Schwarzwaelder Dorfgeschichten
nicht sagen zu brauchen, ich hab's dumm gemacht, ich bin dumm gewesen; und wenn man einen Dienstboten fortschickt, da sieht man erst, wie galgenfalsch sie gewesen sind –«
»Das mußt du bald wieder erfahren,« sagte Spitzgäbele und zog den Furchenbauer nahe an sich, damit es der Klein-Rotteck nicht höre. Er erzählte nun, wie er es so viel als richtig gemacht habe, daß der älteste Sohn des Scheckennarren das Ameile heirathe, aber jetzt sei Alles wieder auseinander; ein Jedes rede davon, daß das Ameile mit dem Dominik verbandelt sei, und es habe sich ja gezeigt, wie sie ihm den Preis selber übergeben habe. Der Furchenbauer suchte zuerst über das Gerede zu spotten, da kein wahres Wort daran sei; Spitzgäbele erzeigte ihm den Gefallen und that als ob er der Versicherung glaube, empfahl ihm aber dennoch, weil nun einmal die Rede sei, den Knecht wegzuthun. Der Furchenbauer konnte nicht umhin beizufügen, wie brav der Knecht gewesen sei, daß er ihn vermissen werde und besonders jetzt in der Dreschzeit; dennoch schwur er, daß Dominik ihm noch heute aus dem Hause müsse und Spitzgäbele empfahl ihm nur, es ohne Aufsehen zu thun. Die Beiden sprachen noch viel miteinander, die Musik spielte lustig dazu auf und der Klein-Rotteck hatte sich zu seinem Nachbar gewendet, dem er erzählte, daß er fünf Söhne habe, davon sei der Aelteste Advokat, der Zweite sei gut versorgt, er habe die Eichbäuerin geheirathet und unter die drei Jüngsten theile er sein Gut, es behielte Jedes noch genug, um zwei Knechte zu halten.
»Weißt mir Niemand für meinen Vinzenz?« fragte der Furchenbauer heimlich, und Spitzgäbele erwiderte ebenso:
»Das geht nicht, bis du mit deinem Alban abgemacht hast; das sagt Jedes.«
Ohne zu wissen warum wendete der Furchenbauer plötzlich seinen Blick nach dem Empor des Saales, wo die Musikanten waren. Hatte ihn der Wein benebelt oder was war das? Dort schaute ja Alban mit festem Blick auf ihn herab. Er fragte Spitzgäbele ob er nichts dort sähe, aber dieser sah nichts, es mußte also Täuschung sein. Ameile lächelte vom obern Tisch zu ihrem Vater herunter, dieser erblickte sie jetzt, aber er sah sie finster an.
»Mit Hunden hetz' ich dir deinen Dominik aus dem Haus,« knirschte er vor sich hin.
Zweckesser, Hofmetzger und Nachtisch.
Man hat in den letzten Jahren so oft gepredigt, daß England der Musterstaat sei; die Beamten haben wenigstens so viel davon angenommen, daß sie das erste Glas mit Segenssprüchen den Erdengöttern weihen. Der Oberamtmann hatte den ersten Toast dem »gekrönten fürstlichen Landwirthe« gebracht, der in der That für Hebung des Ackerbaus Ersprießliches gethan. Hierauf ging es an ein gegenseitiges Beräuchern. Der Verein ließ den Präsidenten, der Präsident den Verein, das älteste Mitglied das jüngste, das jüngste das älteste, der Studirte den Unstudirten, der Dickste den Dünnsten, der Dünnste den Dicksten u.s.w. leben. Der Jubel und glückselige Untereinander war allgemein, man schüttete sich beim Anstoßen den Wein über Rock und Hände und lachte dazu, man drückte sich an's Herz, man reichte sich die Hände und unter rauschender Musik, bei der man kaum sein eignes Wort hörte, sagte Eines dem Andern, wie glückselig man sei und welch ein herrlicher unvergeßlicher Tag das geworden. Der Domänenrath hemmte indeß noch einmal den gemüthlichen Glückseligkeitsdusel. Wohlweislich vor dem Braten verlas er einen geschriebenen Aufsatz und während er sonst einfach und sachgemäß zu sprechen verstand, erging er sich hier in gelehrten Darlegungen. Weil er sich vom Schreiber emporgearbeitet hatte, wollte er wohl den anwesenden Beamten und Studirten zeigen, daß sein Wissen auch nicht von gestern sei und verlor sich in eine Darlegung des römischen Familienrechts, in dem der Vater in unbeschränkter Machtvollkommenheit war und das
jus vitae ac necis
(das Recht über Leben und Tod) hatte im Gegensatz zu der germanischen Familie, die eine Rechtsgenossenschaft war, und in der die Familienglieder einen selbständigen Rechtskreis erhielten. Hier wurde er unterbrochen. Auf der Tribüne bei den Musikanten wurde es unruhig, der Oberamtmann befahl Ruhe, oder er werde den Störer mit einem Landjäger abführen lassen. Der Domänenrath sprach weiter und mit einem Sprunge, bei dem er den getödteten Grundrechten, welche die bäuerlichen und adeligen Fideicommisse aufgelöst hätten, noch einen Tritt versetzte, kam er auf die Bedeutung der Familien-Fideicommisse; er
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