Felde des Hirzenbauern. Dominik kannte das Feld und eilte dorthin. Auf dem Wege schlug ihm das Herz gewaltig, da er bedachte: wie grausam es sei, daß die alte Frau noch taglöhnern müsse; er

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