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Schwarzwaelder Dorfgeschichten

Titel: Schwarzwaelder Dorfgeschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berthold Auerbach
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vorgeführt, unter dem Kranze hervor schaute sein Auge keck hinauf zu den Preisrichtern, während der Furchenbauer den Hut abzog, da er seinen Namen ausrufen hörte und wieder Trompetentusch erschallte. Er geleitete den Dominik noch aus der Reihe hinaus und befahl ihm, jetzt nur der Straße nach heimzufahren. Durch alle Dörfer sollte nun sein Ruhm erklingen, der noch verewigt wurde im Wochenblättle.
    Dominik wartete indeß noch auf den Hirzenbauer, und als er ihn sah, übergab er ihm das Kästchen sammt der Denkmünze und bat ihn, solches seiner Mutter in Nellingen zu zeigen und ihr drei Gulden darauf zu leihen. Der Hirzenbauer entgegnete, daß er von Dominik kein Pfand brauche, er nahm aber doch die Denkmünze mit, um solche, wie er sagte, der Mutter zu zeigen und für sie aufzubewahren.
    Gern hätte Dominik noch einmal Ameile gesehen, er konnte sie aber mit keinem Blicke erspähen, und mit verlangendem Herzen machte er sich auf den Heimweg. Das Fest, vor dem er sich gestern noch fast gefürchtet hatte, war nun doch ein freudiges geworden, aber freilich nicht blos durch die von oben gesetzte Anordnung.
    Kaum war Dominik eine halbe Stunde von Wellendingen, als ihm ein wilder Reiter auf schnaubendem Rosse begegnete und staunend erkannte er den Alban; er hielt an und fragte:
    »Wohin des Weges?«
    »Wo du herkommst,« erwiderte Alban.
    »Dein Vater ist drin.«
    »Das weiß ich und eben deßwegen komm' ich. Ich bin's satt zu warten bis er mich ruft; heim komm' ich nicht, aber wo er sich in der Welt sehen läßt, muß er mir Rede stehen. Ich bin lange genug das verstoßene Kind gewesen. Heut auf Einmal ist mir's eingefallen, daß ich keinen Tag mehr versäumen darf.«
    »Wenn du mir folgst,« belehrte Dominik ruhig, »kehrst wieder mit mir um; vor allen Leuten machst die Sache nur ärger, da kann dir dein Vater nicht nachgeben, wenn er auch wollt', und glaub mir, er möcht' und weiß nur nicht wie. Kehr' mit mir um. Ich hab' dir einen Gruß von deiner Mutter. Du machst einen Unschick, wenn du weiter rennst.«
    »Was Unschick?« rief Alban, »ich bin kein Knecht, ich will's nicht sein; des Furchenbauer Großer darf auch schon einmal einen Unschick machen.« Er ritt in wildem Galopp davon.
    Dominik rief ihm noch nach, das Ameile sei auch da, aber Alban hörte schon nicht mehr.
     
Eine neue Freundschaft geknüpft und eine alte Liebe zerrissen.
     
    Im obern Saale des Apostels hielt unterdeß der Domänenrath eine sehr geschickte Rede; er sagte, es sei noch ein wichtiger Gegenstand auf der Tagesordnung zu erledigen, er glaube aber allgemeiner Beistimmung sicher zu sein, wenn er voraussetze, daß ein anderer Gegenstand noch viel dringender und das sei, daß man vorher esse. Alles schrie durcheinander »Ja wohl! Bravo!« und manche riefen vorzeitig: »Der Herr Domänenrath soll leben hoch und abermals hoch.« Es war eben eine Versammlung der materiellen Interessen und Jeder beeilte sich einen guten Platz dafür zu erlangen. Der Furchenbauer erhielt seinen Platz zwischen Spitzgäbele und dem Hirzenbauer.
    Die Oberamtmännin kam und bat in wohlwollenden Worten, daß Ameile bei ihr sitzen dürfe. Der Furchenbauer willfahrte mit doppelter Freude, denn das war nicht nur eine hohe Ehre, sondern auch ein Gegengewicht gegen seine vertrauliche Nachbarschaft mit dem Hirzenbauer, der als unbezwinglicher Radikaler bekannt und von den Beamten übel angesehen war.
    Die Oberamtmännin hatte seit dem Betreten der Tribüne Ameile nicht mehr von ihrer Seite gelassen, sie erkannte bald ein Liebesverhältniß zwischen der Bauerntochter und dem Knechte und die überraschende Preisübergabe bestätigte dieß vollkommen; sie liebte jetzt Ameile, denn in dem was sie unwillkürlich gethan hatte, sah die Oberamtmännin einen unmittelbaren Herzenstakt und sie bewunderte den sichern Muth desselben, der eine scheinbare Demüthigung des Geliebten in eine Erhöhung verwandelte. Die Oberamtmännin war eine Frau von tiefem idealem Streben. Während ihr Mann allezeit über die Rohheit der Menschen und die Rauheit der Gegend zu klagen hatte, in deren Mitte er versetzt war, verklärte die Oberamtmännin gern Alles mit einem idealen Schimmer; sie erquickte sich an der Zutraulichkeit in dem Wesen der Menschen und manche Bergschlucht, die man bisher nur als eine unwirthliche Stätte gekannt, wo man nicht einmal das Holz fällen und thalwärts bringen könne, entdeckte sie als ein heimliches Naturheiligthum voll romantischen Zaubers, dahin sie oft wallfahrtete

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